Freie Stimmen fordern „Arbeitspflicht“ für Bürgergeldempfänger Fraktionen entsetzt über Antrag

Freie Stimmen fordern „Arbeitspflicht“: Fraktionen reagieren entsetzt
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Die Fraktion Freie Stimmen für Schwerte hat im Sozialausschuss am 30. Januar 2025 (Donnerstag) einen Antrag gestellt, der bei den anderen Fraktionen großes Unverständnis ausgelöst hat: Menschen, die Bürgergeld beziehen, sollen zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden.

Die Verwaltung solle dazu ein Konzept entwickeln. Bis zu 15 Stunden wöchentlich und in bestimmten Bereichen, heißt es. Nämlich: in der Pflege öffentlicher Anlagen, sozialen Einrichtungen oder bei unterstützenden Tätigkeiten im Bildungs- und Kulturbereich. Alleinerziehende sollen ausgenommen werden.

In der Begründung, die die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Nicole Schelter unterzeichnet hat, werden Ziele angegeben. Darunter die „Stärkung der Gemeinwohlorientierung“. Die „Aktivierung und Motivation“ könnten einer Isolation entgegenwirken. Außerdem würden öffentliche Ressourcen entlastet und ein sichtbarer Mehrwert für die Stadt geschaffen. Schwerte könne eine „Vorreiterrolle“ einnehmen – es sei eine „praxisorientierte und bürgernahe Lösung“.

Mit einer Müllzange wird Abfall eingesammelt
Mit einer Müllzange wird Abfall eingesammelt - das sollen laut einem Antrag der Fraktion Freie Stimmen für Schwerte demnächst Bürgergeldempfänger übernehmen. (Symbolbild) © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

„Populistisch“

Doch der Vorstoß stieß im Ausschuss auf Widerstand. Als „populistisch“ bezeichnete die Grünen-Fraktion den Antrag. Man habe ihn inhaltlich einordnen wollen und daher zugelassen – „obwohl der Antrag nicht in die Zuständigkeit des Sozialausschusses fällt, nach Ende der Antragsfrist eingereicht wurde und bei Umsetzung gegen verschiedene Gesetze, inklusive Artikel 12 des Grundgesetzes, verstößt“.

„Eine Arbeitspflicht ist für mich nichts anderes als ein Zwang zur Arbeit. Das verbietet aus guten Gründen das Grundgesetz und das widerspricht auch meinem und unserem Menschenbild“, sagte Bürgermeister-Kandidat Maximilian Ziel (Grüne). Auch Aussagen der Bundesagentur für Arbeit zeigten klar, dass die sogenannten „Totalverweigerer“ nur einen geringen Bruchteil derjenigen Personen ausmachen, die Bürgergeld beziehen.

„Völlig indiskutabel“

Sigrid Reihs von der SPD-Fraktion stimmte zu, dass es sich bei dem Antrag im Grunde genommen um „juristischen Unsinn“ handele: Nach der Rechtssprechung sei es nicht möglich, gegenüber einer bestimmten Gruppe eine Verpflichtung zur Arbeit zu formulieren. „Die antragsstellende Fraktion hat sich mit dem juristischen Hintergrund nicht auseinandergesetzt; somit ist der Antrag irrelevant“, erklärte Sigrid Reihs. „Das Menschenbild, das hier entworfen wird, ist außerdem für mich als Pfarrerin völlig indiskutabel.“

Bernd Krause von der CDU sagte: „Hier werden Menschen herabgewürdigt. Das geht so nicht.“ Man müsse Menschen helfen, aber auf eine Art und Weise, die nicht gegen geltendes Recht verstoße. „Dieser Antrag ist eine sehr fragwürdige Herangehensweise.“

Martin Dieck von der FS-Fraktion stieg nicht in die Diskussion ein. Er versuchte noch, den Antrag in einen Prüfauftrag umformulieren zu lassen. Doch auch das stieß auf Widerstand.

Christoph Ecker von der FDP erklärte im Nachgang: „Die Freien Stimmen für Schwerte haben versucht, eine einfache Lösung für eine komplexe Frage zu präsentieren – ohne die geltende Rechtslage zu prüfen.“ Trotz der rechtlichen Unzulässigkeit hätten sie an ihrem Antrag festgehalten und damit ihre Uneinsichtigkeit gezeigt. „Diese Uneinsichtigkeit ist ein Beleg für eine Politik, die sich mehr an populistischen Parolen als an realisierbaren Lösungen orientiert.“

Andreas Becker (WfS) erklärte: „Das ist reiner Populismus. Viele Bürgergeldempfänger stocken doch auf. Und der Verwaltungsaufwand würde in keinerlei Verhältnis zu irgendwelchen positiven Effekten stehen.“ Und Peter Weyers als fraktionsloses Ratsmitglied sagte: „Im Grunde würde es sich um Zwangsarbeit handeln. Die Antragsteller vertreten ein Menschenbild, das unterstellt, dass Personen, die Bürgergeld empfangen, Faulenzer sind.“

Der Antrag wurde von allen Fraktionen außer der FS-Fraktion abgelehnt.