Die Eisenklappe im Bürgersteigpflaster, durch die Bierfässer in den Keller gelangen konnten, und der kleine Schaukasten neben der Eingangstür, in dem die Speisekarten großen Appetit zum Eintreten weckten: Nur wenige Details verraten, dass hinter den heruntergelassenen Rollläden an der Schützenstraße in Schwerte keine leerstehende Wohnung, sondern eine traditionsreiche Gastronomie einen Mieter sucht.
Der letzte Name „La Dolce Vita“, inzwischen von der Fassade verschwunden, hat bei den Schwerterinnen und Schwertern immer noch einen guten Ruf. Das Lokal taucht im Internet bei den Angeboten eines Immobilienmaklers auf.

„Wir haben es an Dieckmann abgegeben“, bestätigt Gretel Schwarz, die gemeinsam mit ihrem Ehemann Fredi Schwarz nach einer neuen Betreiberin oder einem neuen Betreiber sucht. Die Eiscafé-Kette Kuhbar, die sie sich gut als Mieter hätte vorstellen können, habe allerdings nicht angeklopft.
„Es muss auch nicht unbedingt als Gastronomie genutzt werden“, sagt sie. Die rund 78 Quadratmeter seien beispielsweise ideal für ein Blumengeschäft oder eine Versicherung. Auch wenn sie mit ihren zwei Kühlräumen besonders gute Voraussetzungen für eine Gaststätte bieten. Es gebe außerdem eine Küche und zwei getrennte Toiletten.
1965 zur Gaststätte umgebaut
Erste Interessenten haben das Objekt schon besichtigt, das bestens eingeführt ist in Schwerte. Schon 1965 hatten die Eltern von Fredi Schwarz das uralte Fachwerkgebäude, das ursprünglich einmal als Krankenhaus vor den Mauern der Stadt gedient hatte, zu einem Lokal umgebaut.
Die Gaststätte Schwarz war bekannt für ihr selbstgemachtes Eis. Die Grundstoffe dafür holte der Besitzer, der auch noch einen Sahne-Großhandel betrieb, eigenhändig von der damaligen Schwerter Molkerei (heute eine Musikschule) an der Karl-Gerharts-Straße ab.
„Mein Mann hat es übernommen“, berichtet Gretel Schwarz weiter. Und als der später Feuerwehrmann wurde, habe sie noch selbst die Ware ausgefahren, bis sich Nachwuchs in der Familie anmeldete. Die Gaststätte, die im hinteren Bereich zum Evangelischen Krankenhaus hin auch noch einen beliebten Biergarten bot, wurde verpachtet.
Mehrere Wirte standen in der Folge an den Zapfhähnen, vor denen es bei Karnevalsfeiern und anderen Festivitäten hoch herging. Hinter vorgehaltener Hand erzählte man sich in Schwerte, dass dort auch schon mal leicht bekleidete Damen auf den Tischen getanzt hätten.

Diese Zeiten waren längst vorbei, als schließlich Efi und Guido Roccasalva mit ihrer italienischen Trattoria „La Dolce Vita“ kamen und mehr als 22 Jahre blieben. „Mit denen hatten wir einen richtigen Fang gemacht“, schwärmt Gretel Schwarz von dem griechisch-sizilianischen Ehepaar, das das gemütlich eingerichtete Lokal mit seinen 35 Plätzen so familiär führen konnte.
Es war sein heimliches Zuhause, in dem die beiden Töchter Maria Angela und Loradana aufwuchsen. Hier nach dem Marktbummel am Samstag gemeinsam zu speisen, wurde zum festen Ritual.

Ein besonderer Höhepunkt für die Gäste war es immer, wenn Efi Roccasalva vor die große schwarze Wandtafel schritt, um die mit Kreide aufgeschriebenen Tagesgerichte zu erklären. Die Vorstellung der Italienisch benannten Spezialitäten gleich jedes Mal einer kleinen Show. Im Frühjahr 2020 endete diese Ära aus gesundheitlichen Gründen. Die einbrechende Corona-Pandemie machte die Nachfolger-Suche schwer.
Gangsterpärchen verrät sich
Die wohl spektakulärsten Stunden erlebte das Lokal im Übrigen, als an einem Abend im März 2014 das als „Bonnie und Clyde“ bekannt gewordene holländische Gangsterpärchen zur Tür hereinkam, um sich zweimal Pizza Capricciosa zu bestellen.
Nach einem wochenlangen gewalttätigen Raubzug durch das Münsterland waren die Beiden auf ihrer Flucht im benachbarten Hotel Ostentor abgestiegen. Am nächsten Morgen erkannte die Wirtin sie auf Fahndungsbildern im Fernsehen und gab der Polizei den entscheidenden Tipp. Kurz darauf klickten im Ostentor die Handschellen für das Duo, für das ein holländischer Staatsanwalt später langjährige Gefängnisstrafen forderte.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 11. März 2024.