Experte aus Schwerte warnt: Zwei heimische Pilze extrem giftig Vergiftungsfälle in Essen

„Keine Pilze mit einer App sammeln“: Experte warnt vor Leichtsinn
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Drei Kinder aus dem Saarland sind nach dem Verzehr von Knollenblätter-Pilzen in der Nacht zu Dienstag (15.10.) ins Essener Uniklinikum eingeliefert worden - sie kämpfen dort um ihr Leben und benötigen dringend eine Notfall-Lebertransplantation. Auch der Vater eines der Kinder, die zwischen 5 und 15 Jahre alt sind, wurde am Mittwochvormittag (16.10.) weiter wegen Leberversagens behandelt.

Erst kürzlich hatte unsere Redaktion mit einem Schwerter Pilzexperten gesprochen - und der hatte zu Beginn der Pilzsaison vor Giftpilzen, speziell auch vor dem Knollenblätterpilz, gewarnt. Denn einfach drauflos zu sammeln und seinem eigenen Instinkt zu vertrauen, kann gefährlich werden.

Dr. Jens Wöllecke von der AGON Schwerte ist Pilz-Experte und betont: „Es ist eine eindeutige Bestimmung notwendig, um sich mit Pilzen nicht den Magen zu verderben oder womöglich schwerwiegend zu vergiften.“ Daher sollte man die Speisepilze, die hier in der Region wachsen, gut kennen und auch die Giftpilze identifizieren können, sagt der Experte eindringlich.

Drei Exemplare des tödlich giftigen Grünen Knollenblätterpilzes stehen im Rostocker Botanischen Garten in der Herbst-Pilzschau (Archivbild vom 28.09.2001).
So sieht der giftige Grüne Knollenblätterpilz aus. Er ist höchst giftig. © picture alliance/dpa/Zentralbild

Verwechslungsgefahr

Tödliche Vergiftungen gingen in Deutschland vor allem von zwei Pilzen aus: dem Grünen Knollenblätterpilz und dem Gifthäubling. „Drei bis sechs Personen erleiden in Deutschland wegen dieser Pilze tödliche Vergiftungen“, erklärt Dr. Jens Wöllecke. Dazu kämen schwere Vergiftungen, die zwar nicht tödlich verlaufen, aber doch so schwerwiegend ausfallen können, dass die Betroffenen im Nachhinein auf Ersatzorgane und Dialysen angewiesen seien.

Das klingt fürchterlich und ist zudem vermeidbar, indem sich Laien nur mit Experten auf die Suche nach Speisepilzen machen. Denn für Experten sind die Unterschiede zwischen Gift- und Speisepilz offensichtlich. „Den Grünen Knollenblätterpilz kann man eigentlich nicht verwechseln“, sagt der Schwerter Experte. Einen Doppelgänger habe er nicht. Dennoch würden Laien den Pilz immer wieder für einen Speisepilz halten. Wenn die Menschen dazu befragt würden, wofür sie den Giftpilz gehalten hätten, gebe es haarsträubende Antworten.

Tückisches Nebeneinander

Mit dem Gifthäubling verhalte es sich anders. Dieser habe mit dem Stockschwämmchen tatsächlich einen Doppelgänger. Besonders tückisch daran sei, dass Gifthäubling und Stockschwämmchen mitunter nebeneinander stehen würden. Für Laien liegt darin eine echte Gefahr.

Nicht jede Pilzvergiftung hat natürlich so schwerwiegende Folgen, wie weiter oben geschildert, doch auch leichtere Vergiftungen seien kein Vergnügen, sagt der Schwerter Experte. So könne man zum Beispiel wegen eines verwechselten Pilzes in der Pilzpfanne mehrere Stunden auf der Toilette verbringen müssen.

Auf Experten setzen

Wer sicher Speisepilze sammeln möchte, kommt also nicht darum herum, sich auf dem Gebiet von Experten schulen zu lassen. Zum Beispiel auf einer Exkursion der AGON. In Schwerte bietet zudem auch die Volkshochschule Exkursionen in Zusammenarbeit mit der AGON an. Dr. Jens Wöllecke leitet beispielsweise eine solche am Samstag (5.10.), dieses Angebot ist allerdings ausgebucht.

Sind Apps zur Pilzbestimmung, von denen es in App-Stores viele gibt, eine Alternative für eine solche Vorbildung oder das Vertiefen in Fachliteratur? Eindeutig nicht, sagt Dr. Jens Wöllecke. „Es gibt keine vernünftige App dazu und leider auch keine Standardregel, um Speisepilze verlässlich von Giftpilzen unterscheiden zu können. Eine Abkürzung gibt es nicht.“ Eine App könne lediglich Ideen liefern, um dann in der Fachliteratur weiterzulesen. Aber grundsätzlich warnt der Experte: „Keine Speisepilze mit einer App sammeln. Das ist zu gefährlich.“

Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel ist ursprünglich am 16. Oktober 2024 erschienen. Wir veröffentlichen ihn an dieser Stelle erneut.