50.000 Unterschriften braucht die Petition von Marie Beimen und ihren Kollegen, damit sie im Bundestag gehört wird – und lange Zeit hat sie dafür nicht mehr. Die 19-Jährige benötigt damit mehr Stimmen, als ihre Heimatstadt überhaupt Einwohner hat. „Ich glaube, dass wir das schaffen“, erzählt die Schwerterin. Doch worum geht es überhaupt? Marie Beimen will den Freiwilligendienst für alle attraktiver machen und zusammen mit anderen jungen Freiwilligen die Politik zum Handeln bewegen.
Seit September 2022 absolviert die 19-Jährige ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) am Marienkrankenhaus in Schwerte. Am eigenen Leib erfährt sie dabei die Vor- aber auch die etlichen Nachteile, die mit dem Freiwilligendienst einhergehen. Die Rahmenbedingungen sind für viele alles andere als attraktiv. „Im Freiwilligenbereich gibt es zahlreiche Probleme und Missstände, die Interessierten eine Aufnahme erschweren oder gar unmöglich machen“, erzählt Beimen.
„Freiwilligendienst stärken”
In der Petition fordern sie unter anderem ein höheres Taschengeld, das an die Inflation gekoppelt ist und sich am BAföG-Satz orientiert. In ihrem FSJ verdient Marie 420 Euro pro Monat. Für eine Vollzeittätigkeit mit 160 Stunden pro Monat arbeitet sie damit für noch nicht mal drei Euro die Stunde. „Das ist natürlich frustrierend, weil wir Vollzeit arbeiten gehen und viele Freiwillige auch schwere körperliche Arbeit leisten“, so Beimen. Zum Vergleich: Eine Studentische Hilfskraft an der TU Dortmund (Stundenlohn 12 Euro) muss für das gleiche Gehalt gerade einmal 35 Stunden im Monat arbeiten.
Doch damit nicht genug: Das aktuelle Gesetz wertet das Taschengeld als Einkommen. Bedeutet, es wird auf Unterhalt- und Sozialleistungen der Eltern oder auf BAföG-Ansprüche der Geschwister angerechnet. „Ich habe von FSJ-lern gehört, die ihren Eltern Essensgeld geben müssen, weil die Sozialleistungen, die die Familie bezieht, durch das FSJ-Einkommen sonst nicht mehr ausreichen.”
Soziale Ungleichheit
Jugendliche aus einkommensschwachen Familien können dadurch oft, trotz Interesse, keinen Freiwilligendienst leisten und sind damit mit einer erheblichen Zugangsbarriere konfrontiert. Dieses Problem werde durch Inflation und steigende Lebensunterhaltskosten weiter verschärft. Und somit werde auch die soziale Ungleichheit im Freiwilligendienst verstärkt. Beimen und ihre Kollegen finden das sehr schade. „Ein FSJ oder ein anderer Freiwilligendienst sollte für alle zugänglich sein - unabhängig von der sozialen Herkunft.”
Darüber hinaus fordern die Freiwilligen ein kostenloses ÖPNV-Ticket für alle, eine Verdreifachung der Mittel für die Einsatzstellen, Teilzeitmöglichkeiten, mehr Einsatzstellen im ländlichen Raum und eine stärkere Anrechnung des FSJ auf Ausbildung, Studium oder Stipendien. Der letzte Punkt, ist für Menschen, die einen der begehrten Medizinstudienplätze ergattern möchte, besonders interessant. Wartesemester sammelt man seit 2022 nämlich nicht mehr während eines FSJ. Auch Beimen möchte gerne Medizin studieren.
Gespräch im Bundestag
Über die Missstände im Freiwilligendienst haben Beimen, die auch FSJ-Bundessprecherin ist, und ihre Kollegen sogar mit Politiker im Bundestag gesprochen.
Dass es in dem Sektor Probleme gibt, konnten auch die Politiker nicht abstreiten. Jedoch werde der Haushalt, gerade im Freiwilligendienstsektor, im nächsten Jahr noch weiter gekürzt. Um ganze 30 Millionen Euro, erzählt Beimen. „Wenn das wirklich passiert, wäre das katastrophal.” Einsatzstellen müssten Stellen streichen, weil dann die Förderungen vom Bund, die jetzt auch schon viel zu gering seien, wegfielen. Mit dem Resultat, dass es überall noch weniger Freiwillige geben würde. „Das möchten wir auf jeden Fall verhindern, wir wollen den FWD dahingehend retten.“ Statt was zu streichen, müsse die Politik noch mehr investieren.
Nur noch zwei Wochen Zeit
Mehr als ein Fünftel der geforderten 50.000 Unterschriften sind bereits gesammelt worden. Noch bis zum 6. Juli kann für die Petition abgestimmt werden. „Wenn wir die Mindestanzahl erreichen, können wir unsere Forderungen im Bundestag vorstellen.”
Die Freiwilligen sammeln sowohl digital als auch analog mit Unterschriftenlisten. Knapp 400 Stimmen sind allein im Marienkrankenhaus zusammengekommen. Dafür und für alle anderen Stimmen ist Marie Beimen sehr dankbar. Die 19-jährige Schwerterin betont, dass jeder die Petition unterschreiben kann. „Es gibt keine Altersbegrenzung, auch Kinder dürfen unterschreiben.”

Für Beimen und ihre Kollegen wäre das Umsetzen der Forderungen auch ein Zeichen der Wertschätzung. Laut der 19-Jährigen denken viele noch falsch über den Freiwilligendienst. Es werde immer noch abgetan als ein Jahr Pause, weil man noch nicht wisse, was man nach dem Abi machen solle. Dabei könne laut Beimen, ein Freiwilligendienst den Grundstein für jahreslanges Engagement bilden.
Mehr Informationen sowie den Link zur Petition gibt es unter www.fwd-staerken.de. Noch bis zum 6. Juli können Unterschriften gesammelt werden. Über jede Stimme und jedes Teilen ist das Team um Marie Beimen dankbar.
- Wer die Petition darüber hinaus unterstützen möchte, kann sich die Unterschriftenliste ausdrucken und selbst Unterschriften sammeln.
- Die Liste kann auch am Empfang des Marienkrankenhauses (Goethestraße 19, 58239 Schwerte) abgeholt werden.
- Die ausgefüllten Listen können entweder an die Adresse des deutschen Bundestages (Petitionsausschuss, Platz der Republik 1, 11011 Berlin) geschickt werden oder in einem Umschlag mit dem Namen "Marie Beimen" im Marienkrankenhaus abgegeben werden.
Sie möchte Freiwilligendienste attraktiver machen: Schwerterin Marie Beimen startet Petition
Aktionstag zu Krankenhäusern in Not: Marienkrankenhaus Schwerte ruft „Alarmstufe Rot“ aus
„Coole Jobs und Currywurst“: Marienkrankenhaus veranstaltet Aktionstag für den Pflegeberuf