Live-Musik, Theater, Literatur. Ein Alphorn-Spieler am Kran. Eine Riesen-Schnecke und viele Chöre, Tänzer, Vorleser. Diese Runde um‘n Block in der Innenstadt von Schwerte war ein Ergebnis.

Schwerte

, 30.08.2020, 14:18 Uhr / Lesedauer: 4 min

Das war schon absolut mehr als nur ein „Lückenfüller“ für den Corona-bedingten Ausfall des Welttheaters der Straße: Der Schwerter Lichtkünstler Jörg Rost hatte nicht nur die Konzept-Idee, sondern war mit seinem Team auch für die gesamte Organisation und Durchführung zuständig.

Mehr als 100 Darsteller, Sänger und Tänzer waren aktiv an dem Spektakel beteiligt – darunter namhafte Künstler aus der Schwerter Kulturszene. „Ich hatte einfach Sehnsucht nach meinen Künstler- und Technik-Kollegen – Corona hat uns auf Eis gelegt. Und Einnahmen fehlen uns ja auch“, sagte Jörg Rost zur Motivation: „Da musste ich mir einfach etwas einfallen lassen.“

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Ne Runde um'n Block 2020 – Teil 1

Literatur, Musik, Theater, Installationen und weitere Überraschungen – das ist "Ne Runde um'n Block" gewesen, ein Corona-konformes Kultur-Event in der Schwerter Innenstadt.
30.08.2020

Viele Ehrenamtliche wirkten mit, auch beim Kochen

Das Konzept kam an: Unterstützer und Sponsoren gaben finanzielle „Vorschusslorbeeren“, heimische Markt- und Einzelhändler versorgten die Organisations- und Technikgruppe – und Efi und Guido Roccasalva kochten sogar ehrenamtlich für das Team. „Schwerte hält eben zusammen“, freute sich Jörg Rost über das Engagement.

Auch die rund 25 „Reiseleiter“ hatten ihre kostenfreie Teilnahme zugesagt – nur mit ihnen war das ausgeklügelte System zur Einhaltung der Corona bedingten Auflagen möglich: Kleine, geschlossene „Reisegruppen“ mit jeweils 20 Besuchern und einem Reiseleiter wurden entlang der 15 Event-Stationen geführt, an denen die Abstände mittels aufgezeichneter Standpunkt-Kreise eingehalten wurden.

Holger Ehrich (Chef des Schwerter Kulturbüros), der ebenfalls als „Reiseleiter“ dabei war, freute sich über das gelungene Gesamtkonzept: „Es ist eine Superaktion, das Format gefällt mir und ich finde es toll, dass sowas auch zu Corona-Zeiten möglich ist.“

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Ne Runde um'n Block 2020 – Teil 2

Literatur, Musik, Theater, Installationen und weitere Überraschungen – das ist "Ne Runde um'n Block" gewesen, ein Corona-konformes Kultur-Event in der Schwerter Innenstadt.
30.08.2020

Gruppe für Gruppe geht zu Fuß, im Zehn-Minuten-Abstand

So wurden am Freitagabend 13 Gruppen im Abstand von zehn Minuten auf die Zu-Fuß-Reise zur „Runde um’n Block“ geschickt: vom Rathaus zur Kuhstraße, von dort über die Goethe- und Haselackstraße zum Postplatz, und der Volksbank-Parkplatz war finaler Treffpunkt. Reisedauer: knapp 90 Minuten.

Um Punkt 19 Uhr machte sich zum Veranstaltungs-Auftakt die Reisegruppe „Sansibar“ mit Reiseleiter Martin Krehl auf den Weg. „Wir haben keine Zeit“, so Krehl mit einem Augenzwinkern: „Die nächsten Künstler warten schon auf uns.“

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Ne Runde um'n Block 2020 – Teil 3

Literatur, Musik, Theater, Installationen und weitere Überraschungen – das ist "Ne Runde um'n Block" gewesen, ein Corona-konformes Kultur-Event in der Schwerter Innenstadt.
30.08.2020

Achtete der Schutzengel auf den Zeitplan?

Den Auftakt machte die Schwerter Band „Kräuterfunk & Bassdrum“ im Hof an der Kuhstraße 10 – und das unter strenger Beobachtung eines Schutzengels vom Dach gegenüber. Vielleicht hat er ja die Dauer der Darbietung überwacht: Fünf Minuten, mehr Zeit gab es auch für die nachfolgenden Vorstellungen nicht.

„Man soll nur kulturelle Häppchen des vielseitigen Programms aufnehmen“, erklärte Jörg Rost. Das galt auch für die Schwerter Theatergruppe Studio 7: Simon von Oppeln-Bronikowski versetzte die Besucher in das Jahr 1932 und zitierte einen Vortrag des französischen Schauspielers Antonin Artraud zum Thema „Das Theater und die Pest“ – Analogie zur momentanen Corona-Pandemie.

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Ne Runde um'n Block 2020 – Teil 4

Literatur, Musik, Theater, Installationen und weitere Überraschungen – das ist "Ne Runde um'n Block" gewesen, ein Corona-konformes Kultur-Event in der Schwerter Innenstadt.
30.08.2020

Operettenbühne: „Theo, wir fah‘n nicht nach Nowy Sacz“

Einem aktuellen Thema hatte sich auch die Schwerter Operettenbühne um ihren Direktor und Tenor Gunther Gerke angenommen: Die Ausgrenzung der gleichgeschlechtlichen Beziehungen in der Schwerter Partnerstadt Nowy Sacz (Polen), dessen Partnerschaft von der Stadt Schwerte daher zunächst mal „auf Eis“ gelegt wurde. „Theo, wir fahr‘n nicht nach Nowy Sacz“ wurde der Vicky-Leandros-Song textlich angepasst und die Besucher aktiv in das Thema eingebunden: Gemeinsam wurde an einem Seilstrang gezogen.

Kästners „Maulwürfe“ und die Riesen-Schnecke Hopsy

Eine kleine Schaufenster-Vorstellung bot das Theater am Fluss (TaF): Gekonnt und eindrucksvoll wurde die Erich-Kästner-Ballade „Die Maulwürfe“ von den Darstellern umgesetzt. „Wir freuen uns, dass wieder etwas Künstlerisches in Schwerte gemacht werden kann“, sagte TaF-Intendant Lars Blömer.

Oftmals waren es kurzweilige Dinge, die auf dem Rundgang überraschten: So stand die große Drachenschnecke Hopsy mit ihrem Reiter UliK im Sattel nicht nur bei den kleinen Besuchern im Mittelpunkt – flink, frech und sympathisch. „Nicht die Kinder beißen“, löste ein wenig Beängstigung aus, bevor Hopsy wieder ihre Streicheleinheiten einforderte.

Ein Laufband, ein Schattenspiel und keine Zeit für Zugaben

Um das Thema „Lauf mit der Zeit“ ging es bei Tabea Gregory auf dem Muckibuden-Laufband. Jessica Maria Toliver und Sara Lena Buschulte präsentierten ein Schattenspiel.

Für seinen Song „Boat on the River“ wurde Sänger und Gitarrist Robin Stone mit viel Beifall und Zugabe-Rufen belohnt – dafür fehlte allerdings die Zeit. Die nächste Reisegruppe „Hawaii“ näherte sich bereits.

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Alphornbläser schwebt über der Innstadt

Alphorn am Kran und mehrere tänzerische Darbietungen

Ein weiterer Höhepunkt: der Auftritt des Alphornbläsers Gundolf Nandico von der Theatergruppe Titanick aus Leipzig. Noch während die Besuchergruppe die Getränkeversorgung am Lokal „Zur Waage“ genießen durfte, wurde der Protagonist mit dem Alphorn wie aus dem Nichts mit dem Kran auf eine Höhe von rund 15 Metern gezogen – viel Beifall war sein waghalsig verdienter Lohn.

Auch tänzerisch wurde einiges geboten: In einer kleinen Häuser-Nische an der Haselackstraße zeigte die Schwerter Künstlerin Sarah Jil Niklas mit der Tanzdarbietung „Breaking free“, wie die Spieluhr-Puppe zum Leben erweckt wurde. Und auf dem Postplatz boten Nuria und Salomon gemeinsam mit Johanna Stein am Cello die Interpretation „Gegensätze zusammenbringen“ – Klassik und moderner Tanz.

Nostalgisch wurde es im Hinterhof des Gemeinschaftswohnhauses Casa Nostra: Dosentelefone wurde zur Datenübertragung hervorgeholt – die zehn Geschichten-Vorleser in den Treppenhäusern konnten so Corona-gerecht ihre Zuhörer ungestört voneinander lauschen lassen. Naja, so ganz klappte es mit den Schnüren allerdings nicht – Dosen ja, aber alles elektrisch, was der Nutzung sicherlich zu Gute kam.

Humorvolle Wachmänner und Chormusik zum Abschluss

Für das Finale wurde der Volksbank-Parkplatz zum Platz der Chöre umfunktioniert. Allerdings hatte der Zugang so seine Tücken: Streng kontrolliert und geregelt durch die beiden vermeintlichen „Wachmänner“ der Theatergruppe Titanick – humorvoll und akribisch wurde symbolisch abgescannt, durchgecheckt und die Öffnung der Schranke in militanter Weise zelebriert.

Glücklicherweise gab es keinen „Ausfall“ – allen Reisegruppen wurde der Zugang gewährt. Und nun war gemeinsames Singen angesagt: Zusammen mit den Chören „Chorlorado“, „Schönes bleibt“, dem TaF-Theaterchor sowie der Haus-Chorgemeinschaft vom Wohnprojekt Casa Nostra wurden beispielsweise das „Steigerlied“ oder der Hannes-Wader-Song „Heute hier, morgen dort“ angestimmt – für die nicht so textfesten Besucher gab es optische Hilfe auf der Videoleinwand.

Jörg Rost: Auch 2021 soll es so eine Veranstaltung geben

„Das war echt ein tolles Programm – vielseitig, kurzweilig und absolut abwechslungsreich“, sagte Besucher Dr. Uwe Trespenberg und traf damit die mehrheitliche Meinung der Besucher. Zufrieden zeigte sich auch Veranstalter Jörg Rost: „Es war super – ich bin glücklich und habe mich gefreut, dass die Besucher so viel Spaß hatten“, und Rost versprach: „Auch im kommenden Jahr wird es wieder solch eine Veranstaltung geben“ – und Häppchen werden gerne genommen.

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Ne Runde um 'n Block – was ist das, Jörg Rost?