
Außenseiter im Schwerter Stadtrat waren die beiden ohnehin: Sebastian Rühling bis zu seinem Partei- und Fraktionsaustritt bereits zu Schwerter AfD-Zeiten; Nicole Schelter mindestens seit April, nachdem sie der CDU-Fraktion den Rücken kehrte, noch bevor man sie rausschmeißen konnte. Als fraktionslose und nicht ganz unumstrittene Ratsmitglieder nahmen sie nach ihren jeweiligen Rücktritten zwar weiterhin an politischen Sitzungen teil, hatten aber in den Fachausschüssen zuletzt kein Stimmrecht mehr.
Nach der im ersten Moment überraschenden, auf den zweiten Blick aber doch logischen Bekanntgabe, als „Duo Infernale“ eine eigene Fraktion zu gründen (die „Freien Stimmen für Schwerte“) und deren Arbeit am 1. August offiziell aufzunehmen, ändert sich das nun. Ihre („freie“) Stimme dürfen die beiden fortan wieder abgeben; weiterhin als Außenseiter, als die sie auch nach dem Ende der politischen Sommerpause dastehen werden. Dann aber immerhin Seite an Seite.
Und vielleicht wollen sie das auch: Außenseiter bleiben, quasi als Gegenstück zu den Parteien im Schwerter Stadtrat. Ist die offizielle Pressemitteilung zwar kein direkter Angriff auf CDU, SPD, FDP und Grüne, aber doch ein Wink in ihre Richtung: „Die Freien Stimmen für Schwerte stehen für eine (...) Politik, die den Bürgerwillen in den Mittelpunkt stellt. Deshalb setzen wir uns für die Wahrung des freien Mandats und der freien Rede für alle Fraktionsmitglieder ein. Gleichzeitig legen wir großen Wert auf den respektvollen Umgang mit unterschiedlichen Meinungen (…).“
Zwischen den Zeilen gelesen ist das ein „Unterschiedliche Meinungen zählen bei Euch nämlich nicht“ – fühlte sich Schelter doch wegen diverser Differenzen aus der CDU gemobbt und fühlte sich Rühling als damaliger AfDler wohl stets in die Ecke gedrängt. Zurecht oder zu Unrecht, da dürften die Meinungen in beiden Fällen weit auseinander gehen.
Gewählter Ansatz nicht unklug
Der Ansatz, den die beiden nun wählen, ist aus ihrer Sicht nicht unklug, nehmen sie damit auf lokaler Ebene doch das auf, was sich aktuell in einem viel größeren Rahmen abspielt: Kritik an der Ampel wird laut, die AfD ist so stark wie nie. Zunehmend wird das als Unmut gegenüber den großen Parteien gewertet und weniger als das Ergebnis eines mehr und mehr rechtsgesinnten Landes.
Auf den Zug aufzuspringen und auf den Begriff des „Bürgerwillens“ zu pochen, macht da in ihrem Fall durchaus Sinn, während die Bild-Zeitung den „Heizhammer“ zuletzt zum geflügelten Wort machte und mit ihrer Anti-Habeck-Haltung und populistischem Zungenschlag – so weh das auch tun kann – nicht wenige Menschen erreicht haben wird.
Das 1:1 auf Schwerte zu projizieren, ist verfrüht. Es dürften aber – das ist eine vage Vermutung – Parallelen zu erkennen sein, wenn das politische Schwerte ab Ende August wieder seine Arbeit aufnimmt. Dann mit den „Freien Stimmen für Schwerte“. Wenngleich es nur zwei sind.
„Bäumchen wechsel dich“ im Schwerter Stadtrat: Intrigen, Familiäres und ein tragischer Todesfall
Rat für Rechtschreibung weiter gegen das Gendern: FDP fordert Umdenken bei der Stadt Schwerte
Neuer Anlauf für Lehrschwimmbecken-Neubau: Grüne: Erst die Nutzer befragen