Heinz Kranefeld (90) verliert geliebte Ehefrau Herzenswunschwagen ermöglicht den Abschied

Herzenswunschwagen machte persönlichen Abschied für Heinz Kranefeld möglich
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Dass Heinz Kranefeld bei unserem Gespräch im Friedrich-Krahn-Seniorenzentrum mit am Tisch sitzt, ist nicht selbstverständlich. Der 90-Jährige war bis vor wenigen Monaten noch bettlägerig und deutlich von seiner Krankheit geschwächt. Sein Herz will nicht mehr so richtig. Mit 45 entdeckte man bei ihm einen angeborenen Herzfehler. Dadurch hatte er immer wieder mit Blutarmut und Wasser im Körper zu kämpfen. Falsche Entwässerungsmedikamente hatten ihn zusätzlich geschwächt. Zeitweise brauchte er sogar Sauerstoff.

Immer an seiner Seite war seine Frau Monika. Liebevoll pflegte sie ihn zu Hause, bis ihre eigene Krankheit sie plötzlich aus dem Leben riss. Viel zu früh stirbt Monika mit 66 Jahren an Krebs.

Überraschender Tod

Die Diagnose Unterleibskrebs bekam sie im Januar, zweimal operierten die Ärzte sie. „Das ist eine Krebsart, die reagiert sofort“, weiß Kranefeld. Dennoch habe er zunächst noch versucht, zu relativieren. „Es muss ja nicht gleich das Schlimmste sein oder es könnte ja noch etwas anderes sein“, hatte er zu sich gesagt. Als jedoch weitere Metastasen im Bauch gefunden wurden und die Ärzte eine dritte OP machen wollten, kam das für Monika nicht mehr infrage. „Für sie war klar, das ist eine Sache zum Tod.“

Dass dieser jedoch so plötzlich kam, damit hatte Heinz Kranefeld nicht gerechnet. Am 23. Juli stirbt seine Frau während eines kurzen Krankenhausaufenthaltes. Eigentlich sollten sie sich am 25. Juli noch im Marienkrankenhaus sehen, das sei so vereinbart gewesen, erzählt er. Doch dazu kommt es nicht mehr. Ohne sich von ihr verabschieden zu können, stirbt seine geliebte Monika. Und das kurz vor ihrem 25. Hochzeitstag. Der Schmerz über den Verlust sitzt noch tief, immer wieder ringt Heinz Kranefeld während des Gesprächs um Fassung. „Trauer ist Arbeit“, sagt er, als er seine Stimme wieder findet.

Silberhochzeit war großes Ziel

Das große Ziel des Ehepaares sei ihre Silberhochzeit gewesen, erzählt Veronika May, Leiterin des Hospizdienstes Schwerte, die bei dem Gespräch dabei ist. Sie erinnere sich noch gut daran, wie Monika ihr das bei einem Besuch erzählte. Seit Mai wird der Schwerter einmal pro Woche von einem ehrenamtlichen Mitarbeiter des Hospizdienstes betreut. Kurze Zeit später bat auch seine Frau um jemanden zum Reden und so lernten sich May und das Ehepaar kennen.

Damals hatten sie sich jedoch eher Sorgen um den 90-Jährigen gemacht; so schlecht war sein Gesundheitszustand, erzählt May. Dass dann nur vier Tage vor der Silberhochzeit am 27. Juli Monika stirbt, sei für alle überraschend gewesen.

„Das Schicksal von Herrn Kranefeld hat mich so bewegt, dass wir vom Hospiz überlegt haben, was wir tun können und wie wir es hinkriegen, dass er an der Trauerfeier teilnehmen kann“, berichtet May. „Er war zu dem Zeitpunkt ja noch mehr oder weniger bettlägerig.“ Zügig kamen sie dann auf die Idee mit dem Herzenswunschkrankenwagen. Dieser kommt immer dann zum Einsatz, wenn schwerstkranke Menschen letzte (Reise-)Wünsche haben.

Persönlicher Abschied

Um dem Senior die Fahrt zur Trauerfeier ermöglichen zu können, wurde kurzfristig ein Team vom Hospizdienst zusammengestellt. Gemeinsam mit zwei ehrenamtlichen Rettungssanitätern ging es im Herzenswunschkrankenwagen zur Beerdigung. „Die Ehrenamtlichen sind schnell gefunden worden und sofort bereit gewesen, in dieser Ausnahmesituation zu helfen“, sagt May.

Für Kranefeld selbst sei die Möglichkeit, durch den Herzenswunschwagen an der Trauerfeier teilnehmen zu können, erleichternd gewesen. „Ein persönlicher Abschied war für mich sehr wichtig“, sagt er. Die Beerdigung sei sehr schön gewesen. Sein ältester Sohn sei Pastor und habe die Predigt gehalten, Monika habe er aufgebahrt noch auf einem Foto gesehen. „Darauf kann man den Frieden erkennen“, erzählt er. „Sie hat nicht leiden müssen.“

Herzenswunschkrankenwagen der Malteser steht auf einem Weg.
Mit diesem Herzenswunschkrankenwagen konnte Heinz Kranefeld zur Beerdigung seiner Frau. © Malteser Hilfsdienst

„Die passt zu uns“

Kennengelernt haben sich Monika und Heinz Kranefeld über die Evangelische Kirchengemeinde in Ergste. Monika suchte damals Anschluss an die Kirche, kurz zuvor hatte sie ihre Mutter verloren. Ein Freund machte sie auf den Hauskreis aufmerksam, den Heinz Kranefeld regelmäßig besuchte. Ein Ausflug der Kirche brachte die beiden schließlich zusammen. „Ich habe ein bisschen mehr Zeit gebraucht, Gefühle zu entwickeln, aber sie war von Anfang an liebenswert“, erzählt er.

Heinz brachte drei Söhne mit in die Ehe, Monika eine Tochter, die später auch seinen Namen trug und für ihn wie eine leibliche Tochter ist. Als der 90-Jährige seine 24 Jahre jüngere Frau zum ersten Familientreffen mitgebracht hatte, sei er zunächst unsicher gewesen, was sein ältester Sohn über Monika denkt. Schließlich waren sie im gleichen Alter. Alle Sorgen waren jedoch unbegründet. Sein Sohn Volker meinte hinterher – an dieser Stelle muss Kranefeld kurz stoppen, weil seine Stimme bricht – „Die passt zu uns.“

Künstlerische Ader

Die Erinnerungen an die gemeinsame Zeit mit seiner Frau wühlen den 90-Jährigen auf, doch er erzählt auch gerne über sie, seine Ehe und seine Vergangenheit. Heinz Kranefeld ist Künstler. Mehrere Jahre arbeitete er zunächst in einer Werbeagentur, bis er sich selbstständig machte. Auch Ausstellungen hat er gemacht und viele seiner Aquarell- und Acrylbilder verkauft. Unzählige Exemplare, die „Schwerter Miniaturen“, kann man noch heute auf seinem Blog bestaunen.

Sogar bis in ein Kinderbuch haben es die Illustrationen von Heinz Kranefeld geschafft. Zusammen mit seiner Frau entstand die Geschichte „Brutzel und Rumpel auf stürmischen Wegen“. Die Geschichte über einen Kochtopf und seinen Deckel kommt aus der Feder seiner Frau. Ihrer Tochter Marietta habe sie die Geschichte damals zum Einschlafen erzählt. Jahre später veröffentlichten sie die erste Auflage.

Eigenes Atelier

Seine künstlerische Ader lebt er auch im hohen Alter noch aus. „Mein Kopf ist voller Bilder“, berichtet Kranefeld. Im Seniorenzentrum soll er sogar ein eigenes Atelier bekommen. Einrichtungsleiter Welf-Alexander Wemmer hat ihm das schon zugesichert. „Der Raum muss nur noch entrümpelt werden.“ Auch über eine Ausstellung seiner Bilder im Seniorenheim wird gesprochen.

In Kranefelds Wohnung hängen noch dutzende Bilder von ihm. Die sollen, sobald der 90-Jährige in ein Einzelzimmer umziehen kann, wieder seine Wände schmücken. „Ich muss sagen können: 'Das ist mein Zuhause'“. Das sei aktuell noch nicht ganz der Fall. Dennoch fühle er sich sehr wohl in der Einrichtung und lobt mehrmals die Pflege und die Therapeuten. Diese haben ihn nicht nur vom Bett in den Rollstuhl mobilisiert, sondern sogar dafür gesorgt, dass er heute ein paar Schritte gehen kann.

Heinz Kranefeld hält eine Leinwand, neben ihm knien Veronika May und Welf-Alexander Wemmer.
Veronika May, Hospizfachkraft und Leitung des Standortes Schwerte und Einrichtungsleiter Welf-Alexander Wemmer sind sehr froh, dass es Heinz Kranefeld heute wieder besser geht. © Katharina Rieger

Letzter Wunsch

Mit den Rettungssanitätern bei der Fahrt zur Trauerfeier habe sich Kranefeld sehr gut aufgehoben gefühlt. „Das ist wirklich ein tolles Gefährt“, sagt er über den Herzenswunschwagen und äußert einen Wunsch: „Ich möchte schon ganz gerne noch mal an die See fahren.“ Veronika May signalisiert sofort grünes Licht. Ein Bild dazu hat er sicherlich schon im Kopf. Vielleicht werden wir es sehen.

Der Kontakt zum Herzenswunschkrankenwagen kann über den Hospizdienst hergestellt werden.

Der Hospizdienst und die Herzenswunschkrankenwagen der Malteser sind auf Spenden angewiesen. Wer helfen möchte, findet unter www.malteser-paderborn.de weitere Informationen.

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