Warum man für eine Konfirmation starke Nerven braucht? Papa will den Klingelbeutel klauen

Konfirmation für starke Nerven: Wenn Papa den Klingelbeutel klauen will
Lesezeit

Es ist vollbracht: Mein Sohn ist kürzlich konfirmiert worden. Der Konfirmations-Gottesdienst war allerdings nichts für schwache Nerven. Ich sage: Danke, Papa!

Zwei Jahre lang habe ich mein Kind auf diesen Moment vorbereitet. An vielen Sonntagen habe ich dem pubertierenden Jungen klargemacht, dass man beim Vaterunser und beim Glaubensbekenntnis die Hände faltet, anstatt cool die Arme zu verschränken. Dass man die Kapuze in der Kirche abnimmt und nicht Kaugummi kaut. Dass man nicht während der Lieder lacht, wenn man neben den Kollegen sitzt. Und dass man nie, nie, NIEMALS das Handy aus der Tasche zieht.

Im Nachhinein hätte ich mir wegen meines Sohnes keine Sorgen machen müssen. Der Junge kann die zehn Gebote in- und auswendig, wobei ich immer besonderen Wert auf das vierte (du sollst Vater und Mutter ehren) und das elfte (du sollst dein Zimmer aufräumen) gelegt habe.

Den Psalm 23 hat er vor dem Prüfungsgespräch mit den Presbytern ebenfalls gelernt - und in der letzten Konfi-Phase hat er tatsächlich eine Art Respekt dem Ganzen gegenüber entwickelt.

Entsprechend groß war sein Entsetzen, als ein anderer Konfirmand, im Prüfungsgespräch auf das Thema „Auferstehung und Leben nach dem Tod“ angesprochen, verkündete: „Meines Wissens ist es so, dass Haare und Fußnägel nach dem Tod weiterwachsen!“ Der gutmütige Presbyter ließ den Kandidaten trotz dieses deutlichen Ausrutschers passieren. Doch dann kam der Gottesdienst.

Bayern ist ganz weit weg

Die Familien der Kinder durften direkt in den Bänken hinter den Konfirmandinnen und Konfirmanden sitzen. Wir hatten Reihe Drei, ziemlich weit vorne. Toll, dachte ich, dann können meine Oma, meine Eltern und meine kleinen Neffen besser sehen. Heute denke ich, oben auf der Empore wäre es auch schön gewesen. Oder im Gemeindehaus nebenan. Denn mein Papa ist mitunter richtig gut in Form. Vor allem, wenn er Publikum hat. Und das ist ja in einer Kirche zuhauf vorhanden.

Die erste böse Ahnung stieg in mir auf, als die Pfarrerin fragte, wer von „weit weg“ angereist sei. Erst fragte sie, wer hundert Kilometer Anreise in Kauf genommen hatte. Dann zweihundert, dreihundert, und so weiter. Als schließlich die Frage kam: „Und wer kommt etwa sogar aus dem Ausland?“, konnte sich Papa als bekennender BVB-Fan nicht länger beherrschen. Er hob die Hand und rief: „Hier, ich! Aus Bayern!“

Während sich die Neffen freuten, rammte meine Mama ihm den Ellenbogen in die Seite. Dann konnte es weitergehen. Als während eines Liedes der Klingelbeutel die Runde machte, erklärte Papa meinen Neffen, dass wir taktisch ungünstig säßen. „Weiter hinten ist der Beutel viel voller“, versicherte er den Jungs. Und die nickten eifrig. Wieder was gelernt. Danke, Opa!

Dann gab es tumultartige Szenen in der zweiten Reihe: Einem der Konfirmanden war übel geworden, und der Junge musste sich übergeben. Während die Pfarrerin in die Sakristei eilte und nach Tüchern suchte, meinte mein Papa zu Mama: „Sie holt bestimmt das Taufbecken.“ Und mit einem Blick in die Runde versicherte er der umsitzenden Gemeinde mit ernster Miene: „Ich glaube, dem hat das letzte Lied nicht gefallen.“

Mein Trost ist, dass meine Oma, die mit ihren 94 Jahren noch erstaunlich fit ist, ihrem Sohn anschließend die Leviten las. „Wolfgang, du konntest dich in der Kirche noch nie benehmen!“ Mein Sohn hingegen, der Konfirmand, verhielt sich während des ganzen Gottesdienstes tadellos. Und ich bin stolz auf ihn.

Wobei ich mir doch ein bisschen Sorgen mache. Nach einem längeren Gespräch mit meinem Papa hat er sich freiwillig bereiterklärt, im Pfingstgottesdienst noch einmal als Helfer mitzuwirken. Er möchte am Ausgang stehen und den Klingelbeutel einsammeln.

Digitales Wecken hat keinen Sinn: Wer kann unserer Familie einen Hahn ausleihen?

„Die Jugend von heute geht gar nicht“: Was mein Sohn im Praktikum gelernt hat

Die Stand Up Paddling Saison beginnt: Zum Auftakt gibt es ein großes Event an der Ruhr