Kitze sitzen wieder in hohem Gras Anna-Marie Knäpper rettet sie vor dem Mähmaschinen-Tod

Kitze in der Kiste: Rettung vor dem Mähmaschinen-Tod
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Jetzt ist die Jahreszeit, in der Ricken ihren Nachwuchs im hohen Gras ablegen, um dann allein auf Futtersuche zu gehen. Gleichzeitig beginnt mit den wärmeren Tagen die Mähsaison für Heu und Silage. Mähmaschinen sind eine tödliche Gefahr für die Kitze, da sie nicht vor ihnen flüchten, sondern geduckt im Gras liegenbleiben.

Deshalb suchen Landwirte, Jäger und Freiwillige auch in Schwerte wieder systematisch Felder und Wiesen ab – unter Einsatz von Drohnen und Wärmebildkameras. Sie wollen Rehkitze vor dem sicheren Tod durch die Maschinen retten. Wenn die Helferinnen und Helfer ein Kitz im hohen Gras entdeckt haben, stecken sie es in eine Kiste am Feldrand.

„Es gibt ganz unterschiedliche Kisten. Große, gut belüftete Umzugskartons oder Klappkisten, die oben verschließbar sein müssen“, erklärt Anna-Marie Knäpper vom Hegering Schwerte auf Anfrage. „Wir stellen die Kisten in den Schatten und lassen das Kitz unmittelbar nach der Mahd wieder hinaus.“

Risiko Spaziergänger

Damit die Tierchen nicht unnötig lange Zeit in der Kiste verbringen müssen, ist eine gute Absprache wichtig. „Meist informiert der Landwirt den entsprechenden Jagdpächter, für wann genau die Mahd geplant ist.“ Der gibt das an die Helfer weiter. „Auch wir brauchen das Einverständnis des Jagdpächters, sonst würden wir uns der Wilderei schuldig machen.“

Unmittelbar vor der Fahrt der Mähmaschinen werden gefundene Kitze in Boxen gesteckt. Wenige Stunden später werden sie wieder hinausgelassen. Dabei verpassen sie allerhöchstens einen Säugerhythmus, erklärt die Expertin. „Das ist nicht immer zu vermeiden, aber die Alternative wäre, dass das Kitz unter die Maschine gerät und vermäht wird.“

Die Helfer fassen die kleinen Tiere nur mit Handschuhen und viel Gras drumherum an, um keine Geruchsspuren zu hinterlassen. „Sonst wird die Ricke ihr Kitz nicht mehr annehmen“, erläutert Anna-Marie Knäpper.

Ein großes Risiko sind deshalb Spaziergänger, die ein Kitz in der Kiste finden und es gut meinen. „Im letzten Jahr haben Spaziergänger drei Kitze freigelassen, und die sind dann zurück ins Feld gelaufen und wurden von der Mähmaschine erfasst und getötet“, bedauert Knäpper.

Allein wenn man den Deckel öffne, könne es passieren, dass das Tier herausspringt. „Am besten lässt man die Kiste einfach stehen und geht weiter. Wir vergessen die Kitze nicht, wir lassen sie direkt wieder frei, sobald die Wiese gemäht ist.“ Die Ricke halte sich in der Nähe auf und komme dann zu ihrem Jungen zurück.

Anna-Marie Knäpper vom Hegering Schwerte hält ein Kitz in den Händen. Nur mit Handschuhen darf sie die Tiere anfassen.
Anna-Marie Knäpper vom Hegering Schwerte hält ein Kitz in den Händen. Nur mit Handschuhen darf sie die Tiere anfassen. © Knäpper

Sichtet man ein von Mähmaschinen gefährdetes Kitz im Feld, kann man den Landwirt oder Jagdpächter informieren. Anfassen darf man die Tiere nicht, da die Mutter dann nicht zurückkehrt und die Kitze verhungern. Auch freilaufende Hunde seien ein Risiko für den Wild-Nachwuchs. „Die finden vielleicht so ein Kitz im Gras, und selbst wenn sie es nicht beißen, sondern nur mal drüberlecken, haftet dann der Hundegeruch an dem Kitz“, so Knäpper.

Der Halter oder die Halterin bemerke dies oft gar nicht. „Deshalb sollten Hundehalter ihre Hunde bitte nicht in hohen Wiesen laufen lassen.“ Anna-Marie Knäpper und ihr Mann Manuel gehören zum Helferteam, das in Schwerte mit Drohnen nach Kitzen sucht.

Wenn die Mähmaschine naht, laufen Rehkitze nicht weg, sondern ducken sich ins Gras. Eine tödliche Falle.
Wenn die Mähmaschine naht, laufen Rehkitze nicht weg, sondern ducken sich ins Gras. Eine tödliche Falle. © Landesjagdverband NRW / Dey

Dann gibt es noch Christian Junge, der die Drohne des Schwerter Hegerings in die Luft steigen lässt. Eine weitere Drohnen-Expertin ist Pferdewirtschaftsmeisterin Heidi Braun vom Reiterhof Braun - über ihre Drohnen-Einsätze haben wir bereits berichtet. Auch in dieser Woche ist Heidi Braun wieder unterwegs - unter anderem auf dem Bauernhof und den Feldern von Landwirt Bernd Schulte. „Wir möchten jetzt, wo es etwas wärmer wird, endlich mit dem Mähen beginnen, und Heidi Braun sucht für uns die Felder mit ihrer Wärmebildkamera ab“, erklärt Bernd Schulte am Telefon.

Wegen der kühleren Temperaturen habe man momentan sogar tagsüber nach Kitzen suchen können, sagt Bernd Schulte - wird es jetzt wärmer, muss man ausschließlich frühmorgens suchen, damit die Wärme des Tieres sich für die Kamera von der kühleren Umgebung abhebt.

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