Loresa (9) liebt nun das Fach Deutsch So erleben vier Kinder die Schwerter Startchancen-Schule

So erleben vier Kinder die Startchancen-Schule in Schwerte
Lesezeit

An der Friedrich-Kayser-Schule (FKS) ist der Anteil der Kinder mit einer Zuwanderungsgeschichte viel höher als an den übrigen Grundschulen in Schwerte. Mit ein Grund dafür, weshalb die Schule als Startchancen-Schule eine besondere Förderung erfährt. Mit dem Programm soll verhindert werden, dass der Bildungserfolg an der sozialen Herkunft abhängt. Übrigens ist die FKS die einzige Schule in Schwerte, die die Startchancen-Plakette trägt.

Aktuell lernen an der FKS 240 Kinder aus 29 Nationen, darunter sind zum Beispiel Ahmad (8), Jasmina (7), Loresa (9) und Marwan (8). Sie haben uns stellvertretend für all ihre Mitschülerinnen und Mitschüler erzählt, wie sie an der FKS lernen.

Auf einer Tafel sind verschiedene Aufgaben für Schüler zu sehen. Darunter kleben Magenttäfelchen mit den Namen der Schüler.
Auf einem Board in der Klasse können die Kinder nachschauen, woran gerade welches Kind arbeitet. © Susanne Hoffmann

Frisch gewählt

Jasmina erscheint zum Treffen als frisch gebackene Schülersprechervertreterin. An der Schule gefalle ihr alles, sagt die Zweitklässlerin, auch wenn herauszuhören ist, dass sie auf Mathe wohl verzichten könnte. Kunst sei dagegen ihr Lieblingsfach.

Die Familie von Jasmina kam 2016 aus Kirgistan nach Schwerte. Ihre älteren Geschwister gingen ebenfalls auf die FKS. Chingiz (15) geht heute auf die Gesamtschule Gänsewinkel, Aisha (11) besucht das Friedrich-Bährens-Gymnasium.

Im Gegensatz zu ihren Geschwistern musste Jasmina Deutsch nicht erst lernen, sondern wuchs damit schon auf, denn ihre Eltern hängten sich von Anfang an rein, um sprachlich Fuß zu fassen. Ihre Mutter Asel Aitbaleva sagt dazu: „Deutsch zu lernen, war für mich so wichtig, wie Luft zu atmen.“

DaZ-Kurse

Jasmins Klassenkamerad Marwan dagegen spricht zwar noch nicht fließend Deutsch, doch dafür, dass er erst im Dezember 2023 mit seiner Familie aus Kuwait hierhergekommen ist, sind seine Deutschkenntnisse beachtlich gut. Mehrmals in der Woche besucht der Achtjährige DaZ-Kurse an der FKS. DaZ steht für Deutsch als Zweitsprache. „Diese Kurse besuchen alle neu zugereisten Kinder“, erklärt Schulleiterin Sabine Jost.

Für Marwan sind die Kurse Gold wert. „Ich kann da gut arbeiten“, sagt der Zweitklässler, mit dem man, wenn sein Deutsch mal nicht ausreicht, Englisch sprechen kann. Denn darin ist der Achtjährige super fit. Aber der Junge hat nicht nur ein Sprachtalent, Mathe mache ihm besonders viel Spaß, sagt er.

Frei wählbare Lernorte

Übrigens ziehe sich Marwan zum Lernen gerne auf den Flur zurück, um sich besser konzentrieren zu können, erzählt er. Viele Flure der FKS sind nämlich keine bloßen Durchgänge mehr, sondern bieten den Kindern Lernorte. Dort befinden sich Schreibtische und Podeste, auf denen es sich die Kinder sogar liegend bequem machen können.

Die Kinder können sich aber nicht nur auf die Flure zurückziehen, sondern zum Beispiel auch in die Schulbücherei, den Musikraum oder in ein Lesezelt im Klassenraum. „Die Kinder dürfen selbst entscheiden, wo sie am besten lernen können“, sagt Lehrerin Yvonne Bause.

Dass die FKS ihren Kindern verschiedene Lernorte bietet, hat damit zu tun, dass es dort klassischen Frontalunterricht ohnehin nicht gibt. Die Kinder lernen nicht alle gleichzeitig denselben Stoff, sondern jedes Kind lernt individuell nach dem Prinzip „Fordern und Fördern“ gemäß seiner Stärken und Schwächen.

Wochenziele im Logbuch

Das funktioniert so: Jedes Kind hat ein Loguch. Darin werden immer montags neue Lernziele notiert. Dabei gibt es eine Mindestanforderung, die Kinder können aber mehr Lernaufgaben abschließen. Das führt dazu, dass die Kinder am Anfang eines Schuljahres alle etwa am gleichen Punkt starten, später geht die Schere auseinander. Damit kein Kind zurückfällt, werde der Lernerfolg immer wieder überprüft, erklärt Yvonne Bause. Wenn nötig, werde in Fördergruppen nachgearbeitet.

Und was ist mit den Kindern, die in einem Fach besonders glänzen? „Diese können als Experten Kindern mit Problemen unterstützen“, sagt Yvonne Bause. Das macht Ahmad zum Beispiel in Mathe. „Ich helfe gerne“, sagt der Achtjährige, dessen Eltern aus dem arabischen Raum kommen.

Arabische Schriftzeichen sind auf Unterrichtsmaterialien zu sehen.
Kinder aus dem arabischen Raum müssen sich zunächst einmal die deutschen Schriftzeichen erarbeiten. Solche Visualisierungen können da helfen. © Susanne Hoffmann

Lohnende Mehrarbeit

Das Logbuch bietet den Lehrern, Kindern und Eltern stets einen guten Überblick. „Das ist für uns zwar Mehrarbeit“, sagt Lehrerin Alona Pötter, „aber es lohnt sich für die Kinder.“ Und Yvonne Bause ergänzt: „Durch das Logbuch gibt es für die Kinder, immer etwas zu lernen. So wird auch niemand im Lerneifer gebremst.“

Und noch einen Vorteil biete das an der FKS entwickelte Logbuch. Dadurch würden die Kinder schon früh lernen, sich selbst zu organisieren. Das komme gut an. „Die weiterführenden Schulen spiegeln uns zurück, dass unsere Kinder sich gut organisieren können“, sagt Yvonne Bause.

Digitalisierung

Loresa war fünf Jahre alt, als ihre Familie aus Albanien hierher kam. An der Schule Fuß zu fassen, sei ihr erst nicht so leicht gefallen, sagt sie. „Ich habe mich erst nicht getraut, Deutsch zu sprechen.“ Doch das ist längst Vergangenheit. Heute ist Deutsch sogar ihr Lieblingsfach. Was ihr besonders gut an der FKS gefalle? „Die Arbeit mit dem iPad“, sagt die Drittklässlerin und spricht einen weiteren Eckpfeiler des FKS-Konzepts an: die Digitalisierung.

Mit ihren iPads und Apps könnten die Kinder nicht nur sehr spielerisch lernen, sagt Alona Pötter. Die Digitalisierung helfe beispielsweise auch sprachliche Brücken zu den Eltern zu schlagen. Zum Beispiel mit der App SchoolFox. „Die App bietet uns eine Kommunikationsplattform, um uns mit den Eltern austauschen zu können, auch wenn diese kein Deutsch sprechen.“ Die App hilft nämlich beim Übersetzen. Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.