
© Foto: Manuela Schwerte
NRW wirft Grundschul-Plan um? Schulleiter aus Schwerte: Ich hab Puls
Corona-Krise
Doch kein Unterricht ab Montag an den Grundschulen, dafür sollen kurz darauf nicht nur Viertklässler zurückkehren, sondern alle Schüler? Ein Schulleiter aus Schwerte sagt: „Ich hab Puls.“
Wir sind komplett vorbereitet gewesen auf Montag“, unterstreicht Dirk Schnitzler, Leiter der Albert-Schweitzer-Schule in Schwerte. Eigentlich wären dann die Mädchen und Jungen aus den vierten Klassen zurückgekehrt an ihre Grundschulen.
Corona-bedingt mit reichlich Abstand in den Klassen und auf dem Pausenhof, versteht sich. Mit neuen und festgelegten Laufwegen in der Schule und unter besonderer Aufsicht der Lehrer: Halten alle den vorgeschriebenen Abstand von 1,50 Meter tatsächlich ein?

Keine Begegnugen, kein Rempeln im Vorbeilaufen: Alles ist mit Flatterband ausgestattet. © Schnitzler
Viertklässler erst ab 7. Mai in den Schulen, alle anderen kurz darauf
Doch am Donnerstag vor dem langen Wochenende, etwa um 14 Uhr, kam die neue Mail aus dem Ministerium in Düsseldorf: Die Viertklässler sollen doch nicht am Montag, 4. Mai, in die Grundschulen zurück, sondern erst am Donnerstag, 7. Mai.
Kurz darauf – am Montag, 11. Mai – sollen dann alle Kinder „in einem rollierenden System“ kommen: nicht alle Klassen gleichzeitig, sondern immer in kleinen Gruppen, etwa in halber Klassenstärke, etwa zu zehnt. So solle gewährleistet werden, dass alle Mädchen und Jungen wieder Unterricht haben.
Das Ministerium ordnet an: „ein Jahrgang pro Werktag in der Schule, an einem Tag so viel Unterricht und Betreuung wie möglich, nach einem festen Plan bis zu den Sommerferien, bei Fortsetzung der Notbetreuung.“
Zudem heißt es: „Ein ‚Schichtbetrieb‘, bei dem an einem Tag unterschiedliche Schülergruppen verschiedener Jahrgänge zu unterschiedlichen Tageszeiten in die Schule kommen, ist ausgeschlossen.“

Was aussieht wie ein Parcours für ein Spiel, ist in Wahrheit eine Orientierungs- und Abstand-Hilfe für die Grundschüler. © Schnitzler
Welche Schüler haben Priorität, wer kann zuhause lernen?
„Ich hab Puls“, unterstreicht Dirk Schnitzler gleich zu Beginn des Gesprächs. All die Vorkehrungen, die man getroffen habe. All die Änderungen, die seine Kollegen und er in den vergangenen Wochen vorgenommen und umgesetzt hätten. Und jetzt, kurz vor dem Start: Alles wieder anders.
Schnitzler bemüht sich, das Positive zu sehen: So könne der Lehrerrat, also er und sieben weitere Lehrer, ab Montag alles besprechen, abstimmen und wieder etwas Neues in die Wege leiten.
Denn es gelte, wichtige Fragen zu klären: „Welche Klasse genießt Priorität? Wer verliert in der Zeit ohne Schule am meisten? Wo sind die Leistungsunterschiede am größten?“

In den Klassenräumen der Albert-Schweitzer-Schule sind die Tische weit auseinandergerückt. © Schnitzler
Ist es sinnvoll, vor allem die Viertklässler im Blick zu haben?
Müsse man gerade die vierten Klassen in der Schule haben, da sie ja bald den Übergang zu den Gymnasien und Gesamtschulen schaffen müssten? Schnitzler ist skeptisch. Mit den Größeren könne man doch am ehesten das Lernen auf Distanz hinkriegen. „Den vierten Klassen kann ich viel mehr anbieten“, unterstreicht Schnitzler.
Zudem: Jetzt – keine zwei Monate vor den enorm frühen Sommerferien in NRW – seien viele doch innerlich eh schon fast weg.
Ganz anders bei den ersten Klassen: Wie sollen Mädchen und Jungen, die gerade erst die Buchstaben und die Zahlen, das erste Lesen und Rechnen lernen – wie sollen die denn über digitale Angebote halbwegs auf einen Stand gebracht werden? Da würden die Unterschiede doch zwangsweise anwachsen, schätzt Schnitzler.

Auf dem Boden sind die Laufwege eingezeichnet. © Schnitzler
Der Schulleiter weiß: Auch die Eltern brauchen rasch Sicherheit
Vor allem weiß der Schulleiter: Nicht nur die Kinder brauchen Sicherheit, sondern auch die Eltern. Insofern sei die Forderung nach einem verlässlichen Plan bis zu den Sommerferien ja richtig. Eltern müssten natürlich schnell wissen, wann ihre Kinder Betreuung bräuchten und wann nicht.
„Wir werden ein System erarbeiten“, verspricht Schnitzler nicht nur auf die Anfrage unserer Redaktion. Das teilte er auch den Eltern mit. Nicht mal eine Stunde, nachdem er die Infos aus Düsseldorf hatte, war die Mail an die Eltern der ASS raus.
Starten die Klassen 1 bis 3 doch später?
Nachmittags die Mail aus dem Ministerium, am frühen Abend dann ein Statement des NRW-Ministerpräsidenten, dass es alles ganz anders sein könnte: Es gab am Donnerstag schnell Verwirrung darum, wie es denn nun weitergehen wird an den Grundschulen in Nordrhein-Westfalen. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) erklärte: „Die Schulen können das denken, was der Ministerpräsident ihnen jetzt sagt: Nämlich, dass am 6. Mai der nächste Beschluss fällt. Und diese Schulmail wird auch korrigiert.“ Soll heißen: Ob ab 11. Mai tatsächlich alle wieder wechselweise in die Grundschulen gehen sollen, ist noch nicht entschieden. Was in der Mail stehe, die aus dem Schulministerium von Yvonne Gebauer (FDP) kam, sei ja nur eine denkbare Variante. Unser Gespräch mit dem Schulleiter aus Schwerte fand vor dem Statement des Ministerpräsidenten statt.Jahrgang 1977 - wie Punkrock. Gebürtiger Sauerländer. Geborener Dortmunder. Unterm Strich also Westfale.
