40 Jahre in der Arztpraxis Spanke „Am ersten Tag dachte ich: Das kann ich nicht machen!“

40 Jahre in der Praxis Spanke: „Am ersten Tag dachte ich: Das kann ich nicht!“
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Früher hieß der Beruf „Arzthelferin“ – inzwischen heißt es „Medizinische Fachangestellte“ (MFA). Seit vier Jahrzehnten arbeiten Anette Seidel (60) und Nada Tadic (56) in der Schwerter Praxis Spanke. Mit uns haben sie über die Herausforderungen ihres Jobs gesprochen, über einen Schreck am ersten Arbeitstag – und über streng geheime Anekdoten.

40 Jahre sind eine lange Zeit. Haben Sie beide auch Ihre Ausbildung in der Praxis Spanke gemacht?

Nada Tadic: „Ja, ich bin seit August 1983 hier. Ich habe damals mit 16 Jahren meine Lehre als Arzthelferin begonnen. Inzwischen habe ich zwei Söhne und zwei Enkelkinder und arbeite immer noch hier. Und zwar sehr gerne.“

Anette Seidel: „Ich habe erst eine Ausbildung bei einem Orthopäden gemacht, danach ein Jahr bei einem anderen Orthopäden gearbeitet. Dort war ich nicht sehr glücklich. Eines Tages hat der Arzt, der mich ausgebildet hat, angerufen und gesagt, er habe einen Vorstellungstermin bei Dr. Stephan Spanke für mich verabredet. Da sollte ich direkt nachmittags hin. Und so hatte ich einen neuen Job. Am ersten Oktober 1983 habe ich hier begonnen, da war ich 20 Jahre alt.“

Können Sie sich noch an die erste Zeit erinnern?

Nada Tadic: „Früher war natürlich vieles anders. In den Anfängen war es hier ein ganz anderes Arbeiten: Wir haben Berichte in Karteikarten eingetragen, alle Abrechnungen und Rezepte machte man handschriftlich. Was wir auf jeden Fall seitdem beide gut können: Handschriften von Ärzten entziffern.“

Anette Seidel: „Ich bin mit meinen Aufgaben gewachsen. An den ersten Tag erinnere ich mich genau: Es gab viel zu tun, und abends machte der Chef einen kleineren chirurgischen Eingriff, bei dem ich zugeschaut habe. Ich war schockiert und dachte: Oh Gott, das mache ich nicht noch mal! (lacht) Aber zum Glück bin ich dann doch geblieben.“

Sie betonen, dass es Ihnen hier gut gefällt. Woran liegt das?

Nada Tadic: „Es ist sehr familiär. Wir sind hier praktisch erwachsen geworden. Stephan Spanke war für mich wie eine Vaterfigur. Alle Sorgen, die ein junges Mädchen so hat, konnte man mit ihm besprechen. Ich konnte ihm alles erzählen.“

Anette Seidel: „Ja, er hat auch nie wirklich loslassen können. Stephan Spanke war ein Arzt mit Leib und Seele. Als er Anfang März unerwartet starb, war das für uns alle völlig unfassbar. Auch heute noch ist die Praxis eine große Familie – zumal unser Chef Theodor Spanke ja bereits seit 1992 dabei ist. Er ist nicht nur ein guter Arzt, sondern einfach ein toller Mensch. Seine Frau Sabine managt die Praxis – sie hat immer für jeden ein offenes Ohr. Und Neffe Max Spanke ist in diesem Spätsommer ebenfalls dazugekommen.“

Auch die Patienten lernt man in vier Jahrzehnten sicher gut kennen.

Nada Tadic: „Auf jeden Fall. Wir kennen teilweise die gesamte Familiengeschichte. Und auch heute noch bleiben die Leute der Praxis treu. Das hat sicher damit zu tun, dass unser Ärzteteam und wir allesamt unsere Patienten mit Leidenschaft betreuen. Trotz des enormen Verwaltungsaufwands versuchen wir zwischendurch immer, ein kleines Pläuschchen zu halten.“

Anette Seidel: „Wir haben viele kommen und gehen sehen, vom Enkelkind bis zur Großmutter. Man trifft einen kleinen Jungen, und jetzt ist der plötzlich zwei Köpfe größer. Das ist sehr schön. Leider hat man heute etwas weniger Zeit, um so mit den Leuten zu reden wie früher. Da hat man manchmal weiter gequatscht, obwohl der Arzt schon in der Tür stand.“

Gab es auch Momente, an die Sie sich nicht so gern erinnern?

Nada Tadic: „Die Corona-Zeit war herausfordernd. Damals haben wir in zwei Teams gearbeitet, um uns nicht zu infizieren.“

Anette Seidel: „Ich habe während der Pandemie meine 20 Wochenstunden an zwei Tagen abgearbeitet und war dann von frühmorgens bis abends da. Es war uns wichtig, die Patienten versorgen zu können. Und dann war da noch dieser Meningitis-Ausbruch, da standen an einem Morgen plötzlich ganz viele Kinder mit ihren Eltern bei uns in der Praxis. Ein Riesen-Ansturm. Das war ein schlimmer Tag.“

Anette Seidel, Nada Tadic. Max Spanke, Arztpraxis Spanke in Schwerte
Die nächste Generation: Anette Seidel (l.) und Nada Tadic mit Max Spanke, dem Neffen von Stephan und Theodor Spanke. Er ist seit dem Spätsommer als Arzt in der Praxis tätig. © Martina Niehaus

Ist auch manchmal etwas richtig Lustiges passiert?

Nada Tadic: „Oh ja, sehr häufig. Es gibt unheimlich viele Anekdoten aus dem Praxis-Alltag. Am besten konnte der Chef, also Stephan Spanke, die erzählen. Auf unseren Weihnachtsfeiern zum Beispiel.“

Erzählen Sie doch mal eine.

Anette Seidel (lacht) : „Bloß nicht, das können wir auf gar keinen Fall machen. Das ist doch ein Geheimnis. Unsere Patienten müssen uns schließlich vertrauen können.“

Das ist schade. Aber schön zu wissen, dass Sie alle gern zusammen lachen.

Nada Tadic: „Wir haben viel Spaß zusammen. Natürlich gibt es auch mal Stress, das ist ganz klar. Aber es funktioniert. Wenn das Telefon mal nicht klingelt, bekommen wir richtige Langeweile.“ (lacht)

Anette Seidel: „Als ich meine Tochter bekam, habe ich so schnell wie möglich wieder anfangen wollen zu arbeiten. Sonst wäre mir die Decke auf den Kopf gefallen. Auch wenn es hier mal Konflikte gibt, sind die schnell wieder aus der Welt. Und wenn ich aus dem Urlaub komme, denke ich zwar: Doof, wieder früh aufstehen. Aber ich fühle mich, als würde ich nach Hause kommen.“

Theodor Spanke, Sabine Spanke, Max Spanke, Nada Tadic, Anette Seidel, Praxis Spanke in Schwerte
Ein gutes Team (v.l.): Theodor und Sabine Spanke, Max Spanke, Nada Tadic und Anette Seidel vor der Praxis. © Martina Niehaus

Würden Sie jungen Leuten heute empfehlen, als MFA zu arbeiten?

Nada Tadic: „Ich würde es genauso wieder machen. Es ist ein Beruf, in dem man Menschen helfen kann. Das finde ich wichtig. Denn das ist etwas, was in der heutigen Zeit verloren gegangen ist. Für uns ist der Beruf zur Berufung geworden.“

Anette Seidel: „Ich hätte mir nie vorstellen können, acht Stunden in irgendeinem Büro zu hocken. Ich brauche den Kontakt zu Menschen: den Ärzten, Patienten, dem Team. Ich habe dem Chef letztens noch gesagt: Solange Sie bleiben, bleibe ich auch. Ans Aufhören denke ich noch lange nicht.“

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