Fast kein Schüler spricht zu Hause Deutsch Lehrerin: „Meine Arbeit hier ist besonders wertvoll“

Lehrerin der FKS: „Meine Arbeit hier ist besonders wertvoll“
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„Ich will an dieser Schule bleiben“, das war für Alona Pötter, Lehrerin an der Friedrich-Kayser-Schule (FKS) in Schwerte, schon nach zwei Wochen klar. Ihr Wunsch ging in Erfüllung. Und ihre Entscheidung für die FKS habe sie seither nicht bereut, wie sie sagt – auch wenn sie es an anderen Grundschulen vielleicht etwas leichter haben könnte.

Denn eines ist klar: An der FKS haben es die Lehrerinnen und Lehrer mit anderen Herausforderungen zu tun, als dies etwa an der Albert-Schweizer-Schule der Fall ist.

Das liegt vor allem am hohen Anteil von Schülerinnen und Schülern mit einer Zuwanderungsgeschichte. Wenn nur 45 von 240 Schülern daheim Deutsch sprechen, wie es aktuell an der Schwerter Grundschule der Fall ist, dann bedeutet dies auch, dass viele der Erstklässler ohne Deutschkenntnisse in ihre Schullaufbahn starten. Direkt mit dem Lesen und Schreiben mit allen Schülern von einer Stufe aus zu starten, das funktioniert an der FKS nicht.

Blick vom Schulhof aus auf die Friedrich-Kayser-Schule in Schwerte
An der Friedrich-Kayser-Schule in Schwerte werden viele Kinder eingeschult, die die deutsche Sprache erst im Unterricht kennenlernen. © Foto: Manuela Schwerte

In „russische Nische“ zurückgezogen

Auf die zugespitzte Frage, warum sie es sich nicht leichter machen möchte, indem sie an eine andere Grundschule wechselt, positioniert sich Alona Pötter ganz klar für die FKS. Es sich leichter zu machen? Darüber habe sie noch nie gedacht. „Ich empfinde meine Arbeit hier als besonders wertvoll“, sagt die junge Frau und fügt hinzu: „Ich komme auch woanders her.“

Mit sechs Jahren sei sie, ähnlich wie viele ihrer Schüler, nach Deutschland gekommen, ohne ein Wort Deutsch zu können. „Zu Hause wurde nur Russisch gesprochen. Und ich bin eingeschult worden, ohne deutsche Sprachkenntnisse zu haben.“

Keine einfache Zeit. Lange habe sie sich in ihre „russische Nische“ zurückgezogen und sich wenig zugetraut, erinnert sich Alona Pötter. Doch irgendwann habe sie mehr gewagt, habe mehr Deutsch mit den Mitschülern und im Alltag gesprochen und schließlich immer mehr Anschluss gefunden.

Über einem Büchertisch der Friedrich-Kayser-Schule in Schwerte hängen an der Wand verschiedene Flaggen.
An der Friedrich-Kayser-Schule in Schwerte lernen Kinder aus vielen Ländern der Welt. Das wird zum Beispiel in der Schulbibliothek sichtbar. © Susanne Hoffmann

Frühe Verantwortung

Je sicherer sie mit der deutschen Sprache geworden sei, desto mehr Aufgaben habe sie trotz ihres jungen Alters in ihrer Familie übertragen bekommen. Zum Beispiel habe sie behördliche Briefe oder die Beipackzettel von Medikamenten übersetzen müssen. „Als Kind übernimmt man dann plötzlich viel Verantwortung, obwohl man dafür noch viel zu jung ist. Und das ist etwas, was viele meiner Schüler auch erleben.“

In ihrer Familie sei sie auch heute noch als Übersetzerin tätig, sagt Alona Pötter, obwohl die Familie in Deutschland längst auch sprachlich gut Fuß gefasst habe. Kürzlich sei sie zum Beispiel von einer Tante gebeten worden, etwas für sie zu schreiben, dabei könne diese das längst selbst. Darüber muss Alona Pötter zwar selbst etwas schmunzeln, aber das Ganze hat natürlich auch eine ernste Seite. Denn dies zeige, dass das Gefühl, sich wegen seiner Herkunft weniger zuzutrauen, mitunter lange nachwirken könne.

Damit dies ihren Schülerinnen und Schülern nicht passiert, ist Alona Pötter, die aktuell Klassenlehrerin der 1a ist, Feuer und Flamme für ihren Beruf. Das ist ihr deutlich anzumerken. „Mir ist bewusst, wie wichtig meine Arbeit ist und deshalb mache ich sie auch so gerne.“