Zu einem gefährlichen Vorfall auf der A1, bei dem ein Autofahrer nur knapp einer potenziell tödlichen Attacke entging, ist es am vergangenen Freitagabend (5.4.) kurz vor dem Westhofener Kreuz gekommen.
Wie berichtet, sollen zwei Jugendliche, deren Identität bislang nicht bekannt ist, auf dem Fußgängerüberweg am Friedhof in Westhofen gezielt ein vorbeifahrendes Auto ins Visier genommen haben, das in Fahrtrichtung Bremen unterwegs war. Einer der beiden warf nach Angaben der Polizei gegen 18.45 Uhr einen Stein auf das Fahrzeug eines 57-jährigen Kölners. Der konnte seinen Wagen zwar sicher zum Stehen bringen, dennoch stuft die Polizei Dortmund den Vorfall als versuchtes Tötungsdelikt ein. Wie sie am Wochenende mitteilte, wurde eine Mordkommission eingerichtet.
503 Warnmeldungen in 2023
Das Phänomen, Gegenstände auf vorbeifahrende Autos zu werfen, ist nicht neu. Hunderte solcher Warnmeldungen werden jährlich registriert. Im Jahr 2023 waren es laut ADAC 503 Meldungen (Autobahnen betreffend), vornehmlich auf Straßen in NRW (105) und Bayern (104).
Wobei allein die A1, wie jetzt auch in Schwerte, Ziel von etwa 20 solcher Attacken war. Die meisten Meldungen betrafen im vergangenen Jahr die A7 (längste Autobahn in Deutschland) mit 43 Meldungen, gefolgt von der A3 mit 40 Meldungen.
Wie reagiere ich richtig?
Experten betonen laut ADAC immer wieder die Schwierigkeit, sich vor solchen Angriffen zu schützen. Auf keinen Fall sollten Autofahrerinnen und Autofahrer hektisch bremsen oder ausweichen, um dadurch im Zweifel nicht noch schlimmere Unfälle entstehen zu lassen. Stattdessen raten sie, die Geschwindigkeit vorsichtig zu reduzieren und die Spur sicher zu wechseln.
Mögliche Präventivmaßnahmen, wie die Installation von hohen Gittern, Zäunen oder Netzen an Brücken, sind in der Vergangenheit zwar diskutiert worden, bleiben in der Umsetzung aufgrund der hohen Kosten und der Masse an zu sichernden Brücken aber fraglich. Hinzu kommt, dass die Zahl derartiger Angriffe laut ADAC im Verhältnis zum Verkehrsaufkommen relativ gering sei.

Meist keine Tötungsabsicht
Psychologen zufolge handeln die Täter meist impulsiv und ohne eine direkte Tötungsabsicht. Steinewerfer sind demnach fast immer Jugendliche, die häufig in Gruppen auftreten. Oft spielen Alkohol und mangelnde Selbstkontrolle eine Rolle. Ohne die Konsequenzen des Handelns ausreichend bemessen zu können, ginge es den Tätern eher um den kurzfristigen Lustgewinn, heißt es vonseiten der Experten.
Juristisch werden solche Taten schwer geahndet. Im Falle des Steinwurfs vom Freitagabend gehen Polizei und Staatsanwaltschaft von zwei Jugendlichen aus, die bislang aber nicht bekannt sind. Bei den flüchtigen Tatverdächtigen handelt es sich laut Polizei um männliche Jugendliche. Einer trug helle Bekleidung. Der zweite Unbekannte war dunkel bekleidet und kleiner als der erste Jugendliche.
Zeugen gesucht
Die Polizei sucht Zeugen, die die Tat in Schwerte beobachtet haben und/oder Angaben zu den Tatverdächtigen machen können. Hinweisgeber werden gebeten, sich bei der Kriminalpolizei unter Tel. (0231) 132-7441 zu melden.
Mehrere Jahre Gefängnis möglich
Wer beim Bewerfen von Fahrzeugen mit Steinen und anderen Gegenständen erwischt wird, muss mit einer Verurteilung wegen (versuchten) Mordes und vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr rechnen, was mehrere Jahre Gefängnis nach sich ziehen kann. In der Vergangenheit gab es bereits mehrere Fälle, in denen Täter zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden, wie etwa im Februar 2000 in Darmstadt oder am Ostersonntag 2008, als ein Heroinabhängiger einen tödlichen Angriff auf eine Autofahrerin verübte.
Erst im Dezember 2023 wurden in Chemnitz zwei Männer im Alter von 20 und 23 Jahren wegen versuchten Mordes schuldig gesprochen. Für einen der beiden bedeutete das viereinhalb Jahre Haft, für den anderen fünfeinhalb. Eine beteiligte Frau bekam zwei Jahre auf Bewährung. Das Trio hatte im Februar 2023 von einer Autobahnbrücken der A72 Toilettenschüsseln und einen Gullydeckel geworfen. Mehrere Autos waren dadurch beschädigt worden, eine Frau erlitt einen Schock.
Die Polizei betont die Wichtigkeit, verdächtige Aktivitäten umgehend zu melden, auch wenn die Unterscheidung zwischen harmlosen Passanten und potenziellen Steinewerfern nicht immer einfach ist.