Nach langem Rechtsstreit um Fraktionsgelder Schwerter Rat findet Kompromiss zur Neuregelung

Nach Rechtsstreit: Kompromiss zur Neuregelung der Fraktionsgelder
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Nach vielen Diskussionen und einem Streit vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (Aktenzeichen: 15 K 218/24) haben die Fraktionen im Schwerter Rat nun eine neue Regelung für die Verteilung der Fraktionsmittel beschlossen.

Das Gericht hatte im November 2024 der Klage der Grünen-Fraktion stattgegeben: Die bisherige Staffelung der Personalkostenzuwendung sei rechtswidrig. In der Urteilsbegründung vom 22. November steht, dass durch die konkrete Gruppeneinteilung der Fraktionen und die damit verbundene Finanzierungsregelung „gegen den Allgemeinen Gleichheitsgrundsatz“ verstoßen werde.

Der Haupteingang zum Verwaltungsgericht Gelsenkirchen.
Der Haupteingang zum Verwaltungsgericht Gelsenkirchen. Das Gericht hatte entschieden, dass die bisherige Staffelung der Gelder rechtswidrig war. (Symbolbild) © picture alliance/dpa

Trennung Sachkosten und Personalkosten

Nach der bisherigen Regelung gab es eine Trennung von Sach- und Personalkosten. Bei den Sachkosten gab es einen Sockelbetrag von 2.100 Euro sowie einen Pro-Kopf-Betrag von 300 Euro. Die Personalkosten hingegen wurden nach Fraktionsgrößen gestaffelt: Fraktionen mit bis zu drei Mitgliedern erhielten 11.000 Euro jährlich, Fraktionen mit vier bis zehn Mitgliedern erhielten 15.500 Euro jährlich und Fraktionen mit mehr als zehn Mitgliedern erhielten 25.000 Euro pro Jahr.

Das bedeutete für die einzelnen Fraktionen bisher folgende jährliche Zuschüsse:

  • SPD (15 Mitglieder): 31.600 Euro
  • CDU (11): 30.400 Euro
  • Grüne (10): 20.600 Euro
  • FDP, WfS, FS (jeweils 2): jeweils 13.700 Euro
  • Fraktionslose Mitglieder (aktuell 2 Vertreter im Rat): jeweils 600 Euro

Insgesamt sind das 124.900 Euro.

Die „erhebliche Abstufung“ zwischen Fraktionen mit zehn und Fraktionen mit elf Mitgliedern konnte der Rat der Stadt Schwerte jedoch nicht „sachlich, vernünftig, sich aus der Sache ergebend oder einleuchtend“ begründen – was laut Urteil sowohl gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung als auch der Chancengleichheit verstieß.

Neue Art der Finanzierung

Vor der Ratssitzung am 19. Februar 2025 hatte die Stadtverwaltung den Fraktionen daher einen neuen Vorschlag zur Finanzierung vorgelegt. Darin waren ein Pro-Kopf-Betrag von 780 Euro auch für fraktionslose Ratsmitglieder enthalten – und eine erneute Staffelung, diesmal in vier unterschiedlichen Stufen.

Das sahen die Grünen jedoch als problematisch an – eine erneute willkürliche Staffelung könne bei Verschiebungen wieder zu Ungleichbehandlungen führen, widersprachen sie. Die zweiköpfigen Fraktionen hätten rund 1.200 Euro weniger bekommen. Zudem wünschten sich die Grünen einen einmaligen Ausgleich für bisher nicht getätigte Zahlungen.

Nach der Sitzung des HPGA (Haupt-, Personal- und Gleichsstellungsausschuss) am 18.2. trafen sich die Fraktionen dann spontan, um zu verhandeln und einen Kompromiss zu finden – allerdings wurden die Fraktion „Freie Stimmen für Schwerte“ und das fraktionslose Mitglied Maximilian Klinger zu diesem Treffen nicht eingeladen.

Ihren Kompromiss legten die anderen Fraktionen dann in der Ratssitzung am Folgetag (19.2.) zum TOP 6 als Änderungsantrag zur Drucksache X/1240 vor. Unterschrieben hatten Marc Seelbach (SPD), Marco Kordt (CDU), Bruno Heinz-Fischer und Marco Sorg (Grüne), Renate Goeke (FDP), Andreas Czichowski (WfS) sowie Peter Weyers (fraktionsloses Ratsmitglied).

Neu vereinbarte Zuwendungen

Demnach erhält jede Fraktion einen Sockelbetrag in Höhe von jährlich 12.000 Euro. Zusätzlich wird ein jährlicher Pro-Kopf-Betrag je Fraktionsmitglied in Höhe von 1.700 Euro gewährt. Fraktionslose Ratsmitglieder erhalten eine jährliche Zuwendung in Höhe von 1.700 Euro. Die Beiträge werden dynamisch in Höhe der Inflationsrate angepasst. Einen Ausgleich für die Grünen und die kleineren Fraktionen gibt es nach dieser Vereinbarung nicht.

Das ergibt für die einzelnen Fraktionen folgende jährliche Zuwendungen:

  • SPD: 37.500 Euro
  • CDU: 30.700 Euro
  • Grüne: 29.000 Euro
  • FDP, WfS, FS: jeweils 15.400 Euro
  • Peter Weyers, und Maximilian Klinger: jeweils 1.700 Euro

Insgesamt sind das 146.800 Euro.

Vor der Abstimmung im Rat meldete sich Sebastian Rühling von den Freien Stimmen für Schwerte (FS) zu Wort, der sich nicht damit einverstanden zeigte, dass seine Fraktion über eine Tischvorlage zu entscheiden habe, die erst so kurzfristig vorgelegt worden sei. Ein seiner Fraktion „unbekannter Antrag“ sei bereits einen Tag zuvor im nicht öffentlichen Teil des HPGA beraten worden.

Rühling forderte eine Sitzungsunterbrechung von zwei Stunden, um sich mit seiner Fraktionskollegin Nicole Schelter abzusprechen. Dies wurde ihm nicht gewährt. Eine 15-minütige Unterbrechung, um sich mit Schelter, die während der Ratssitzung entschuldigt fehlte, abzusprechen, wollte er nicht akzeptieren. Diese Zeit sei nicht ausreichend.

Der Antrag zur neuen Regelung der Fraktionsfinanzierungen wurde daraufhin mit einer Gegenstimme und einer Enthaltung beschlossen.

„Respektlosigkeit“

Auf Anfrage erklärt die Pressestelle der Stadt, dass es im nicht öffentlichen Teil des HPGA lediglich „Nachfragen“ zu dem Thema gegeben habe. Dass sich die Fraktionen im Anschluss noch ohne die FS getroffen und beraten hätten, sei völlig legitim.

Rühling sieht das anders – obwohl es ihm ausdrücklich nicht um den Inhalt des Antrags gehe, wie er auch in einer Pressemitteilung im Anschluss an die Ratssitzung erklärt. Leider sei die Fraktion es gewohnt, „vom Diskurs ausgeschlossen“ zu werden. Doch mit diesem Vorgehen sei „eine neue Stufe der Respektlosigkeit“ erreicht worden. Rühling: „Wir werden uns rechtlich beraten lassen.“

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 4. März 2025.