Was auf den ersten Blick als Zugewinn für die Verkehrssicherheit in der Reichshofstraße in Westhofen erscheint, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als unüberlegt und irritierend. Das sagt zumindest Hans Jahn, der seit Jahren mit seinem Fahrrad auf der Straße unterwegs ist und zehn Jahre Mitglied im ADFC Schwerte war. Die kürzlich umgesetzten Maßnahmen in der Reichshofstraße hält er für gefährlich und unsicher, sowohl für Autofahrer, aber vor allem auch für Radfahrer.
Seit Dezember gibt es auf der Reichshofstraße in Westhofen rot-gefärbte Schutzstreifen in den Einmündungsbereichen der Straße. Außerdem hat die Stadt in Richtung Wannebachstraße Pflanzkübel aufgestellt. Beide Maßnahmen sollen zur Verkehrsberuhigung im gesamten Bereich der Reichshofstraße dienen, bestätigt Ingo Rous, Pressesprecher der Stadt Schwerte. „Vor allem die kurzfristige Einrichtung eines Radweges dient zur Stärkung des Radverkehrs.“
Schutzstreifen nicht durchgängig
Doch in der Umsetzung scheitert der gute Wille, wie Jahn vor Ort demonstriert. Am Beginn der Reichshofstraße, im Bereich der Wannebachstraße, kündigt ein Verkehrsschild einen Radweg an, der sich nach wenigen Metern in einen weiß-gestrichelten Schutzstreifen verwandelt. An einem Fußgängerüberweg folgt die erste Stolperfalle, da der Bürgersteig dort breiter wird: „Bei Nacht ist das nicht erkennbar. Radfahrer bremsen nicht und können stürzen“, erklärt Jahn.
Während der gesamten Länge der Reichshofstraße, von der Wannebachstraße bis zur Höhe des Hohlwegs, gibt es immer wieder Stellen, an denen der gestrichelte Schutzstreifen unterbrochen ist. „Das ist alles sehr willkürlich. Sind an diesen Stellen die Radfahrer noch geschützt?“ fragt sich der 75-jährige Westhofener. „Ich sehe den Sinn dahinter einfach nicht.“


„Einfach alles zu eng“
Wer etwas länger den Straßenverkehr auf der Reichshofstraße beobachtet, dem springt bereits nach kurzem Verweilen ein weiteres Kuriosum ins Auge: Der Schutzstreifen solle zwar Raum für Radfahrer schaffen, doch durch die Verengung der Fahrbahn sind die Autofahrer gezwungen, den Schutzstreifen mitzubenutzen. „Sonst geraten die Autofahrer in den Gegenverkehr und es kracht hier der Reihe nach“, sieht Jahn die Gefahr.
Laut Straßenverkehrsordnung ist es Autofahrern nur gestattet den Schutzstreifen zu überfahren, wenn sie in Parkbuchten, Einfahrten oder Straßen abbiegen möchten. „Es ist einfach alles zu eng“, klagt Jahn. Wenn man dann noch bedenke, dass die Autos beim Überholen von Fahrradfahrern einen Seitenabstand von mindestens 1,50 Meter einhalten müssten, werde der Missstand auf der Straße noch deutlicher.

Pflanzkübel zur Verbreiterung
In anderer Richtung kommt es ebenfalls zu Stockungen und Gedränge. Hier habe man auf einen Schutzstreifen verzichtet, da die Reichshofstraße zu eng für zwei Schutzstreifen sei, sagt Stadtsprecher Rous. Dafür sollen die neu eingerichteten Pflanzkübel für eine Verbreiterung der Straße sorgen. Vorher habe es dort Parkflächen gegeben, auf denen breitere Autos gestanden haben. Die Pflanzkübel seien daher eine gute Lösung, findet die Stadt.
Die Verantwortlichen hätten dabei nicht bedacht, dass sich die parkenden Autos nun hinter den Pflanzkübeln tummeln. An der Breite der Straße habe sich dadurch nichts geändert, erklärt Jahn. „Man hat hier lediglich Parkplätze weggenommen.“
Konzept für Verkehrssicherheit
Die Maßnahmen an der Reichshofstraße entspringen einem Gesamtkonzept für die dortige Verkehrssituation. Dieses Konzept habe die Stadtverwaltung im Ausschuss für Umwelt, Klima und Mobilität am 22. Juni 2021 beschlossen, erklärt Rous. Auf Nachfrage unserer Redaktion heißt es weiter: „Die Verwaltung stellt allerdings fest, dass es sehr viele positive Rückmeldungen zu den Maßnahmen gibt.“
Der ADFC Schwerte wurde zur Situation in der Reichshofstraße nicht hinzugezogen, teil der Verein auf Nachfrage mit. Im Statement der Stadt heißt es: „Die Mitarbeiter*innen aus dem Planungsamt besitzen ausreichend Expertise, um, wie hier geschehen, Vorgaben aus der Politik sach- und fachgerecht umsetzen zu können.“

„Gut gemeint, nicht gut gemacht“
„Grundsätzlich begrüßen wir jeden Schritt, der geeignet ist, die Qualität und insbesondere die Sicherheit der Schwerter Radwege zu verbessern“, sagt Harald Miehe vom ADFC Schwerte. Nach Schilderung der dortigen Situation habe man den Eindruck, dass die dort realisierten Maßnahmen eher den gegenteiligen Effekt haben. „Offensichtlich kann man wohl einmal mehr feststellen, dass gut gemeint nicht immer auch gut gemacht bedeuten muss!“
Auch Anwohner Hans Jahn erkennt den guten Willen der Stadt: „Das sind alles tolle Ideen, aber in der Realität bringen sie nichts“, sagt er. Seine Forderung: „Einfach überall rechts vor links an sämtlichen Einbiegungen. Das verlangsamt und schützt alle Verkehrsteilnehmer.“

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