Die Emotionen kochen bei Mehmet Ali Dogan aus Schwerte auch nach rund drei Jahren hoch. Zu präsent sei noch immer das, was ihm damals passiert ist. Die Ereignisse rund um den Jahreswechsel 2021/2022 belasten ihn noch heute sehr. Das ist deutlich zu spüren, als wir ihn zum Gespräch treffen.
Mehmet Dogan, gebürtig aus der Türkei und seit 1978 in der Ruhrstadt lebend, wurde bei der Schufa (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung) mit einem namensgleichen Mann aus einer anderen Stadt verwechselt – auch das Geburtsdatum sei dasselbe gewesen.
„Es mich viel Zeit und Nerven gekostet, die Verwechslung aufklären zu lassen“, berichtet Dogan heute sichtlich empört. „Man hat mir damals einfach nicht geglaubt.“ Bereits Anfang 2022 hatten wir über diesen kuriosen Fall berichtet, der bis heute tiefe psychische Spuren bei dem Mann aus Schwerte hinterlassen hat. Denn: Ein geplanter Autokredit wurde ihm damals vorerst verweigert, selbst seine Familie zweifelte an ihm.
Anruf von der Bank
Rückblick: Es ist Anfang Dezember 2021, als Mehmet Dogan einen Anruf von seiner Bankberaterin erhält. Dogan, der zu dieser Zeit im Krankenhaus liegt, will einen Autokredit aufnehmen. „Ich habe immer alle meine Rechnungen bezahlt und hatte nichts zu befürchten“, erinnert er sich.
Umso überraschender die Aussage der Bankangestellten am Telefon: Dogan habe einen negativen Eintrag in der Schufa, zu dem sie jedoch nichts Genaueres sagen könne – ein Kredit sei damit jedoch nicht möglich. Dogan hatte bei seiner Bank nachgehakt, da es schon vom Autohaus hieß, man könne ihm keinen Kredit gewähren. Für ihn unerklärlich.
„Nachts drei, viermal aufgewacht“
„Keine Abgabe der Vermögensauskunft“, lautete der negative Eintrag in Dogans Schufa-Selbstauskunft, der offenbar bereits am 3. November 2021 vorgenommen worden war – für den Schwerter nicht nachvollziehbar.
„Ich konnte mir diesen Eintrag einfach nicht erklären. Es musste ein Fehler sein, dachte ich damals schon.“ Die Situation wurde zur Belastungsprobe – für Mehmet Dogan und dessen Familie. „Selbst meine Frau hat mich gefragt, was ich denn nur gemacht habe. Nachts bin ich drei, viermal aufgewacht, weil mir so viele Gedanken durch den Kopf gingen.“
„Keine Abgabe der Vermögensauskunft“
Die von Dogan scheinbar verweigerte Vermögensauskunft dient im Normalfall der Information eines Gläubigers über die Vermögensverhältnisse seines Schuldners. Wenn diese Auskunft jedoch verweigert wird, kann ein Gerichtsvollzieher anordnen, dass der Schuldner im Schuldnerverzeichnis eingetragen wird. Wenn trotz Aufforderung keine Abgabe der Vermögensauskunft geleistet wird, kann die Schufa diese Information als Negativmerkmal hinterlegen. Die Kreditwürdigkeit des Schuldners sinkt damit deutlich.

Dogans Bank empfahl ihm daraufhin, zum Amtsgericht Hagen zu gehen, um der Sache auf den Grund zu gehen. Beim Amtsgericht verwies man ihn an die Nebenstelle, in der sich unter anderem die zentrale Mahnabteilung befindet. Dort erhielt Dogan den eigentlich alles entscheidenden Hinweis: „Der Mann dort sagte mir, dass es in Deutschland einen Mehmet Dogan mit dem gleichen Geburtsdatum gibt. Dieser lebt jedoch nicht in Schwerte und hat nie dort gelebt. Es könnte sich um eine Verwechslung bei der Schufa handeln“, erinnert sich Dogan.
Er könne jedoch keinen Nachweis über seinen scheinbaren Doppelgänger erhalten – aus Datenschutzgründen. Die Information vom Amtsgericht habe ihn zwar in seiner Annahme bestätigt, dass es sich um einen Fehler handeln muss. Doch zunächst ging die Odyssee weiter, wie der Schwerter gegenüber der Redaktion berichtet.
„Haben mir nicht geglaubt“
Dogan kontaktierte nach eigenen Aussagen anschließend die Schufa, um auf eine mögliche Verwechslung hinzuweisen. „Die haben mir aber nicht geglaubt. ‚Das kann jeder sagen‘ hieß es immer wieder“, ärgert er sich noch heute.
Er habe mehrfach beteuert, dass er sich nicht erklären könne, woher der negative Eintrag stammt und dass er einen Namensvetter mit demselben Geburtsdatum haben soll, so Mehmet Dogan. „Ich habe immer wieder gesagt, dass ich nicht derjenige bin und dass ich keine offenen Schulden habe.“ Dogan fühlte sich hilflos. Wie soll er etwas beweisen, was er nicht getan hat? Sein letzter Ausweg: ein Anwalt.
Dogans Anwalt bat die Schufa um Auskunftserteilung darüber, welche Daten dem ominösen Eintrag „Keine Abgabe der Vermögensauskunft“ zugrunde liegen. Der Anwalt verwies dabei, wie Dogan selbst, auf eine mögliche Personenverwechslung. Parallel wandte sich Dogans Anwalt an das zentrale Vollstreckungsgericht beim Amtsgericht Hagen und konnte dadurch in Erfahrung bringen, welcher Gerichtsvollzieher den Eintrag in das Schuldnerverzeichnis vorgenommen hatte.
Im Austausch mit dem Gerichtsvollzieher konnte tatsächlich festgestellt werden, dass es sich im Fall Dogan um eine Verwechslung handelte und im Schuldnerverzeichnis in Wirklichkeit eine Person eingetragen war, die nie in Schwerte wohnhaft war, aber einen Teil des Vornamens und das gleiche Geburtsdatum trägt.
Eintrag bei der Schufa gelöscht
Damit stand fest: Bei dem entsprechenden Schuldner handelt es sich nicht um Mehmet Ali Dogan aus Schwerte – der Negativeintrag bei der Schufa war also ein Irrtum.
Am 23. Dezember 2021 löschte die Schufa den fehlerhaften Eintrag, wie aus einer Antwort an die Redaktion hervorging, und schickte Dogan eine aktualisierte Selbstauskunft zu. „Ich habe aber nicht eingesehen, die Anwaltskosten zu tragen. Es war nicht mein Fehler. Von der Schufa habe ich bis heute nur einen Brief mit einer Entschuldigung bekommen“, ärgert sich Dogan. Er verlangte von der Schufa, die Anwaltskosten zu übernehmen.
Schufa: keine Kontaktaufnahme
In einem Schreiben der Schufa an Dogan und dessen Anwalt hieß es damals jedoch: „Die Beauftragung eines Anwalts zur Durchsetzung von Löschungs- oder Sperrungsansprüchen gegenüber der Schufa ist grundsätzlich nicht erforderlich, da die Schufa die Verbraucher selber auf der Auskunft, aber auch in der Verbraucherinformation auf ihre Rechte hinweist.“
Die Schufa erklärte kurz nach Bekanntwerden des Falls auf Nachfrage der Redaktion ergänzend: „Leider hat sich Herr Dogan tatsächlich nicht selbst an die Schufa gewandt und um Klärung des fraglichen Eintrags gebeten. Das hätte umgehend eine Prüfung und Löschung des Eintrags zur Folge gehabt.“
Alle Vorgänge, egal ob telefonisch oder schriftlich, seien nachvollziehbar dokumentiert, so die Schufa, die die damit dem Schreiben von Dogans Anwalt widerspricht, in dem es heißt, Herr Dogan habe sich persönlich an die Schufa in Hagen gewandt und um Löschung des Eintrags gebeten. Die Schufa jedenfalls entschuldigte sich für die „fehlerhafte Zuordnung“, wie es in der Antwort an die Redaktion hieß. Die Anwaltskosten würden aber aus den genannten Gründen nicht übernommen.
Dokumente als Beweis aufbewahrt
Bis heute kann sich Mehmet Dogan nicht erklären, warum die Schufa behauptet, er habe sich nicht selbst gemeldet. „Ich bin nicht damit einverstanden. Ich konnte zwei Monate lang quasi nichts machen, ohne dass ich etwas dafür konnte.“ Der Vorfall ärgert ihn noch immer immens. Doch was viel schwerer wiege, seien die psychischen Folgen, betont er.
„Es hat mich psychisch kaputt gemacht. Wenn ich einen Brief erhalte, den ich nicht direkt zuordnen kann, kommen die Gedanken wieder hoch. Die Sorge, dass es wieder passiert, bleibt.“ Zuletzt sei seine Schufa-Auskunft bei einem Handykauf gecheckt worden, berichtet er. Was eigentlich nur zwei Minuten dauerte, habe sich für ihn „wie Stunden angefühlt“.
Die Dokumente und Unterlagen, die sich im Zuge der Verwechslung angehäuft haben, habe er alle sorgfältig abgeheftet, um im Zweifel einen Beweis parat zu haben, falls ihm so etwas noch einmal passieren sollte. Zynisch stellt Dogan allerdings abschließend die Frage: „Was wäre denn, wenn es um einen Mord gegangen wäre? Wäre ich dann auch ins Gefängnis gekommen?“
Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung
Die SCHUFA (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung) Holding AG ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen mit Sitz in Wiesbaden. Sie sammelt eine Vielzahl von Daten, zum Beispiel über Verbraucher. Auf dieser Grundlage wird eine individuelle Kreditwürdigkeit berechnet. Die Schufa-Vertragspartner, zu denen auch Banken gehören, erhalten von der Schufa Informationen zur Zahlungsfähigkeit von Menschen, auch Bonität genannt.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien erstmals am 13. März 2025.