Äußerungen der CDU Schwerte zu Merz irritieren Lokalpolitiker „Passt nicht zum Schwerter Stil“

Äußerungen der CDU zu Merz irritieren: „Bauchschmerzen“ bei Politikern
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CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat in den vergangenen Tagen die politischen Schlagzeilen bestimmt: Er hatte für Empörung gesorgt, weil er am Mittwoch (29.1.) im Bundestag in Kauf genommen hatte, dass sein umstrittener Fünf-Punkte-Plan zum Stopp der illegalen Migration nur Dank der Stimmen der AfD eine Mehrheit bekam.

Ein Gesetzentwurf der Union zur Begrenzung der Migration scheiterte indes am Freitag (31.1.) im Bundestag – trotz der Zustimmung der AfD. Zwölf Union-Mitglieder hatten nicht für das eigene Gesetz gestimmt. Der Parteitag am Montag (3.2.) sollte ein „Sofortprogramm“ beschließen, in dem die CDU unter anderem verspricht, den Fünf-Punkte-Plan von Merz zum Stopp der illegalen Migration direkt nach einer Regierungsübernahme umzusetzen.

Der Vorstoß sieht etwa dauerhafte Grenzkontrollen, Zurückweisungen an den Grenzen und einen zeitlich unbefristeten Ausreisearrest für ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder vor. Inzwischen haben in vielen Städten Demonstrationen stattgefunden – auch vor dem Parteitag protestierten Menschen gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD.

Friedrich Merz spricht im Bundestag.
Friedrich Merz, CDU Bundesvorsitzender und CDU/CSU Fraktionsvorsitzender im Bundestag, spricht bei der Debatte um das Zustrombegrenzungsgesetz im Plenarsaal im Bundestag. © picture alliance/dpa

„AfD bleibt Feind“ (CDU)

CDU-Stadtverbandsvorsitzender Sascha Enders hatte am Freitag auf Anfrage unserer Redaktion erklärt, die CDU Schwerte stehe voll hinter Merz und dem Migrationsantrag. Weil die Ampelkoalition „keine Kehrtwende in der Migrationspolitik vollbracht“ habe, habe sich die CDU veranlasst gesehen, die Initiative zu ergreifen. SPD und Grüne hingegen hätten sich „dem Antrag verweigert“. Enders betonte aber auch: Die AfD bleibe weiterhin ein „Feind der Demokratie“ und werde „bekämpft“.

Die Vertreter der Schwerter SPD, der Grünen und der FDP haben sich inzwischen ebenfalls geäußert. Ihre Meinungen zum umstrittenen Vorstoß von Friedrich Merz und den Äußerungen von Sascha Enders haben wir hier zusammengetragen.

„Merz verliert die Kontrolle“ (SPD)

Die SPD Schwerte hat sich bereits auf ihrer eigenen Homepage zu unserer Berichterstattung geäußert. Stadtverbandsvorsitzender Jens Krammenschneider-Hunscha betonte am Telefon außerdem, dass man mit der CDU vor Ort grundsätzlich immer gut zusammenarbeite.

Trotzdem sei man irritiert. „Der politische Kulturbruch am Mittwoch im Bundestag bewegt unsere Republik. Als SPD trifft uns dieser parlamentarische Wortbruch tief ins Mark. Nun scheint Merz‘ Tabubruch auch seine Parteifreunde in Schwerte zu Bekenntnissen zu nötigen“, heißt es in der Einordnung durch die Schwerter SPD. „Damit wird gerade in Schwerte eine konstruktive Zusammenarbeit mindestens in der Asyl- und Flüchtlingsarbeit in Frage gestellt. Die Äußerungen von Sascha Enders und Tilman Rademacher sind da wenig hilfreich und wollen so gar nicht zum bisher – eigentlich gemeinsam gepflegten – Schwerter Stil der Zusammenarbeit passen.“

Dass Merz um eines „äußerst persönlichen Machtimpulses willen“ jetzt diese kommunale Ebene zu solchen Äußerungen zwinge, sei „die konsequente Fortschreibung seines Falschabbiegens. Nicht umsonst verlassen deshalb einige langjährige CDU-Mitglieder ihre Partei, nicht umsonst meldet sich Altkanzlerin Angela Merkel zu Wort, nicht umsonst gibt ein Holocaust-Überlebender sein Verdienstkreuz zurück“.

Merz höre auf niemanden mehr – im Bundestag habe er nicht einmal mehr die eigenen Reihen geschlossen bekommen. „Merz verliert die Kontrolle. Die wollen wir in Schwerte aber bitte gemeinsam behalten.“

Ein Plakat mit einem Bildnis von CDU-Chef Merz und dem Aufdruck: „Ein Merz. Ein Wortbruch.“
Ein Plakat mit einem Bildnis von CDU-Chef Merz und dem Aufdruck: „Ein Merz. Ein Wortbruch.“ © picture alliance/dpa

„Brandmauer ist Geschichte“ (Grüne)

Vorstand und Mitglieder der Schwerter Grünen nehmen gemeinsam Stellung zu den aktuellen Ereignissen: „Die Brandmauer ist Geschichte. Noch im November hatte Friedrich Merz von der CDU selbst vorgeschlagen, in der unklaren Lage im Bundestag keine Anträge mithilfe der AfD zu beschließen. Es hat nur zwei Monate gedauert, bis dieser Vorschlag in den Wind geschossen wurde.

Der 29. Januar 2025 ist ein Datum, das in die Geschichtsbücher eingehen wird. Es ist das erste Mal, dass seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland etwas gemeinsam mit einer rechtsextremen Partei im Bundestag beschlossen wurde. Es ist bezeichnend, dass Friedrich Merz und die Fraktionen der Union und FDP mitten im Wahlkampf sämtliche Prinzipien demokratischer Parteien fallen lassen.

Wir wissen, dass eine gute Zusammenarbeit mit der CDU möglich ist – das sehen wir hier im Land NRW, das sehen wir in vielen Kommunen – und wir erwarten, dass das auch weiterhin so bleibt. Wo der Zusammenhalt zwischen demokratischen Parteien stark ist, sind Rechtsextreme schwach.

Diesen Weg hat CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz nun verlassen. Er hat bewusst und ohne Not, im Wissen um die Konsequenzen, einen Antrag gestellt, der nur mit den Stimmen der AfD beschlossen werden konnte. Er hat die Brandmauer nicht aus Versehen eingerissen, er hat sie mit Anlauf und Ankündigung übersprungen.

Damit hat er gewählt, auf welcher Seite der Brandmauer er steht. Dadurch hat er sich als demokratischer Politiker selbst disqualifiziert. Jemand, der bereit ist, diesen Kurs zu fahren, darf in diesem Land keine Verantwortung tragen. Als Bundeskanzler ist dieser Mann nicht tragbar.

Über die Inhalte der CDU lässt sich unter Demokratinnen und Demokraten reden und streiten, um am Ende einen Kompromiss zu finden. Über die Zusammenarbeit mit Rechtsextremen nicht. Da kann und darf es keine Kompromisse geben. Das muss unmissverständlich klar sein. Wir stehen dazu, aus Überzeugung. Unser Kanzlerkandidat Robert Habeck verkörpert diese Haltung wie kaum jemand sonst. Herr Merz nicht.

Mit uns wird es auch in Zukunft keine Zusammenarbeit mit rechtsextremen Parteien, mit der AfD geben. Weder auf Bundesebene, noch auf kommunaler Ebene.

Die Positionen sind klar, die Handlungen sprechen für sich. Welchen Kurs dieses Land nimmt, entscheiden nicht die Parteien, sondern die Bürgerinnen und Bürger am 23. Februar bei der Bundestagswahl.“

Teilnehmer halten während einer Demonstration unter dem Motto „Aufstand der Anständigen – Demo für die Brandmauer“ auf der Straße vor der CDU-Parteizentrale Lichter hoch.
Teilnehmer halten während einer Demonstration unter dem Motto „Aufstand der Anständigen – Demo für die Brandmauer“ auf der Straße vor der CDU-Parteizentrale Lichter hoch. © picture alliance/dpa

„Kompromisse sind nötig“ (FDP)

Bei der Schwerter FDP spricht man sich dafür aus, weiter gemeinsam nach Lösungen zu suchen – und appelliert auch an die CDU. Phillip Köhler erklärt: „Wir liberale Kommunalpolitiker können das, was im Bundestagswahlkampf in den letzten Wochen und Tagen geschah, leider genauso wie viele Bürgerinnen und Bürger nur mit Bauchschmerzen verfolgen.

Anstatt dringend notwendige Kompromisse zu einer rechtssicheren Veränderung der Migrationspolitik zu finden, überbieten sich fast alle nur rhetorisch und taktierend.

Wir unterstützen die Haltung der FDP-Bundestagsfraktion, sich an Verhandlungen zu grundlegenden Änderungen in der Migrationspolitik zu beteiligen, ohne aber dafür grundlegende Menschen- und Freiheitsrechte aufzugeben, die unsere Gesellschaft ausmachen. Wir werden weiter verfolgen, wer in den kommenden Wochen welche Worte wählt und Entscheidungen trifft.

An die CDU appellieren wir, Lösungen zur Migrationspolitik zu erarbeiten, die klar besser als AfD-Positionen sind. Und an SPD und Grüne, sich in einen Lösungsprozess aus der demokratischen Mitte einzubringen, anstatt sich auf eine vermeintlich moralische Hoheit zurückzuziehen.“