Raumausstatter Boos verlässt Schwerte: Wer nimmt jetzt die Gardinen zum Waschen ab?

© Reinhard Schmitz

Raumausstatter Boos verlässt Schwerte: Wer nimmt jetzt die Gardinen zum Waschen ab?

rnHandwerk in Schwerte

Fünf Jahrzehnte lang kümmerte sich Raumausstatter Wolfgang Boos um die Gardinen in Schwerte. Nun wandert der 67-jährige nach Ostfriesland aus. Aber er hat für seine Kunden vorgesorgt.

Schwerte

, 08.12.2019, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Arbeit hoch oben vor dem Fenster ist nichts für jedermann. Gardinen abnehmen, waschen und wieder aufhängen - das nahm Raumausstatter-Meister Wolfgang Boos (67) seinen treuen Kunden weiterhin ab, nachdem er vor zwei Jahren sein Ladengeschäft an der Wilhelmstraße geschlossen hatte. Und auch, wenn er sich am Mittwoch mit Ehefrau Ulrike (68) den Lebenstraum vom Umzug nach Ostfriesland erfüllt, müssen sie nicht auf die wacklige Leiter steigen. Raumausstatter Frank Erkelenz aus Iserlohn, mit dem Boos schon seit drei Jahrzehnten zusammenarbeitet, übernimmt die „Waschkunden“ in Schwerte.

Raumausstatter Erkelenz erweitert Betrieb für die Schwerter Kunden

„Das ist ein alteingesessener Betrieb“, sagt Wolfgang Boos, der schon lange seine Polsterarbeiten bei dem Iserlohner Betrieb durchführen ließ. 1955 in der Innenstadt gegründet, ist er seit 1996 in einem neugebauten, 800 Quadratmeter großen Komplex im Gewerbegebiet an der Corunnastraße 7 ansässig, wo ab der nächster Woche beispielsweise Sitzbänke für das Restaurant und die Bar des Hafenhotels Hamburg gefertigt werden.

Frank Erkelenz (58) leitet das Unternehmen mit zehn Mitarbeitern in zweiter Generation. „Bisher sind in Iserlohn die Polsterei mit acht Polsterern und die Fußbodenbeläge“, erklärt er. Im nächsten Jahr wolle er dort eine neue Abteilung für Gardinen und Dekorationen aufbauen. Auf dem Tisch liegen schon Zeichnungen für das zusätzliche, 80 Quadratmeter große Gebäude: „Alles wird nach neuestem Standard eingerichtet - von der Nähmaschine bis zum Bügelautomaten mit Dampfabsauger.“ Die bisher nach Hohenlimburg ausgegliederte Gardinenabteilung werde im Zusammenhang mit der Übernahme der Boos-Kunden geschlossen.

In seiner 800 Quadratmeter großen Werkstatt an der Corunnastraße in Iserlohn hat Raumausstatter Erkelenz schon seit vielen Jahren Polsterarbeiten für die Firma Boos ausgeführt. Für die Weiterführung des Gardinengeschäftes entsteht dort eine weitere Halle.

In seiner 800 Quadratmeter großen Werkstatt an der Corunnastraße in Iserlohn hat Raumausstatter Erkelenz schon seit vielen Jahren Polsterarbeiten für die Firma Boos ausgeführt. Für die Weiterführung des Gardinengeschäftes entsteht dort eine weitere Halle. © Reinhard Schmitz

Denen bleibt die bereits vertraute Ansprechpartnerin Karin Franke erhalten, die nach über 20 Jahren in Hohenlimburg mit nach Iserlohn wechselt. Um die Zukunft der Branche ist ihrem Chef nicht bange. ,„Auch heute wollen die Leute kein nacktes Fenster haben“, sagt Frank Erkelenz. Zwar werde unter dem Motto „Weniger ist mehr“ geradliniger dekoriert als früher. Doch dafür sei die technische Seite der Fensterdekoration anspruchsvoller geworden.

Den zunehmenden Trend zu Plissees und Flächenvorhängen hatte schon Wolfgang Boos in seinen letzten Berufsjahren gespürt. Und noch eine andere Entwicklung hatte er erlebt: die Abschaffung der Meisterpflicht in der Branche vor etwa 15 Jahren. „Jeder Hansdampf“ habe damals Aufträge übernehmen können: „Da ist viel Mist gemacht worden, was wir als Meisterbetrieb wieder ausbügeln mussten.“ Falsch zugeschnittene und falsch montierte Vorhänge. Dekorationen, die nicht passten oder einfach nicht aussahen. Die Spitzenzeiten, in denen Boos einmal sieben Mitarbeiter beschäftigte, waren vorbei.

Weiterhin für den Malteser-Hilfsdienst nach Polen

Die Tragik der Geschichte: Jetzt, wo der Schwerter sich endgültig zur Ruhe setzt, will die Politik die Meisterpflicht im Raumausstatter-Handwerk wieder zurückholen. Aber diese Diskussion ist für ihn Schnee von gestern. Er und seine Frau freuen sich darauf, nicht mehr nur auf Urlaub in Ostfriesland zu sein, wo sie 32 Jahre lang eine Wohnung in der Nähe von Neuharlingersiel besaßen. Die haben sie abgegeben und sich ein Haus in Rhauderfehn gekauft. „Wir haben da nette Nachbarn“, berichten sie: „Und die Gegend ist gut ausgestattet: Vom Ärztehaus bis zum Discounter ist alles da.“

Seinem Malteser-Hilfsdienst, dem er 41 Jahre lang als Stadtbeauftragter vorstand, bleibt Boos auch am neuen Wohnort treu. „Ich werde von da oben aus weiter den Auslandsdienst machen - Polen und Ukraine“, sagt er. Ein paar Jahre lang wolle er noch die Hilfstransporte übernehmen.