Die Wahlplakate, die derzeit auf Schwerter Stadtgebiet für die Kandidatinnen und Kandidaten der Bundestagswahl werben, sind zum Großteil zerstört worden. Unbekannte haben die Plakate zerrissen, beschmiert, auf den Boden geworfen – oder direkt ganz gestohlen.
Uwe Gerken ist SPD-Ratsherr in Schwerte – seit vielen Jahren hilft er dabei, Wahlplakate aufzuhängen. Die Zerstörungswut, mit der die Plakate behandelt wurden, entsetzt ihn. Am Montag (27.1.) ist er gerade dabei, das Konterfei seines Bundestagsabgeordneten Oliver Kaczmarek, das an der Lichtendorfer Straße in Höhe des Gehrenbach-Stausees am Zaun befestigt war, aus dem Gebüsch zu ziehen. Denn jemand hat die Kabelbinder, mit denen das Plakat befestigt war, durchgeschnitten und den Abgeordneten über den Zaun ins Gebüsch geworfen. Zum dritten Mal innerhalb einer Woche.
Direkt daneben hängt die Konkurrenz: Michael Sacher kandidiert für die Grünen. Sein Plakat ist nicht mehr zu retten; es wurde in der Mitte durchgerissen. „Den Grünen habe ich schon Bescheid gesagt“, sagt Uwe Gerken. Das Plakat werden sie entsorgen müssen.

„Bewusst und mit Vorsatz“
Besonders wütend ist der Ratsherr darüber, dass es sich nicht um „zufällige“ Aktionen im Affekt zu handeln scheint. „Die Kabelbinder wurden glatt durchgeschnitten. Da hat jemand eine Zange oder ähnliches mitgebracht, um ganz bewusst und mit Vorsatz Straftaten zu begehen. Diese Zerstörungswut macht mich fassungslos.“ Die Taten hätten, so Uwe Gerken, eine neue Dimension erreicht.
Auch Gerkens Ehefrau, Maria Grazia Loi Gerken, ist empört. „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es jemals so schlimm war. Früher wurden Plakate schon einmal bekritzelt. Aber hier ist jemand bewusst auf Zerstörung aus.“

„Sie hasst Deutschland“
Die Zerstörungswut der Unbekannten hat Wahlplakate auf dem gesamten Schwerter Stadtgebiet getroffen. Die sogenannten „Wesselmänner“, also die großformatigen Plakate in Westhofen, am Stadtbad und vor der Theodor-Fleitmann-Gesamtschule, hat es ebenso „dahingerafft“ wie mittelgroße Plakate an Straßenlaternen oder kleinere Formate.
So liegt auf dem Rosenweg ein Plakat von Michael Sacher mitten auf der Straße – Autos fahren darüber hinweg. Ein paar Meter weiter ist Christian Lindners Porträt halb von der Laterne gerissen und verknickt worden. Bundeskanzler Olaf Scholz schaut – wenn überhaupt – nur noch mit halbem Gesicht von den „Wesselmännern“ herunter. Die abgerissenen Teile liegen zusammengeknüllt auf dem Rasen oder am Straßenrand.
Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck wird ebenfalls nicht verschont. Seine Plakate werden ebenso heruntergerissen wie die der anderen. An der Bahnüberführung an der Ostberger Straße hat jemand sämtliche Plakate, darunter auch die mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Tilman Rademacher, vom Brückengeländer gerissen und auf die Schienen geworfen.
Auch Schmierereien sind dabei. Auf dem Gesicht von Sahra Wagenknecht steht: „Sie hasst Deutschland!“, während Oliver Kaczmarek meist mit gelber Farbe besprüht oder übermalt wird. Und dann sind da noch die gestohlenen Plakate – an mehreren Stellen im Stadtgebiet sind sie einfach verschwunden. Nur noch Kabelbinder baumeln an Zäunen oder Geländern.

Aggressivität wächst
Uwe Gerken kann das alles nicht verstehen – vor allem nicht die wachsende Aggressivität, die sich in solchen Taten offenbart. Trotzdem repariert er das Plakat, klebt eine abgerissene Ecke wieder mit Tesafilm fest, erneuert den Kabelbinder. Und hofft darauf, dass das Porträt von Oliver Kaczmarek die nächsten Tage und Wochen übersteht. Große Hoffnung hat er allerdings nicht.