Während der Pause texten sie WhatsApps oder stecken den Kopf über TikTok-Videos auf dem Smartphone zusammen, anstatt miteinander zu quatschen. Manche machen Fotos von Mitschülern auf der Toilette – oder mobben sie, indem sie Nachrichten verschicken.
Kaum jemand kann sich noch auf den Unterricht konzentrieren: Der Griff ans Smartphone in der Hosentasche ist auch an Schulen selbstverständlich geworden. Jörg Girrulat, Leiter der Europaschule in Dortmund-Wambel, hat auf dem Schulgelände die Handynutzung jetzt verboten - um die negativen Auswirkungen einzudämmen. Die Nutzung habe „Ausmaße angenommen, die nicht mehr zu kontrollieren waren“, sagt er. Die Geräte müssen in der Tasche bleiben - wer bei der Nutzung erwischt wird, muss es bis zum Mittag abgeben.
Ist das wirklich neu? Wir haben bei den vier weiterführenden Schwerter Schulen nachgefragt, wie man dort mit dem Thema Smartphone-Nutzung umgeht und was sie von einem kompletten Handyverbot auf dem Schulgelände halten. Die Antworten sind deutlich - und überraschend. Denn an der Gesamtschule Gänsewinkel (GSG), der Theodor-Fleitmann-Gesamtschule (TFG), dem Ruhrtal-Gymnasium (RTG) und dem Friedrich-Bährens-Gymnasium (FBG) ist das „neu“ eingeführte Verbot, von dem der Schulleiter der Dortmunder Schule spricht, gewissermaßen ein „alter Hut“. Sie alle praktizieren die Regel schon seit langem: Die Benutzung des Handys auf dem Schulgelände ist tabu.
Theodor-Fleitmann-Gesamtschule

So erklärt Julia Brinkhoff, Leiterin der TFG: „Wir diskutieren häufig und intensiv über dieses spannende Thema.“ Sie sieht das Suchtpotential, das sich in nachgewiesenen Nutzungszeiten der Geräte von bis zu 16 Stunden niederschlage. Wenn dann noch ein paar Stündchen für Schlaf, Essen und die Schule hinzukommen, bedeutet das, dass manche Kinder und Jugendliche rund um die Uhr am Handy „hängen“.
Sehr ungesund, findet Eva Brinkhoff. „Handys können viel Schaden anrichten.“ Sie erklärt, dass die Handynutzung auf dem Schulgelände per Schulordnung verboten ist. Gerade in den Pausen soll es nicht benutzt werden. „Die Kinder sollen doch miteinander reden, sich bewegen oder kreativ werden. Und nicht ‚daddeln‘.“
Natürlich versuchen viele es trotzdem. „Unsere Augen sind ja nicht überall.“ Wer erwischt wird, muss sein Gerät abgeben und darf es nach Schulschluss dann im Sekretariat abholen. Nur im Unterricht und auf ausdrückliche Erlaubnis der Lehrkräfte dürfe das Smartphone verwendet werden – zum Beispiel zu Recherchezwecken. „Darauf sind wir manchmal eben angewiesen.“
Gesamtschule Gänsewinkel

An der GSG sieht es ähnlich aus. „Im gesamten Schulgebäude ist der private Umgang mit mobilen Endgeräten, also Handys oder iPads, nicht erlaubt“, erklärt Schulleiterin Eva Graß-Marx. Alle Geräte würden nur auf Anweisung der Lehrkraft für unterrichtliche Zwecke genutzt. Ansonsten müssten sie in der Schultasche bleiben.
Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I dürfen allerdings laut Schulordnung während der Mittagspause ihre iPads im Selbstlernzentrum für unterrichtliche Zwecke nutzen. Den älteren Jugendlichen ab der Sek II sei es erlaubt, ihre digitalen Endgeräte während der Pausen in den Aufenthaltsräumen der Sek II sowie außerhalb der Pausenzeiten in Freistunden im Schülercafé zu nutzen.
Bei Regelverstößen läuft es an der GSG ähnlich wie an der TFG: Das Gerät wird eingesammelt und für den laufenden Tag im Sekretariat deponiert - nach Schulschluss darf es gegen Vorlage des Logbuchs abgeholt werden. Das bedeutet, dass die Eltern auch über den Verstoß informiert werden.
Ruhrtal-Gymnasium

Am Ruhrtal-Gymnasium sind Smartphones und Smartwatches laut Schulordnung grundsätzlich nicht auf dem Gelände gestattet, erklärt Schulleiterin Bärbel Eschmann. „Gerade die Kleinen sollen so wenig Anlässe wie möglich haben, auf das Gerät zu schauen.“ In der Oberstufe dürfe man sein Smartphone in den Freistunden in bestimmten Bereichen benutzen.
In den Pausen wünschen sich die Lehrkräfte ebenfalls eine Kommunikation „Face to Face“ anstatt über WhatsApp - doch so manche Kinder und Jugendlichen versuchten gern, sich der Kontrolle zu entziehen, und benutzen ihr Smartphone trotzdem. Auf der nächsten Konferenz wolle man daher einige Regeln noch einmal präzisieren. Klar ist auch am RTG: Wer erwischt wird, der muss sein Gerät abgeben. Nach Schulschluss bekommt man es zurück. Beim dritten Verstoß werden allerdings die Eltern informiert. „Dann gibt es möglicherweise ein Gespräch über die Einhaltung von Schulregeln.“
Friedrich-Bährens-Gymnasium

Heiko Klanke, Schulleiter des Friedrich-Bährens-Gymnasiums, erklärt, dass es schon seit Jahren eine entsprechende Regelung für die Nutzung digitaler Endgeräte gebe. Diese habe man auf der Schulkonferenz beschlossen – deren Anerkennung werde durch die Eltern unterschrieben. Die Regelung gelte für alle digitalen Endgeräte.
Das bedeutet, dass auch iPads eingezogen werden können, auf denen auch Unterrichtsmaterialien abgespeichert sind. „Ich sehe hier kein Problem, denn kein Schüler muss auf sein Endgerät verzichten, wenn er sich an die Regeln hält.“ Es gehe ja um die Verhinderung von Missbrauch. „Die Lehrkräfte sorgen dann für analoges Material. Im Straßenverkehr muss man ja auch den Führerschein abgeben, wenn ein schwerwiegender Verstoß vorliegt - selbst wenn man das Auto dringend braucht, um zur Arbeit zu kommen.“

Dass über manche Regeln trotzdem immer wieder diskutiert wird, ist den Schwerter Schulleitungen klar. Heiko Klanke sagt: „Ich würde mir eine landeseinheitliche Regelung wünschen. Der Landesgesetzgeber stiehlt sich hier aus der Verantwortung.“ Eva Brinkhoff ist da ganz an seiner Seite. „So gäbe es weniger Diskussionen. Klar ist: Ohne Handy sind doch alle viel freier im Kopf.“ Und Bärbel Eschmann erzählt davon, dass Eltern sie zuletzt sogar einmal gebeten hätten, das Handy ihres Kindes übers Wochenende im Schul-Tresor einzuschließen. „Da sieht man die Not der Eltern, selbst Regeln aufzustellen.“ Sie habe das Handy daraufhin tatsächlich weggeschlossen, sagt sie und lacht. „Man muss Eltern ja bei der Erziehung unterstützen.“