So werden Leerstände in Schwerte gefüllt Wie attraktiv ist die Innenstadt für Neuansiedlungen?

So werden Leerstände in Schwerte gefüllt: „Nicht mehr wie früher“
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In der jüngeren Vergangenheit konnten der Steuerring, die Fromagerie an der Mährstraße, die Ostermann-Brauerei und Nettes Schatzkästchen mit der Möglichkeit einer Mietminderung in der Schwerter Innenstadt angesiedelt werden. Ein Förderprogramm, das aus Bundesmitteln für „Zukunftsfähige Innenstädte und Ortszentren“ noch bis Ende August 2025 finanziert wird, ermöglicht, dass neu angesiedelte Ladennutzer in der Regel nur 20 Prozent der vorherigen Kaltmiete zahlen müssen – für maximal zwei Jahre (wir berichteten).

„Das ist natürlich die perfekte Situation für ein Stadtmarketing oder für eine Stadt, weil dadurch ganz konkret Anreize geschaffen werden“, erklärt Citymanager Alexander Bethke im Gespräch mit der Redaktion. Der gebürtige Schwerter unterstützt punktuell das Stadtmarketing in der Ruhrstadt und betreut als Mitarbeiter des Dortmunder Büros „Stadt+Handel“ gleich mehrere Städte bei der Innenstadt-Entwicklung. Wie interessant aber ist Schwerte eigentlich für Filialen und andere Geschäfte? Und wie kommt es zu Neuansiedlungen in der City?

Denn nicht immer stehen Fördergelder zur Verfügung, um unterstützend bei potenziellen Neuansiedlungen unter die Arme zu greifen. Das weiß auch Michaela Zorn-Koritzius, Leiterin des Stadtmarketings Schwerte. „Es ist nicht so, dass ein Förderprogramm fertig ist und direkt das nächste im Anschluss folgt“, erklärt sie und ergänzt: „Wir hatten jetzt das Glück, dass zwei relativ dicht hintereinander kamen. Das hat schon die eine oder andere Ansiedlung natürlich auch erleichtert.“ Das Stadtmarketing unterstützt dann bei Anträgen und stellt Kontakte zu Eigentümern her.

„Markt funktioniert nicht mehr wie früher“

Im Normalfall, und so sei es auch in der Vergangenheit lange gewesen, beschreibt Citymanager Bethke, müsste die öffentliche Hand aber gar nicht tätig werden, wenn es um das Füllen von Leerständen in Innenstädten geht. Denn: Man sei grundsätzlich auf einem freien Markt unterwegs. Wenn jemand also nach Schwerte kommen möchte und an einem leerstehenden Ladenlokal interessiert sei, dann könne die interessierte Person auf den Eigentümer zugehen und einen privaten Mietvertrag ausmachen. „Da sind die Stadt und das Stadtmarketing erstmal komplett raus“, sagt Bethke.

Der junge Schwerter Sebastian Mann hält einen Käse in der Hand.
Der junge Schwerter Sebastian Mann erweitert seit Ende 2023 das Angebot in der Schwerter Innenstadt mit besonderen Käse-Spezialitäten. © Hella Horstendahl

Doch ganz so einfach scheint es mittlerweile nicht mehr zu sein. Denn: Die Zeiten hätten sich geändert. „Der Markt funktioniert mittlerweile nun mal nicht mehr wie früher“, unterstreicht der Citymanager mit Blick auf den wachsenden Online-Handel. „Deshalb kommt die öffentliche Hand ins Spiel, weil die Städte und auch Schwerte gemerkt haben, wir müssen hier etwas tun, weil es auch im öffentlichen Interesse ist, dass die Innenstadt weiter belebt ist.“

Aufgabe des Stadtmarketings

Die Möglichkeiten der Intervention durch das Stadtmarketing Schwerte seien jedoch in gewisser Hinsicht auch begrenzt, erklären Michaela Zorn-Koritzius und Alexander Bethke unisono. „Die Gebäude gehören nicht der Stadt“, betont Bethke. Wenn der Eigentümer eines Ladenlokals also nur ein bestimmtes Geschäft in seinem Gebäude haben möchte oder selbst einen Interessenten gefunden hat, dann könne er nach seinem eigenen Ermessen handeln.

Ein Blick in die Fußgängerzone in Schwerte.
Die Erweiterung von Nette´s Lädchen um Nette´s Schatzkästchen (Hintergrund Mitte) war ein förderwürdiges Projekt. Für das zuvor ebenfalls geförderte Fotostudio (l.) erwies sich der Standort an der Hüsingstraße als nicht so geeignet, sodass es in ein Privathaus umgezogen ist. © Reinhard Schmitz

Es gäbe teilweise auch den Fall, dass Eigentümer sagen, sie wollen das Ladenlokal gar nicht vermieten. „Dann ist die Aufgabe und auch das Ziel des Stadtmarketings und der Stadt Schwerte, dass man dann mit Kommunikation, mit Netzwerken, mit Aufklärung, mit Hilfestellungen versucht, Gespräche zu führen, um das in die richtige Bahn zu lenken“, erläutert Zorn-Koritzius. Ein städtisches Gebäude mit Leerstand sei ihr unterdessen nicht bekannt.

Verschiedene Kennzahlen ausschlaggebend

Das Stadtmarketing geht, in Kombination mit „Stadt+Handel“, aber auch selbst aktiv auf die Suche nach potenziellen Neuansiedlungen, wie Bethke und Zorn-Koritzius berichten. Dabei werden viele verschiedene Kennzahlen, wie zum Beispiel Kaufkraft oder Einwohnerzahl, berücksichtigt. „Kaufen die Leute viel in Schwerte ein, dann ist es für Filialisten natürlich auch interessant, nach Schwerte zu gehen“, erklärt Bethke. Oft sei eine Einwohnerzahl von 50.000 Menschen aber auch die magische Grenze für Händler, um sich in einer Stadt möglicherweise niederzulassen. Schwerte liegt aktuell knapp darunter. Sollte Schwerte irgendwann die 50.000 Einwohner-Marke knacken, könnte es dahingehend noch ganz andere Möglichkeiten geben.

Eine Filiale des Bekleidungsgeschäfts „New Yorker“, die sich viele unserer Leserinnen und Leser im Rahmen einer Online-Umfrage für die Schwerter Innenstadt gewünscht hatten, kommt wiederum aus anderen Gründen für das Unternehmen nicht infrage: Das Nichtvorhandensein einer entsprechend großen Fläche und die weiteren Filialen im Umkreis sprechen in diesem Fall gegen Schwerte, wie Bethke erläutert.

City muss sich wandeln

Im Vergleich zu anderen Städten, die Alexander Bethke betreut, sieht der Citymanager in der Ruhrstadt keine größeren Probleme. Ganz im Gegenteil: „Wir haben hier aktuell einen guten Mix aus inhabergeführten Geschäften und Ketten. Wenn es darum geht, ist Schwerte wirklich gut aufgestellt.“ Grundsätzlich sehe man am Besatz, dass Schwerte auch für Filialisten durchaus noch interessant ist, wenn man auf DM, Rossmann, Extrablatt, C&A oder Kodi blicke.

Nichtsdestotrotz führe für den Innenstadt-Spezialisten an einem Wandel des City-Angebots kein Weg vorbei. „Wir müssen andere Besuchsgründe für die Innenstadt schaffen“, fordert er, um ein Veröden abzuwenden. Solche Angebote könnten beispielsweise Gastronomie oder Kultur schaffen. Denn nicht viele Händler – so ist er sicher – könnten auf Dauer mit Amazon konkurrieren. Ein geflügeltes Wort der Stadtentwickler laute deshalb: „Wir müssen Frequenz für den Handel schaffen und nicht Frequenz durch den Handel schaffen.“