Mit der Digitalisierung, die an Schulen seit einigen Jahren Einzug hält, kommen auch regelmäßig Kritik und Fragen auf. Zuletzt hatte unsere Redaktion mit einem Abiturienten aus Dortmund gesprochen, der uns über „Schummeleien“ mithilfe des iPads berichtet hatte. Ein Vater hatte beklagt, dass sein Sohn (13) durch das ständige Arbeiten mit dem Tablet praktisch mediensüchtig geworden sei.
Der aus Schwerte stammende Medienpädagoge Daniel Schlep wiederholt in dem Zusammenhang häufig, dass iPads grundsätzlich konsumorientierte Geräte seien – und weist darauf hin, dass es für Schülerinnen und Schüler nicht gut sei, ständigem Account-Zwang, Werbung und Datenabgriff ausgesetzt zu sein.
Heiko Klanke ist Leiter des Friedrich-Bährens-Gymnasiums in Schwerte. Einige Argumente des Medienpädagogen kann er durchaus nachvollziehen – unter anderem sagt er: „Beim Thema Datenschutz ist der Faktor Mensch das Hauptrisiko.“ Andere Punkte hingegen sieht Klanke ganz anders.
Als Schulleiter sieht er sich verpflichtet, Medienkompetenz zu vermitteln – innerhalb des Kollegiums, im Unterricht und auf Elternabenden. Wir haben mit ihm über das Thema Digitalisierung gesprochen.
Viele Schülerinnen und Schüler nutzen im Unterricht und zu Hause Tablets – allen voran das iPad. Was sagen Sie zu dem Vorwurf, dass es sich dabei um ein Gerät handelt, das vornehmlich dem privaten Konsum dient?
Es ist die Entscheidung der Eltern, ob das Tablet zum Konsum genutzt wird. Sobald die Kinder in den iPad-Klassen die Schule betreten und in unser Netz kommen, können wir das Ganze kontrollieren. Da sind gewisse Apps dann entsprechend gesperrt.
Zu Hause ist es ein ähnliches Problem wie man es früher mit dem Fernseher hatte. Stelle ich dem Kind einen Fernseher ins Kinderzimmer, muss ich damit rechnen, dass es dort auch ständig guckt. Beim Tablet ist es zugegebenermaßen komplizierter und schwerer zu kontrollieren.
Also ist hier auch die Medienkompetenz der Eltern gefragt.
Ganz genau. Die Digitalisierung ist ein Prozess, in dem wir schon viel gelernt haben, in dem wir aber auch noch viel lernen müssen. Auch wenn ich glaube, dass wir schon sehr weit sind. Wir veranstalten zunehmend Elternabende zum Thema. Damit Eltern Möglichkeiten sehen, mit denen sie ihre Kinder unterstützen können.
Zurück zur Schule: Wie verhindern Sie heimliches Zalando-Shopping während des Unterrichts?
Zunächst einmal mit der Sperrung der Apps, wie ich bereits beschrieben habe. Wir treffen außerdem mit unseren Eltern bestimmte Nutzungsvereinbarungen. Natürlich können wir nicht ständig jedes Tablet kontrollieren. Aber wenn wir merken, dass eine Schülerin oder ein Schüler während des Unterrichts damit Unfug macht, dann landet das Gerät bei der Lehrkraft und wird erst nach dem Unterricht zurückgegeben. Wiederholen sich solche Vorfälle, wird das Tablet an die Erziehungsberechtigten ausgehändigt, die müssen es dann abholen.

Die meisten Schulen arbeiten mit iPads. Warum müssen es eigentlich Apple-Geräte sein?
Die Digitalisierungs-Offensive ist gerade der größte Prozess der vergangenen 30 Jahre. Und da bieten die Apple-Geräte gerade einfach das beste Gesamtkonzept. Die Bedienung ist intuitiv, im Klassenraum bietet sich damit ein großer pädagogischer Mehrwert. Unterrichtsprozesse werden einfacher gemacht. Wir brauchen keine Overhead-Projektoren mehr, jeder kann schnell und unkompliziert seinen Bildschirm teilen. Partnerarbeit ist möglich, während die Teammitglieder auf ihren Plätzen sitzen bleiben. Denn sie können sich über die Tablets austauschen.
Das ginge doch sicher auch mit anderen Geräten, oder?
Natürlich hinterfragen wir Dinge wie Apple auch. Man macht sich abhängig. Da stellt sich die Frage, welche anderen Möglichkeiten es gibt. Das Betriebssystem Linux ist interessant, aber ich brauche auch einfach einheitliche Hardware-Geräte und Systeme, die funktionieren. Und da war Apple bisher der einzige Anbieter für uns, der das mitgebracht hat.
Und es funktioniert gut?
Ich sehe die momentane Entwicklung als einen Quantensprung an. Wenn beispielsweise Kollegen erkranken, können sie Material zur Verfügung stellen, sodass wir viel mehr Fachvertretung bieten können als früher.
Ein häufiger Vorwurf ist, dass Lehrkräfte selbst nicht ausreichend geschult sind.
Schulungen müssen regelmäßig stattfinden. Bei uns ist das so. Wir haben mehrere sehr technikaffine Kollegen, die helfen können. Und gute Leute bei der Stadt, die uns ebenfalls unterstützen.
Natürlich kennt sich nicht jeder gleich gut mit der Technik aus. Man muss insgesamt eine Kultur schaffen, in der man sich zu dem Thema regelmäßig fortbildet. Und es muss lebensnah sein. Vieles wird einem allerdings aufgestülpt – von Experten, die mit der Unterrichtswirklichkeit wenig zu tun haben. Was wir brauchen, ist ein ehrlicher Austausch auf Augenhöhe.

Schüler brauchen auch regelmäßige Anleitung für den Umgang mit Tablets. Viele wissen nicht einmal, wie man ein Dokument an eine E-Mail anhängt.
Unbedingt. Wir fühlen uns verpflichtet, Medienkompetenz zu vermitteln. Die Schülerinnen und Schüler sollen die Technik hinterfragen und reflektiert anwenden – zum Beispiel richtiges Recherchieren im Internet. Dazu gibt es Kurse, die altersadäquat mit solchen Themen umgehen.
Glauben Sie nicht, dass das ständige Arbeiten mit dem Tablet bei Kindern und Jugendlichen auf Dauer zu Stress führt?
Es muss Regeln geben, und das Ding muss man auch manchmal einfach ausmachen. Es darf nicht sein, dass Lehrkräfte abends um 20 Uhr noch Nachrichten schicken und dann erwarten, dass die Kinder da noch reinschauen. Da haben sich Eltern anfangs auch schon mal zu Recht beschwert. Und da würde ich die entsprechenden Kollegen auch sofort ansprechen.
Insgesamt glaube ich, das Zusammenspiel zwischen der technischen Innovation und dem pädagogischen Konzept muss stimmen. Dann bietet die Digitalisierung einen großen Mehrwert.
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