Wandhofener Bruch Fehler im Kaufvertrag - Stadt wendete mit Rückkauf Schadenersatzklage ab

Stadt erklärt Rückkauf am Wandhofener Bruch: Fehler im Kaufvertrag
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Der Rückkauf eines Grundstücks mit zwei darauf ansässigen Firmen am Wandhofener Bruch in Schwerte hatte Anfang Januar 2025 viele Fragen aufgeworfen. Nachdem die Stadt sich anfangs nicht zu Details äußern wollte – der Ratsbeschluss zum Rückkauf war in nicht öffentlicher Sitzung erfolgt – hat sie nun eine ausführliche Erklärung vorgelegt.

Der Grund für den Rückkauf war demnach ein Fehler im Kaufvertrag: Eine Grundschuld sei nicht ausgetragen worden. Die Stadt habe das Grundstück zurückgekauft, um eine mögliche Schadenersatzklage zu verhindern. Die Stadt spricht von einer „Lösung in einer sehr komplexen Angelegenheit“.

Ein Blick zurück: Anfang Januar 2023 hatte die Sander Projekt GmbH aus Detmold ein rund 9.200 Quadratmeter großes Gelände am Wandhofener Bruch gekauft, das zur Hälfte der Stadt, zur anderen Hälfte der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Kreis Unna gehörte. Inzwischen sind dort die Firma Nature Compound und das Unternehmen CBM Deutschland angesiedelt.

Anfang Januar fiel unserer Redaktion auf, dass die Stadt im Haushalt knapp 9 Millionen Euro für einen „Grundstücksankauf am Wandhofener Bruch“ vorgesehen hatte. Auf Anfrage bestätigte die Stadt zwar den Rückkauf am 2. Januar 2025, wollte sich aber zu Einzelheiten nicht äußern. Der Ratsbeschluss sei „nicht öffentlich“ getroffen worden.

Politische Fraktionen äußerten sich ebenfalls nicht zu Details – erklärten aber gegenüber unserer Redaktion, im Nachgang müsse die Stadtverwaltung die Öffentlichkeit informieren. Auch unsere Redaktion kritisierte mangelnde Transparenz in dieser Angelegenheit – die „Heimlichtuerei“ nähre Skepsis, erklärte unser Autor Johannes Staab in einem Kommentar.

Ein verschneites Grundstück am Wandhofener Bruch in Schwerte
Anfang Januar hatte die Stadt die erst kürzlich verkaufte Fläche vom Investor zurückgekauft. © Martina Niehaus (A)

Gründe für Rückkauf

Jetzt hat sich die Stadt in einer Mitteilung ausführlich zu den Umständen des Kaufs und den Gründen für den Rückkauf geäußert. „Die Stadt Schwerte hatte im Februar 2021 das ehemalige Hoesch-Areal gekauft. Zu diesem Deal gehörten auch zwei Grundstücke im angrenzenden neuen Industrie- und Gewerbegebiet Wandhofener Bruch. Eines dieser Grundstücke wurde von der Stadt Schwerte und der WFG Kreis Unna an einen Projektentwickler verkauft. Die Beurkundung erfolgte im November 2022“, so die Pressestelle.

Doch warum musste das Grundstück kurz darauf zurückgekauft werden? „Die Firma Schwerter Profile hatte sich als Nachfolgerin von Hoesch im Zuge des Grundstücksverkaufes eine Immissionsduldungsdienstbarkeit für das gesamte Areal einräumen lassen“, heißt es. Diese sei allerdings entgegen der üblichen Vorgehensweise „mit erheblicher zeitlicher Verzögerung“ erst im August 2023 vom damals zuständigen Notar beantragt und vom Amtsgericht Schwerte eingetragen worden.

Diese Dienstbarkeiten seien dem beurkundenden Notar beim Verkauf des jetzt betroffenen Grundstücks an den Projektentwickler daher nicht bekannt gewesen und im Kaufvertrag auch nicht berücksichtigt worden. „Auch der Fachverwaltung ist nicht aufgefallen, dass die Dienstbarkeit im Kaufvertrag fehlt.“ Wegen des fehlerhaften Kaufvertrages habe das Eigentum mit der bereits erstellten Gewerbehalle nicht umgeschrieben werden können.

Eine Ratssitzung des Rates der Stadt Schwerte.
Eine Ratssitzung des Rates der Stadt Schwerte: Die Entscheidung über den Rückkauf war nicht öffentlich getroffen worden. © Martina Niehaus (A)

„Schwerwiegendes Risiko“

„Durch diese Konstellation ergaben sich teilweise nicht abschätzbare Risiken für die Stadt“, so die Pressestelle weiter. „Einerseits hätte eine Schadensersatzklage durch den Projektentwickler gedroht. Ein schwerwiegenderes Risiko bestand allerdings darin, dass die Schwerter Profile GmbH zur Bewilligung der Löschung der Grunddienstbarkeit gegenüber dem Projektentwickler verpflichtet ist und der Projektentwickler diese Löschung nach juristischer Einschätzung auch gerichtlich hätte durchsetzen können.“

Die Stadt Schwerte wiederum sei gegenüber der Schwerter Profile GmbH verpflichtet, die „beschränkt persönliche Dienstbarkeit einzuräumen“. Tue sie dies nicht, mache sie sich gegenüber der Schwerter Profile GmbH schadenersatzpflichtig. Dieser mögliche Schaden hätte nicht seriös abgeschätzt werden können. „Schlimmstenfalls hätte nach Einschätzung der Juristen die Unterlassung des Walzwerkbetriebes mit nicht absehbaren Folgen für die Schwerter Profile und die Stadt Schwerte gedroht.“

„Keine Mehrbelastung“

Daraufhin habe es Gespräche mit dem Investor über eine außergerichtliche Einigung gegeben. Dabei habe sich herausgestellt, „dass der Ankauf des Gesamtgrundstücks einschließlich der Gewerbehalle durch die Stadt Schwerte eine Lösungsoption sein könnte“.

Die Verwaltung habe daraufhin eine Haushaltsposition für den Haushalt 2024 angemeldet, Kaufverhandlungen mit dem Projektentwickler aufgenommen und eine Einigung erzielt. „Dass der Rückkauf keine Mehrbelastung im Haushalt aufwirft, sondern Aufwand und der Stadt jetzt zustehende Mieteinnahmen neutral sind, war für die Verwaltung und den Rat bei der Entscheidung gleichermaßen bedeutend.“ Darauf habe schließlich die bei fünf Enthaltungen einstimmig gefasste Entscheidung des Rates in nicht öffentlicher Sitzung gefußt. Die Nichtöffentlichkeit sei bei Grundstücksangelegenheiten „Usus“.

Mit dem Rückkauf des Grundstücks einschließlich der aufstehenden Gebäude sei der Rat der Stadt Schwerte dem Vorschlag eines externen, unabhängigen Juristen gefolgt.

Zum Thema

Was ist eine Immissionsduldungsdienstbarkeit?

Zum Thema Grunddienstbarkeit finden sich online und im BGB folgende Infos:

  • Wer ein Grundstück kauft, erwirbt damit auch immer bestimmte Rechte und Pflichten. Ein wenig weiter gehen diese, wenn im Grundbuch eine sogenannte Grunddienstbarkeit eingetragen ist.
  • Eine Grunddienstbarkeit räumt einer anderen Person Rechte am eigenen Grundstück ein. Die wohl bekannteste und am weitesten verbreitete Grunddienstbarkeit ist das Wegerecht, das es dem direkten Nachbarn erlaubt, das unmittelbar angrenzende Grundstück zu passieren.
  • Die Grunddienstbarkeit wird immer ins Grundbuch – genauer gesagt in Abteilung 2 – des dienenden Grundstücks eingetragen. Sie ist somit nicht personengebunden, sondern direkt Bestandteil des jeweiligen Grundstücks. So steht es in Paragraf 96 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Das bedeutet: Wird das Grundstück verkauft, bleibt die Grunddienstbarkeit bestehen. Eine Grunddienstbarkeit und die damit verbundenen Rechte von Dritten senken meist den Wert des Grundstücks.
  • Immissionsduldung: Mit einer eingetragenen Immissionsduldung sichert sich Ihr Nachbar gegen etwaige Unterlassungsansprüche Ihrerseits ab. Hier stimmen Sie vorab zu, dass Sie erhöhte Schmutz- und Lärmimmissionen in Kauf nehmen. Eine Immissionsduldung wird häufig eingetragen, wenn auf dem Nachbargrundstück ein landwirtschaftlicher Betrieb ansässig ist und es so zwangsläufig zu vermehrtem Schmutz und Lärm kommt.

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Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 30. Januar 2025.