
© Reinhard Schmitz
Wie am Fließband: Zur Oma ins Altenheim geht’s nur noch mit Corona-Schnelltest
Corona in Schwerte
Ohne Schnelltest kein Einlass. Das gilt seit Heiligabend auch für Besucher des Johannes-Mergenthaler-Hauses in Schwerte. Der Aufwand ist enorm, 50 Tests an einem Nachmittag sind keine Seltenheit.
Stäbchen in die Nase – oder die Altenheim-Tür bleibt zu. Am Corona-Schnelltest führt kein Weg vorbei für die Besucher des Johannes-Mergenthaler-Hauses an der Liethstraße in Schwerte. Wie für alle Senioren-Einrichtungen hat es die NRW-Landesregierung seit Heiligabend so vorgeschrieben. „Das war ein schönes Weihnachtsgeschenk“, sagt Heimleiterin Iris Dotschkal, die erst drei Tage vorher von der Anordnung erfuhr.
Aber woher das Personal nehmen für den zusätzlichen Aufwand? „Allein am Montag haben wir 50 Tests gemacht“, verdeutlicht sie und ist umso dankbarer für die Unterstützung, die das Deutsche Rote Kreuz (DRK) Schwerte angeboten hat.
Die Heimleiterin hat die Prozedur schon 25-mal hinter sich
Schon seit Heiligabend und auch über Weihnachten sind die ehrenamtlichen Helfer jeden Tag im Einsatz, um die Besuchszeiten von 14 bis 17.30 Uhr sicher zu gewährleisten. Ihre Teststation in der Cafeteria öffnen sie sogar jeweils schon um 13 Uhr, damit vor dem Besucheransturm auch die rund 100 Mitarbeiter auf Corona untersucht werden können.
Diese Möglichkeit muss ihnen alle drei Tage geboten werden. Eine unangenehme Prozedur. „Aber man gewöhnt sich dran“, sagt Iris Dotschkal: „Ich habe ungefähr 25 Tests hinter mir – es gibt Schlimmeres.“

DRK-Helferin Gina Möllenhoff tropft die Probe aus dem Nasenbereich einer Heimbesucherin auf das Corona-Teststäbchen. Dann muss 15 Minuten auf das Ergebnis gewartet werden. © Reinhard Schmitz
Wer vom Empfangs-Dienst bis zur Teststation vorgelassen wird, hat im Windfang an der Haustür schon Fragen zu möglichen Symptomen beantwortet, seine Adressdaten in einer Liste hinterlassen und seine Körpertemperatur messen lassen. Weitere Daten nimmt dann das DRK auf.
Martin Kolöchter, der stellvertretende Vorsitzende, sitzt selbst im gelben Kittel, mit Haar-Häubchen, Handschuhen und Schutzmaske an dem zum Mini-Büro umfunktionierten Esstisch. Er opfert die Zeit, die er durch die Betriebsferien seiner Werbeagentur gewonnen hat, für den Einsatz im Altenheim. Viele andere Rotkreuzler machen es genauso: „Nur deswegen können wir das stemmen.“
Zuerst einmal bis zum 3. Januar. Und dann werde man schauen, was die Regierung wieder beschließe.
Es sind immer wechselnde Zweier-Teams vom DRK, die mit dem Bulli vorfahren. Gina Möllenhoff, die Martin Kolöchter diesmal begleitet, nimmt hinter einer Sichtschutzwand die Proben. Ausschließlich in die Nase der Besucher führt sie das Stäbchen ein. Anschließend werden die Proben mit einer Flüssigkeit auf das Teststäbchen getropft. Und dann heißt es: 15 Minuten warten. Eine ganze Batterie von elektronischen Weckern sorgt auf dem Labortisch dafür, diese Zeitspanne bei den vielen Tests zu überwachen.

Martin Kolöchter, stellvertetender Vorsitzender des Roten Kreuzes Schwerte, übernimmt im Klara-Röhrscheidt-Haus ehrenamtlich die Buchführung für die Coronatests der Besucher. © Reinhard Schmitz
Wenn der Strich auf der Testskala anschließend im Bereich „C“ wie negativ steht, ist alles okay, und die Besucher können auf das gewünschte Bewohnerzimmer geführt werden. Bei „T“ würde die Anzeige Corona-positiv bedeuten, was allerdings laut Iris Dotschkal bislang glücklicherweise noch nicht vorgekommen ist: „Dann müsste das sofort dem Gesundheitsamt gemeldet werden.“
Für diesen Fall hat sie den Helfern vom Roten Kreuz ihre Rufbereitschaftsnummer gegeben, die sich übrigens jedes Mal als Allererste selbst auf Corona-Freiheit prüfen. „Sonst wäre das der schlimmste Fall“, erklärt Martin Kolöchter: „Das wäre ja ein Super-Spreader.“ Um das zu verhindern, nimmt er den Test in Kauf.
„Gerade in diesem Jahr freut es mich umso mehr, dass es Menschen gibt, die nicht nur an sich selbst denken“, lobt Iris Dotschkal den Einsatz der Rotkreuzler, die den 92 Bewohnern den Besuchsempfang ermöglichen. Es wird alles getan, damit es in dem Haus nicht noch einmal zu einer Quarantäne kommt wie in den zwei Wochen vor dem Heiligen Abend.
Die waren auch für alle Mitarbeiter schlimm, die in „Tunnel-Quarantäne“ nur mit dem Pkw von der Wohnung zur Arbeit und zurück fahren durften. „Nicht einkaufen, nicht tanken“, sagt die Heimleiterin, die selbst alle Einschränkungen erlebte: „Das wissen die meisten Angehörigen gar nicht.“
Reinhard Schmitz, in Schwerte geboren, schrieb und fotografierte schon während des Studiums für die Ruhr Nachrichten. Seit 1991 ist er als Redakteur in seiner Heimatstadt im Einsatz und begeistert, dass es dort immer noch Neues zu entdecken gibt.
