Personalnot bei der Feuerwehr in Schwerte Rettungsdienst Reinoldus zeigt Lösungen auf

Personalnot beim Rettungsdienst: Reinoldus zeigt Lösungen auf
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Bei der Feuerwehr in Schwerte herrscht Personalmangel – Stand Mitte Juni sind rund zehn von insgesamt 78 Vollzeitstellen unbesetzt. Ein deutschlandweites Problem, wie die Stadt und der Kreis Unna gemeinsam erklärten.

Das führt allerdings dazu, dass regelmäßig Einsatzwagen im Rettungsdienst abgezogen werden müssen. Ein weiteres Problem: Das DRK und der Malteser Hilfsdienst, die Jahrzehnte den Rettungsdienst verstärkt hatten, hatten die Zusammenarbeit mit der Stadt Anfang 2023 beendet. Ein Grund: Das DRK hatte sich umfassendere Dienstzeiten gewünscht.

Das jedoch konnte die Stadt nicht leisten – eine Fortsetzung der Zusammenarbeit hätte eine „verpflichtende Ausschreibung“ zur Folge gehabt. Man habe nicht garantieren können, dass die ortsansässigen Hilfsorganisationen den Zuschlag erhalten hätten, da landesweit private Anbieter auf dem Markt aktiv seien.

Fachkräfte- und Personalmangel betrifft viele Branchen. Doch was kann die Lösung für die Feuerwehren sein?
Fachkräfte- und Personalmangel betrifft viele Branchen. Doch was kann die Lösung für die Feuerwehren sein? © Bernd Paulitschke

Zu diesen privaten Anbietern gehört auch die gemeinnützige Reinoldus Rettungsdienst gGmbH, die den Kreis Unna als Leistungserbringer im Rettungsdienst und Bevölkerungsschutz seit 2020 unterstützt – mit inzwischen fünf RTWs (Rettungswagen) und sechs KTWs (Krankentransportwagen) vorwiegend in Unna, Fröndenberg und Holzwickede.

Darüber hinaus besetzt Reinoldus für die Feuerwehr in Menden seit März einen Tages-RTW, da der Bedarfsplan hier eine kurzfristige Erweiterung vorsah und das Personal eng wurde. Im Kreis Unna ist Reinoldus derzeit der einzige private, aber auch gleichzeitig größte Leistungserbringer im Regelrettungsdienst.

Geschäftsführender Gesellschafter Peter Schroeter stammt aus Schwerte und hat sich dort lange beim DRK ehrenamtlich engagiert. Er hat mit uns über die Situation gesprochen.

Bei der Feuerwehr in Schwerte herrscht großer Personalmangel – woran kann das liegen?

In allen Branchen gibt es Personalengpässe, deutschlandweit fehlen Hunderttausende Fachkräfte – in der Industrie, im Dienstleistungsgewerbe, im Gesundheitswesen. Der Personalmangel bei den Feuerwehren ist tatsächlich nicht ein Schwerter Problem, sondern Ausdruck des Fachkräftemangels und betrifft alle Bereiche, quer durch die Republik.

Der Rettungsdienst Reinoldus war an einer Zusammenarbeit mit der Stadt Schwerte interessiert. Warum ist diese 2023 nicht zustande gekommen?

Fakt ist: Seinerzeit hatten gleich zwei etablierte und leistungsfähige Hilfsorganisationen binnen eines Jahres die bestehenden Verträge aufgekündigt. Da zum damaligen Zeitpunkt im Rettungsdienst bundesweit ein erheblicher Personalbedarf bestand, hatten wir uns vorsorglich angeboten. Aber die Stadt hatte sich gut vorbereitet. Durch die Erweiterung der Planstellenschlüssel, steigende Ausbildungsplätze und eine gute lokale Bewerberlage gab es aus Sicht der Stadt keinen Handlungsbedarf. Von daher war die damalige Entscheidung vollkommen richtig und nachvollziehbar. Rückwirkend dies nun als Fehler zu betrachten, halte ich für falsch, denn nichts ist veränderlicher als die Zeit.

Auch das DRK und die Malteser hätten sich eine Fortführung der Zusammenarbeit gewünscht.

Wir können zu den Einzelheiten der Gespräche zwischen DRK und Stadt nichts sagen, da wir hieran nicht beteiligt waren. Es ging jedoch nicht nur um eine Vertragsverlängerung, sondern um eine Ausweitung der Betriebszeiten auch auf die Werktage. Eine Kommune kann aufgrund der EU-Vergabekriterien einem solchen Wunsch nicht ohne weiteres nachkommen. Es hätte ausgeschrieben werden müssen, wenn die Stadt einen Bedarf für rettungsdienstliche Partner gesehen hätte.

Davon betroffen gewesen wäre auch unser damaliges Hilfsangebot. Hier kann man nur kurzfristig eine temporäre Lösung finden. Ein Vergabeverfahren eröffnet aber auch die Möglichkeit, den Bewerberkreis auf gemeinnützige Rettungsdienste und Hilfsorganisationen durch die sogenannte Bereichsausnahme zu beschränken.

Wie eine Kommune ihren Rettungsdienst organisiert, liegt also grundsätzlich in ihrer eigenen Entscheidungshoheit. Entscheidend ist dazu die jeweilige Situation zum Entscheidungszeitpunkt. Und zu diesem war Schwerte durch solide Weichenstellung und Maßnahmen gut vorbereitet.

[Hinweis der Redaktion: Bei der sogenannten „Bereichsausnahme“ dürfen öffentliche Auftraggeber in NRW Rettungsdienstleistungen ohne förmliches Vergabeverfahren vergeben. Voraussetzung ist, dass sie nur gemeinnützige Organisationen zulassen (OLG Düsseldorf, 22.3.2023, Verg 28/22). Öffentliche Aufträge und Konzessionen über Dienstleistungen der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen und Vereinigungen „erbracht werden“, sind vom Vergaberecht ausgenommen (§ 107 Absatz 1 Nr. 4 GWB).]

In der Zwischenzeit helfen Feuerwehren aus anderen Städten bei Rettungseinsätzen aus. Ist das normal?

Das ist üblich und überhaupt nicht ungewöhnlich. Wichtig ist, dass Hilfe rechtzeitig kommt. Es gibt eine gesetzliche Hilfsfrist. Sieben Minuten nach der Alarmierung sollte man vor Ort sein. Doch irgendwann gibt es immer eine kritische Grenze. Angenommen, man muss von der Feuerwache in der Lohbachstraße raus zu einem Einsatz in Ergste, und die Ruhrbrücke ist durch besondere Umstände dicht. Dann kann sich die Eintreffzeit in Einzelfällen verzögern. Im aktuellen RDB [Anm. d. Red. Rettungsdienstbedarfsplan] sind allerdings in Schwerte die Hilfsfristen nicht das Problem.

Dass Vorortsgemeinden gelegentlich von anderen Standorten versorgt werden, liegt schlichtweg an der geografischen Lage. So ist es nicht ungewöhnlich, dass ein Rettungsfahrzeug von Holzwickede aus schneller in Geisecke ist als eines aus Schwerte. Diese einsatztaktischen Entscheidungen trifft die Kreisleitstelle, die immer das zum Notfallort schnellste zur Verfügung stehende Rettungsmittel entsendet. Dass im Stadtbild dann auch Einsatzfahrzeuge aus Dortmund, Unna, Hagen oder Holzwickede zu sehen sind, ist meist einsatztaktisch begründet. Dies pauschal mit einem Versorgungsdefizit in Kontext zu bringen, erschließt sich mir nicht.

Um den Rettungsdienstbedarfsplan innerhalb von fünf Jahren umzusetzen, wird man trotzdem mehr festes Personal brauchen.

Der RDB sollte grundsätzlich so schnell wie möglich umgesetzt werden. Diese Planung ist nämlich retrospektiv: Man schaut, wo es in der Vergangenheit nicht gut geklappt hat, und wo die Bedarfe liegen. Oftmals sind Um- und Neubauten von Rettungswachen nötig, Ausbildungsplätze müssen von den Kostenträgern genehmigt werden oder es müssen neue Rettungsfahrzeuge den Fuhrpark erweitern. All das dauert. Auf ein Rettungsfahrzeug wartet man heute fast drei Jahre. Ausschreibungen könnten hier eine gute Lösung sein.

Mehrbedarfe erfordern natürlich auch mehr Personal. Das jedoch ist rar und durch die Anbietervielfalt können Fachkräfte aus zahlreichen Angeboten wählen. In einem Vergabeverfahren hingegen ergibt sich nach dessen Abschluss zumeist drei bis vier Monate später eine Beauftragung des Leistungserbringers, der in der Regel über ausreichend Technik und Personal verfügt.

Feuerwehrleute müssen in vielen Bereichen Vollprofis sein.
Feuerwehrleute müssen in vielen Bereichen Vollprofis sein. © Foto: Manuela Schwerte

Gibt es das Personalproblem auch bei der Freiwilligen Feuerwehr?

Wir können hier nicht für die Feuerwehr sprechen. Im Rahmen der Einsatzbewältigung spüren wir keinen Einbruch der Leistungsfähigkeit. Früher waren die Freiwilligen Feuerwehren sehr leistungsstark. Wenn die in den Achtzigern alarmiert wurde, kamen direkt 80 Leute auf den Hof gefahren. Doch das ehrenamtliche Engagement in der Gesellschaft wird weniger, das muss man leider so sagen.

Nach dem Wegfall des Wehr- und Zivildienstes sind auch viele Helfer weggebrochen, die einen 10-jährigen Ersatzdienst bei den Feuerwehren, dem THW oder anderen Hilfsorganisationen geleistet haben und somit langjährig eine wichtige Stütze des Bevölkerungsschutzes waren. Trotzdem würde ich auch heute so bestätigen, dass es im Kreis Unna, und somit auch in Schwerte, noch eine starke, aktive und sehr leistungsfähige Freiwillige Feuerwehr gibt.

Was könnte eine Lösung sein?

Letztlich kann diese Frage nur von den betroffenen Wehren selbst beantwortet werden, da wir nur für den Bereich der Notfallrettung etwas sagen können. Erleichternd wäre aus meiner Sicht eine institutionelle Trennung von Rettungsdienst und Feuerwehr, wie das bereits in anderen Bundesländern praktiziert wird, da beide Aufgabenbereiche hoch anspruchsvoll sind. Wo eine solche Aufgabentrennung bereits erfolgt ist, ist man nach einer zweijährigen Fachausbildung und dem B1-Lehrgang erst einmal einsatzfähig.

In NRW ist das kaum möglich, da häufig noch eine dreijährige Ausbildung zum Notfallsanitäter absolviert wird. Feuerwehrleute müssen in vielen Bereichen Vollprofis sein: Sie müssen sich neben der Brandbekämpfung mit Technik, Physik, Chemie und Rettungsmedizin auskennen. Viele Kommunen trennen schon jetzt die Bereiche Feuerschutz und Rettungsdienst auf, indem sie den Rettungsdienst mit Angestellten statt Beamten umsetzen.