Grüne im Freudentaumel: Die Co-Vorsitzenden Regina Ranft und Maximilian Ziel (von links) neben den Parteiurgesteinen Herbert Goldmann und Jochen Nadolski-Voigt. Am rechten Bildschirmrand ein zufriedener CDU-Direktkandidat Marcal Zilian, hinten eine frustrierte Susanne Schneider (FDP) – sie wird dem neuen Landtag wohl nicht mehr angehören.

Grüne im Freudentaumel: Die Co-Vorsitzenden Regina Ranft und Maximilian Ziel (von links) neben den Parteiurgesteinen Herbert Goldmann und Jochen Nadolski-Voigt. Am rechten Bildschirmrand ein zufriedener CDU-Direktkandidat Marcal Zilian, hinten eine frustrierte Susanne Schneider (FDP) – sie wird dem neuen Landtag wohl nicht mehr angehören. © Udo Hennes

„Richtig Kacke!“: Ein frustrierter Wahlsieger und Grüne im Freudentaumel

rnLandtagswahl 2022

Trauerstimmung bei SPD und FDP, Glückseligkeit bei der CDU – und eine Beckerfaust bei den Grünen: Im Kreishaus Unna lagen Frust und Freude am Sonntagabend dicht beieinander.

von Alexander Heine

Kreis Unna

, 15.05.2022, 21:32 Uhr / Lesedauer: 2 min

„Richtig Kacke!“ Worte, wie man sie von einem Wahlsieger eher nicht erwarten würde. Hartmut Ganzke (SPD) aber brachte seine Gefühlslage am Sonntagabend in Anbetracht der Landtagswahl in NRW genau so zum Ausdruck.

Dass er nach 2012 und 2017 zum dritten Mal in Folge das Direktmandat im Wahlkreis Unna I holte, wurde von der historischen Wahlniederlage seiner Partei in Nordrhein-Westfalen überschattet. Entsprechend niedergeschlagen war die Stimmung bei dem 56-jährigen Landtagsabgeordneten: Schon bei der ersten Prognose verzog er die Mundwinkel – auch, dass er in seinem Wahlkreis besser abschnitt als seine Partei, war kein wirklicher Stimmungsaufheller mehr. Die von der Bundestagswahl noch beseelte NRW-SPD ist am Sonntagabend hart aufgeschlagen auf dem Boden der Realität: 2022 übertrifft sogar das Wahldebakel mit Hannelore Kraft 2017.

Hartmut Ganzke (SPD) gewann das Direktmandat im Wahlkreis Unna I – seine Partei aber erlebte eine historische Niederlage, was auch in Unna die Stimmung drückte.

Hartmut Ganzke (SPD) gewann das Direktmandat im Wahlkreis Unna I – seine Partei aber erlebte eine historische Niederlage, was auch in Unna die Stimmung drückte. © Udo Hennes

„Es gab keine Wechselstimmung“, machte Ganzke als Ursache für die Niederlage der SPD aus. „Wir konnten nicht sagen, was wir besser machen wollten als die anderen.“ Auch SPD-Unterbezirkschef Oliver Kaczmarek räumte in einer ersten Reaktion ein: „Uns fehlten die landespolitischen Themen“; um auch gleich den Ball der Oppositionspartei zu spielen. „Ich weiß nicht, wie das mit Schwarz-Grün funktionieren soll“, verwies er auf seiner Ansicht nach tiefe politische Gräben zwischen CDU und Bündnis 90/Die Grünen.

Ganz anders die Einschätzung von CDU-Kreisparteichef Marco Morten Pufke: „Schwarz-Grün ist eine echte Option, das funktioniert in NRW beispielsweise auf LWL-Ebene inhaltlich sehr gut“, so Pufke. Dass die CDU die Wahl am Ende so deutlich gewonnen habe, sei Ergebnis einer sehr guten, inhaltlichen politischen Arbeit. „Hendrik Wüst kann es – und wir hatten noch nie so eine kommunalfreundliche Politik wie jetzt mit unserer Ministerin Ina Scharrenbach.“ Scharrenbach kommt bekanntlich aus Kamen. Auch für den CDU-Direktkandidat Marcal Zilian war Pufke voll des Lobes: Sein Ergebnis sei ein vielversprechendes für die Zukunft, so der CDU-Kreisparteichef.

Jubelstürme bei Bündnis 90/Die Grünen

Es liegt in der Natur der Sache, dass Freud und Leid an so einem Wahlabend nah beieinander liegen. Die Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen brachen im Kreishaus in Anbetracht des Abschneidens ihrer Party in Jubelstürme aus: Kreisparteichefin Regina Ranft und ihr Co-Vorsitzender Maximilian Ziel ballten die Fäuste.

„Die Wählerinnen und Wähler haben verstanden: Wer grüne Politik will, muss grün wählen“, sagte Ranft im Verlaufe des Wahlabends in Anbetracht deutlicher Stimmenzuwächse. Mit ihrem Direktkandidaten Hans Hierweck aus Schwerte holten die Bündnisgrünen im Wahlkreis Unna I zudem das bislang beste Ergebnis im Wahlkreis Unna I.

Schneider (FDP) raus aus dem Landtag

Dafür erlebte Susanne Schneider (FDP) einen ganz, ganz bitteren Wahlabend. Die rührige Landtagsabgeordnete aus Schwerte wird ihren Schreibtisch in Düsseldorf wohl verlieren: Die Liberalen hätten auf Landesebene rund sechs bis sieben Prozent holen müssen, damit Schneider über die Landesliste in den Landtag einzieht; entsprechend fassungslos reagierte sie auf die ersten Zahlen.

Selten sieht man Susanne Schneider (FDP) so niedergeschlagen – in Anbetracht ihres Ausscheidens aus dem Landtag fiel es selbst der Optimistin schwer, positiv gestimmt zu bleiben.

Selten sieht man Susanne Schneider (FDP) so niedergeschlagen – in Anbetracht ihres Ausscheidens aus dem Landtag fiel es selbst der Optimistin schwer, positiv gestimmt zu bleiben. © Udo Hennes

Ihren Optimismus verlor die FDP-Kreisparteichefin gleichwohl nicht gänzlich: „Der Abend ist noch lang“, sagte sie in einer ersten Reaktion. Bundespolitik habe einiges ausgemacht, so Schneider. „Die klassischen FDP-Themen kamen zum Schluss einfach nicht mehr durch, man wird das Wahlergebnis in den kommenden Tagen analysieren müssen.“

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