Drastisches Sparkonzept Mariengemeinde in Schwerte vor „schmerzhaften Einschnitten“

Sparkonzept: Mariengemeinde verkauft bis zu 30 Prozent ihrer Gebäude
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Selbst die Aufgabe der Marienkirche ist in den Gedankenspielen kein Tabu. „Zu groß“ schrieben Teilnehmer jetzt auf Zettel an einer Pinnwand. Dort wurden Ideen zum Start des sogenannten Immobilienberatungskonzepts der Katholischen Kirchengemeinde gesammelt. Ziel ist es, die Gesamtfläche ihrer Gebäude um 20 bis 30 Prozent zu verringern, wie Sprecher Martin Krehl erläutert. Denn die Situation klingt dramatisch: Nicht nur die Zahl der Kirchensteuerzahler ist im Sinkflug, sondern ganz rapide auch das Interesse am Gemeindeleben. Von den verbliebenen rund 12.000 Schwerter Katholiken nahmen bei der jüngsten Zählung Anfang 2024 gerade mal drei Prozent an den Sonntagsmessen teil.

Selbst vor der Hauptkirche St. Marien macht die Ideensammlung für die Aufgabe von Immobilien in der katholischen Kirchengemeinde kein Tabu. Allerdings steht sie unter Denkmalschutz und wäre deswegen wohl nur sehr schwer verkäuflich.
Selbst vor der Hauptkirche St. Marien macht die Ideensammlung für die Aufgabe von Immobilien in der katholischen Kirchengemeinde kein Tabu. Allerdings steht sie unter Denkmalschutz und wäre deswegen wohl nur sehr schwer verkäuflich. © Reinhard Schmitz

Den Stellenwert verloren

„Der Stellenwert ist einfach nicht mehr da“, sagt Martin Krehl ganz offen. Durchschnittlich gebe es nicht mehr als sechs Prozent Gottesdienstbesucher: „Wenn wir auf zehn Prozent kommen, sind wir sehr gut. Und für die müssen wir Räume vorhalten.“ Die Pfarrkirche St. Marien sei beispielsweise mit höchstens 150 Gläubigen gerade mal zu einem Viertel gefüllt. Gegen ihren Verkauf spreche aber unter anderem schon der Denkmalschutz.

Von der Jugendarbeit hat sich die Mariengemeinde, früher durch ihr „Kleeblatt“ mit mehreren Standorten überall in der Stadt präsent, aus personellen Gründen schon 2015 verabschiedet. „Das können andere besser“, erklärt Martin Krehl. Geblieben sind Angebote zur Vorbereitung auf die Erstkommunion oder die Firmung sowie für kleinere Kinder in der Villigster „Familienkirche“ St. Thomas Morus: „Das läuft sehr gut.“ Auch die Taufen fänden mittlerweile überwiegend dort statt. Das regste Gemeindeleben gebe es noch in St. Christophorus Holzen, während beispielsweise Heilig-Geist in Schwerte-Ost stark überaltert sei.

Nutzung mit Protestanten

Parallel zum Immobilienkonzept entwickelt die Gemeinde deshalb ein sogenanntes Pastoralkonzept zu der Frage: „Was wollen wir 2030/2040 im Gemeindeleben machen? Es wird nicht mehr überall alles geben.“ Und dann werde geschaut, welche Räume man für diese Aufgaben noch brauche, erläutert Krehl. Mit in der Kommission säßen auch zwei evangelische Pfarrer, die vor demselben Problem stünden. Deshalb nehme man die gemeinsame Nutzung von Kirchenräumen in den Blick, wie es beispielsweise in St. Christophorus in Holzen schon geschieht.

Das regste Gemeindeleben gibt es derzeit - hier ein Pfarrfest - in St. Christophorus in Holzen.
Das regste Gemeindeleben gibt es derzeit - hier ein Pfarrfest - in St. Christophorus in Holzen. © Manuela Schwerte (A)

Bei dem Schrumpfungsprozess soll die Mariengemeinde nicht nach dem „Rasenmäher-Prinzip“ vorgehen, sondern besser auf einige ihrer Standorte in der Stadt verzichten. Außen vor bleiben nur das Pfarrhaus an der Haselackstraße und die gemeindeeigenen Wohnungen. Die Sorge um die Kindergärten ist bereits an einen großräumigen Verbund von katholischen Pfarrgemeinden übergegangen.

Auch Vermietung statt Verkauf

Bei der Entscheidung, die am Ende des Prozesses in etwa einem Jahr erwartet wird, sind noch andere Fallstricke zu beachten. In Geisecke beispielsweise wird die Kirche von einer gemeinsamen Heizung im Pfarrheim mitversorgt, berichtet Martin Krehl. An anderen Orten gebe es das Problem von Zuwegungen zu einzelnen Gebäuden. Diese müssen aber nicht in jedem Fall verkauft werden: „Vermieten ist auch erlaubt.“

Die Heilig-Geist-Gemeinde in Schwerte-Ost ist den Angaben zufolge besonders stark überaltert.
Die Heilig-Geist-Gemeinde in Schwerte-Ost ist den Angaben zufolge besonders stark überaltert. © Manuela Schwerte (A)

„Schon jetzt ist die Unterhaltung der Immobilien mit 50 Prozent des Gemeinde-Haushalts mit dabei“, rechnet der Sprecher vor. Die Notbremse ist gezogen. Bis das neue Konzept steht, wird nur noch Geld für die dringende Erhaltung ausgegeben. Der Innenraum der Marienkirche muss so nach der abgeschlossenen Außensanierung weiter auf neuen Verputz und Anstrich warten. Gläubige waren verwundert, als das bereits zwischen den Bänken aufstellte Gerüst unverrichteter Dinge wieder abgebaut wurde. Auch der Umbau des Pfarrhauses mit einem Büroanbau liegt erst einmal auf Eis. Martin Krehl ist überzeugt: „Es wird sehr schmerzhafte Einschnitte geben.“

Zum Thema

  • Zur Auftaktveranstaltung am 15. April (Montag) in der Marienkirche erschienen lediglich rund 50 interessierte Gemeindemitglieder.
  • Begleitet wird der Prozess von hochkarätigen Beratern des Erzbistums Paderborn, die die Bereiche Finanzen, Bauen und Architektur sowie Pastoral vertreten.
  • Beim nächsten öffentlichen Termin am 31. August um 10 Uhr in der Marienkirche soll die Kommission ein erstes Bild vermitteln mit Bestandsaufnahme und ersten Ideen.
  • Eine weitere öffentliche Sitzung ist für den 17. Januar 2025 vorgesehen, der am 4. April 2025 die Präsentation des finalen Bildes folgen soll.
  • Anschließend treffen Pfarrgemeinrat und Kirchenvorstand ihre endgültige Entscheidung.