
© Reinhard Schmitz
Schwerterin überstand Corona: Sie ist jetzt immun und öffnet ihre Physiotherapie wieder
Coronavirus in Schwerte
Sie feierte ihren 50. Geburtstag, als das Verhängnis seinen Lauf nahm. Irgendwer unter den Gästen muss das Coronavirus mitgebracht haben. Doch das merkte die Ergsterin erst Tage später.
Eine Schwerterin ist jetzt immun gegen das Coronavirus. Tanja Missner hat die Krankheit überstanden. Genauso wie etwa ein halbes Dutzend ihrer Mitarbeiter im Physiopoint Ergste. „Von uns geht jetzt keine Gefahr mehr aus“, sagt die Physiotherapeutin und Heilpraktikerin für Physiotherapie: „Hier kann nichts mehr passieren.“
Am Montag, 30. März, kann sie ihre Praxis an der Letmather Straße 120 deshalb nach 14-tägiger Schließung wieder öffnen. Eine Quarantäne-Maßnahme, die sie selbst eingeleitet hatte.
Es geschah auf einer Geburtstagsparty mit 65 Gästen
„Es ist nie ein Geheimnis gewesen, dass ich positiv bin“, sagt Tanja Missner. Doch das ahnte sie – und das ist ja das Tückische an der Krankheit – anfangs gar nicht. Mit einer großen Party hatte sie am Samstag, 7. März, ihren 50. Geburtstag gefeiert. 65 Gäste gratulierten und tanzten, darunter auch das komplette Physiopoint-Team, teilweise mit Partnern. In den eigenen vier Wänden fühlte man sich sicher: „Doch offenbar ist eine infizierte Person auf der Party gewesen, die mehrere angesteckt hat – unter anderem mich.“

Nur mit Handschuhen und Mundschutz behandelt Tanja Missner ihre Patienten im Physiopoint Ergste, wenn sie am Montag, 30. März, wieder öffnet. © Reinhard Schmitz
Die ersten Symptome zeigten sich erst am Mittwoch darauf. Da hatte Tanja Missner noch zwei Tage lang Patienten behandelt wie normal. Am Dienstag sogar mit einem Zwölf-Stunden-Arbeitstag. Darauf führte sie zurück, dass sie sich am Abend wie gerädert fühlte.
Am nächsten Morgen traten dann Husten, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen und eine „unheimliche Erschöpfung“ auf, aber kein Fieber: „Ich wäre mit den Symptomen nicht zum Arzt gegangen.“ Wenn nicht der Vater von Tanja Missner sich am Donnerstag gemeldet hätte, dass es ihm auch schlecht ginge. Da schrillten die Alarmglocken. Der Ehemann besorgte einen Coronatest und brachte den Abstrich in einem Röhrchen zu einem Arzt.
Liste mit den Namen von 100 Kontaktpersonen aufgeschrieben
Am Freitag erhielt Tanja Missner dann das Ergebnis: positiv. Sofort informierte sie per WhatsApp alle Gäste auf ihrer Geburtstagsliste und versuchte, Kontakt mit dem Gesundheitsamt aufzunehmen. Sie galt als Kontaktperson der Kategorie 1, weil sie zu vielen Menschen 15 Minuten „Face-to-Face“-Kontakt – also Angesicht zu Angesicht – gehabt hatte.
Die Teilnehmer der Geburtstagsparty, Kollegen, Patienten aus der Zwischenzeit – sie sollte eine Liste mit über 100 Namen anfertigen. Die wollte das Gesundheitsamt später per Brief benachrichtigen – lediglich mit dem anonymen Hinweis, dass sie „mit einer infizierten Person“ Kontakt gehabt hätten.
Was sie mit ihrer Praxis machen sollte, erfuhr Tanja Missner nicht. „Ich hätte mir gewünscht, am Freitagnachmittag eine klare Ansage von Unna zu bekommen“, sagt sie: „Ich musste selber entscheiden, dass ich schließe.“
Kurzentschlossen setzte sie sich das ganze Wochenende ans Telefon, um bei den Patienten Termine abzusagen. „Ihr könnt allen sagen, dass ich das habe“, erklärte sie den fünf Mitarbeiterinnen, die bei der Großaktion halfen.
Nach drei Tagen mit heftigen Kopf- und Gliederschmerzen – dem Höhepunkt im Krankheitsverlauf – fühlte sich die Ergsterin da schon wieder besser. Doch es war nur das Adrenalin, das Unter-Strom-Stehen angesichts von Existenzängsten: „Die Woche drauf habe ich nochmal flach gelegen.“ Dann setzte die Genesung ein.
Der Sohn und Profifußballer überstand Corona ohne Symptome
Sohn Tobias Missner (20), der als Fußballprofi als Linksverteidiger beim Zweitligisten Wehen-Wiesbaden spielt, habe die Corona-Krankheit sogar komplett ohne Symptome überstanden. „In den ersten 14 Tagen ist man Ausscheider und kann ansteckend sein, ohne Symptome zu haben“, berichtet die Physiotherapeutin.
Solange dauerte auch die Quarantäne, nach deren Ablauf man noch einmal 48 Stunden lang symptomfrei bleiben müsse.

Mit ihrem ganzen Team steht Tanja Missner ihren Patienten wieder zur Verfügung. Insgesamt beschäftigt sie 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. © Reinhard Schmitz
Diese Frist ist längst vorbei, sodass Tanja Missner ihren Physiopoint wieder eröffnen kann. „Alle, die das Coronavirus hatten, sind jetzt immun“, sagt sie: „Von uns geht keine Gefahr aus.“ Zusätzlich wurden die Hygeniemaßnahmen noch einmal verschärft, um die Patienten zu schützen – aber auch die Mitarbeiter, die nicht erkrankt waren.
Es gibt genügend Hände-Desinfektionsmittel. Am Eingang werden jedem Patienten Handschuhe und ein Mundschutz zur Verfügung gestellt. Den hält die Ergsterin für besonders wichtig, um eine Übertragung des Virus durch Speichel zu verhindern.
Das verdeutlicht sie am Beispiel eines spritzenden Hydranten auf der Straße: „Man kann da mit einem Regenschirm dran vorbeigehen – aber besser ist es doch, dem Hydranten einen Schutz überzustülpen.“
Verstärkte Hausbesuche und Wochenend-Rufbereitschaft
Der Physiopoint im Gebäude der ehemaligen Sparkassenfiliale ist außerdem groß genug, um jeden Therapeuten in einem eigenen Raum tätig werden zu lassen. Denn insgesamt stehen im Erdgeschoss und dem früheren Tresorbereich zwölf verschiedene Behandlungsräume zur Verfügung.
„Es gibt freie Kapazitäten“, sagt Tanja Missner: „Wir können Sicherheit gewährleisten.“ Darüberhinaus werden verstärkt Hausbesuche angeboten, für die drei Fahrzeuge bereitstehen.
Wer trotzdem derzeit ganz kontaktlos bleiben möchte, für den werden Trainingsvideos erstellt. Die können anschließend per E-Mail oder Online als Anleitung für Übungen in den eigenen vier Wänden zur Verfügung gestellt werden.
Außerdem hat Tanja Missner eine Wochenend-Rufbereitschaft für medizinisch notwendige physiotherapeutische Notfallmaßnahmen eingerichtet. Diese ist samstags und sonntags jeweils von 10 bis 17 Uhr erreichbar unter Tel. (0151) 54301566.
Reinhard Schmitz, in Schwerte geboren, schrieb und fotografierte schon während des Studiums für die Ruhr Nachrichten. Seit 1991 ist er als Redakteur in seiner Heimatstadt im Einsatz und begeistert, dass es dort immer noch Neues zu entdecken gibt.
