Finanzielle Einbußen durch miese Ernte Schwerter Getreide landet im Futtertrog statt im Brot

Von Luise Wittler
Schwerter Landwirte beklagen miese Getreideernte
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Landwirt Axel Lohmann (33), Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Ortsverbandes Schwerte, hoffte bereits zu Anfang des Regenmonats August auf die Rückkehr der Sonnenstrahlen und günstigeren Witterungsbedigungen für die Ernte. Doch vergebens: Der Regen-Sommer hat seine Spuren auf den Feldern – und bei der Ernte – hinterlassen.

„Es war eine harte, schlechte Ernte mit unterdurchschnittlichen Erträgen“, sagt

Axel Lohmann (33). Die Raps- und Gerstenernte sei erfolgreich und gut gewesen, da die beiden Kulturen größtenteils vor dem Regenmonat geerntet werden konnten. Roggen, Weizen und Triticale seien jedoch durch Sturm und Regen in Mitleidenschaft gezogen geworden.

Aufgrund des Dauerregens haben die drei Getreidesorten bis auf einige Ausnahmen einen Monat lang reif auf den Feldern gestanden. „Durch den Regen und die Stürme diesen Sommer hat sich das Getreide gelegt und wurde feucht. Es hat weiterhin einen natürlichen Reiz zu wachsen: Dadurch beginnt es zu keimen. Wenn der Auswuchsanteil, also der Anteil an gekeimten Getreide, zu hoch ist, kann es nicht mehr als Brot- oder Futtergetreide verwendet werden“, erklärt Axel Lohmann (33).

Was gutes Brotweizen ausmacht

Denn um das geerntete Weizen als Brotweizen zu nutzen, muss es bestimmte Backeigenschaften haben. Das Brot sollte möglichst viele kleine und gleichmäßige Poren haben, um nicht zu fest oder löcherig zu werden.

Von außen sieht jedes Weizenkorn ähnlich aus, doch es lässt sich auf zwei Inhaltsstoffe prüfen, die entscheidend für ein gelungenes Brot sind: Klebereiweiß, auch unter dem Namen Gluten bekannt, und Stärke.

Ein hohes Gehalt an Klebereiweiß trägt bei der Teigzubereitung dazu bei, dass sich ein stabiles dreidimensionales Netzwerk im Teig ausbildet, das viele kleine Luftbläschen bildet: Das Brot wird locker.

Die Stärke im Getreidekorn ist in der Lage, Feuchtigkeit zu binden, wodurch die kleinen Bläschen im Brot und auch die Brotkrume elastisch werden.

Durch die witterungsbedingten enzymatischen Keimungsprozesse verringert sich der Anteil an Klebereiweiß und Stärke im Weizen, wodurch die Backeigenschaften des Getreides reduziert werden.

Nicht nur in Schwerte, sondern im gesamten Kreis Ruhr-Lippe war die Ernte dieses Jahr enttäuschend. „Das war eine Ernte, wie wir sie nicht jedes Jahr brauchen“, sagt der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Ruhr-Lippe (Bochum, Dortmund, Hamm, Herne, Kreis Unna), Hans-Heinrich Wortmann.

In den vergangenen Wochen konnten bis auf ein paar Ausnahmen die letzten Getreidefelder im Kreis Ruhr-Lippe deutlich verspätet geerntet werden. Die Ernte brachte, wie in Schwerte, kaum Brotgetreide, so heißt es in einer Pressemitteilung.

Ein verwüstetes Feld, auf dem das Getreide platt auf dem Boden liegt.
Die widrigen Witterungsbedingungen haben die Felder im Kreis Ruhr-Lippe in Mitleidenschaft gezogen. © Petra Drees-Hagen

Tierfutter statt Brot

Aber immerhin: Das Getreide, welches den Backeigenschaften nicht mehr entspricht, wird zunächst an die Tiere verfüttert. „Unsere Tierhaltung rettet aktuell einen großen Teil der Ernte“, sagt Wortmann. „Unseren Tieren, ob Rindern oder Schweinen, dient es nun als Futter und kommt so über den Umweg des Tiermagens als Milch oder Fleisch uns Menschen wieder zu Gute“, ergänzt sein Stellvertreter, Landwirt Thomas Döring aus Unna.

Ohne die Tiere gäbe es laut Döring in diesem Jahr keine sinnvolle Verwertung für die meisten Getreidepartien. Als letzte Verwertungsstufe würde das Getreide für Biogasanlagen genutzt und in Strom und Wärme umgewandelt werden. „Bei einem Auswuchsanteil von über 25 Prozent kann es aber auch nicht mehr an Tiere verfüttert werden“, erklärt Axel Lohmann (33).

Jede reduzierte Verwendung sei für die Landwirte mit finanziellen Einbußen verbunden - aber zumindest im Sinne der Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz noch nutzbar.

Ein Drescher fährt über ein Feld und erntet das Getreide.
Die Erntebedingungen waren durch das Lagergetreide mit Auswuchs, also gekeimten Getreide, schwierig. © Axel Lohmann

Axel Lohmann (33) berichtet, er habe diesen Sommer nur rund die Hälfte seiner 15 Hektar Weizenfläche in Schwerte ernten können. Auch einige Felder im Kreis Ruhr-Lippe seien nicht mehr geerntet werden können. „Das sind natürlich herbe Verluste,“ sagt Wortmann.

Eine Hoffnung für den Schwerter Landwirt ist jedoch die Maisernte, welche in den nächsten zwei bis drei Wochen ansteht und auf gute Erträge hoffen lässt.

Man kann den Landwirten nur wünschen, dass der diesjährige Regen-Sommer im nächsten Jahr durch einen Sonnen-Sommer ersetzt wird - und das Getreide wieder in Backwaren verwandelt werden kann.

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