An zwei Stellen in Schwerte häufen sich riskante Autofahrten Raser sitzen „auf einer Waffe“

„Gefahr für andere“: An zwei Stellen häufen sich riskante Autofahrten
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Röhrende Motoren und quietschende Reifen zählen vor allem an warmen Tagen immer häufiger zur Geräuschkulisse der Innenstadt von Schwerte. Und während Ohren- und Augenzeugen die Köpfe schütteln, wirken die Fahrer meist sehr zufrieden mit ihrem Auftritt – obgleich sie gerade die Geschwindigkeitsbegrenzung deutlich überschritten und somit riskiert haben, Fußgänger oder andere Verkehrsteilnehmer in Gefahr zu bringen.

In Schwerte sind es vor allem zwei Orte, an denen vermehrt riskante Fahrmanöver zu beobachten sind – so die Erfahrung von Peter Blaschke, Quarterback des Vereins für Soziale Integrationshilfen (VSI) Schwerte, und Alexandra Schmalenbach vom VSI-Brücke-Projekt.

Beide machen den hinteren Bereich des Park-and-Ride-Parkplatzes an der Margot-Röttger-Rath-Straße und den Bereich rund um die Kreuzung am Café Extrablatt als Schwerpunkte aus. An der Margot-Röttger-Rath-Straße ist es erst vor Kurzem (17.6.) zu einem Unfall gekommen. Ein Auto mit zwei Insassen war hinter dem Bahnhof von der Straße abgekommen, hatte sich überschlagen und war dann auf den Gleisen gelandet. Auf Nachfrage teilte die Kreispolizeibehörde Unna mit, dass bisher durchgeführte anlassunabhängige Kontrollen am Park-and-Ride-Parkplatz im Nachgang unauffällig verlaufen seien. Diese Kontrollen würden in Zukunft fortgesetzt.

Kreisförmige Reifenspuren sind auf einem Bus-Wendeplatz am Bahnhof in Schwerte zu sehen.
Reifenspuren auf dem Bus-Wendeplatz hinter dem Salzlager am Bahnhof in Schwerte zeugen davon, dass sich dort Autofahrer ausprobieren. © Susanne Hoffmann

Autofans versammeln sich am Bahnhof

An den Park-and-Ride-Parkplätzen am Bahnhof vor dem alten Salzlager versammelt sich vor allem an warmen Abenden eine bunte Szene von Autofans. Die mehrheitlich jungen Leute präsentieren ihre Autos und tauschen sich aus.

„Manche bringen Campingstühle mit, setzen sich hierhin, chillen und grundsätzlich herrscht hier dann oft eine entspannte Atmosphäre“, erklärt Peter Blaschke, der als Quarterback regelmäßig da unterwegs ist, wo sich die Jugend trifft. „Im Großen und Ganzen funktioniert es hier gut“, sagt er.

Doch es gebe auch andere Situationen. „Ich habe schon erlebt, dass ein Auto vom alten Salzlager aus Vollgas gibt und dann Richtung Rewe fährt.“ Den Fahrer des Wagens habe er zur Rede gestellt. Denn: „Er gefährdete sich, seine Partnerin und jeden anderen in der Nähe auch.“ Die Reaktionen auf solche Ansprachen fielen unterschiedlich aus und reichten von Einsicht bis hin zu Ausflüchten wie: „Mein Fuß ist abgerutscht!“

Stetig sensibilisieren

Doch davon lässt sich Peter Blaschke nicht beirren und setzt gemeinsam mit seinem Team weiter auf Aufklärung. „Wir sind ja nicht in der Funktion der Polizei vor Ort, sondern können nur immer wieder sensibilisieren für Gefahren.“

Dass sie damit noch viel zu tun haben, liege angesichts jeder Menge Reifenspuren, die von Bremsvorgängen und anderen Fahrmanövern an den Park-and-Ride-Parkplätzen und auf dem Bus-Wendeplatz hinter dem Salzlager stammen, zwar auf der Hand. Doch für den Quarterback sei das kein Grund, die Szene generell zu verteufeln. „Autos zu präsentieren und sich hier zu treffen, ist ja grundsätzlich vollkommen okay. Doch es gibt eine Grenze. Und die ist da erreicht, wo man sich und andere gefährdet.“

Diese Grenze sieht Peter Blaschke derzeit vor allem rund um das Café Extrablatt immer häufiger überschritten. Dort werde ab der Einfahrt in die Eintrachtstraße bis zur Kreuzung der Hüsingstraße mit der Friedensstraße und dem Nordwall mitunter stark beschleunigt.

Und das ungeachtet anderer Verkehrsteilnehmer in dem Bereich, die zum Beispiel beim Bummeln in der Fußgängerzone unterwegs sind, die Straße überqueren möchten oder auch Gäste im Außenbereich des Cafés sind. „Da sitzt man dann als Autofahrer im Endeffekt auf einer Waffe“, findet Peter Blaschke drastische Worte.

Gesellschaft gefragt

Blaschkes Kollegin Alexandra Schmalenbach betreut im Brücke-Projekt jene jungen Menschen, die wegen Vergehen im Straßenverkehr zum Beispiel Auflagen der Staatsanwaltschaft erfüllen müssen. Sie betont: „Man kann nur immer wieder an die Verantwortung appellieren und die Folgen aufzeigen.“

Dass ein Unfall, bei dem Menschen zu Schaden kommen, das schlimmste Szenario sei, stehe außer Frage. Doch auch vermeintlich kleinere Grenzüberschreitungen seien kein Kavaliersdelikt und könnten sich läppern. „Viele Jugendliche, die mit jetzt mit E-Rollern herumdüsen, ahnen nicht, dass sie ihren Auto-Führerschein gefährden, wenn sie oft damit auffällig werden“, erklärt Alexandra Schmalenbach.

Zugenommen habe die autoaffine Jugendszene in Schwerte im Übrigen nicht, sagt Peter Blaschke, der seit 17 Jahren als Quarterback in der Ruhrstadt unterwegs ist. „Dass junge Leute sich ausprobieren, ist ein Klassiker. Jeder von uns hat doch Momente erlebt, wo man zugeben musste: Das war knapp.“ Dafür, dass nicht mehr daraus wird, seien die jungen Leute aber nicht allein verantwortlich, gefragt sei die ganze Gesellschaft.

Fahrlehrer zum Beispiel, Eltern, die ihren Sprösslingen hochmotorisierte Fahrzeuge kaufen, aber auch Arbeitgeber, wenn sie mitbekommen, dass jemand sich ein PS-starkes Fahrzeug kaufen möchte. „Das hat nichts mit Spießigkeit zu tun.“ Es gehe vielmehr darum, hinzuschauen, was die jungen Leute machen.

Alternativen zum Ausprobieren

Das gelte etwa auch für Bürger, die in der Innenstadt mitbekommen, dass Auto- oder Motorradfahrer immer wieder auf riskante Weise Runden drehen. Das könne man durchaus der Leitstelle der Polizei mitteilen. Blaschke dazu: „Wenn jemand offensichtlich am Steuer außer Rand und Band ist, dann sollte die Polizei schon davon erfahren. Denn nur so kann bei der Polizei eine Lage entstehen und reagiert werden.“

Und noch ein Tipp von Peter Blaschke und Alexandra Schmalenbach: „Wer sich und sein Fahrvermögen testen will, kann das bei einem Verkehrssicherheitstraining tun. Oder sich ein Zeitfenster auf dem Nürburgring buchen.“

Ein Schild am alten Salzlager am Bahnhof in Schwerte verbietet Durchfahrten vom Pendlerparkplatz in Richtung Wandhofen.
Ein neues Schild am alten Salzlager verbietet Durchfahrten vom Pendlerparkplatz in Richtung Wandhofen. © Susanne Hoffmann