Bauleiter Wolfgang Jann steht mit einem Mitarbeiter am Donnerstag, 9. Dezember, vor einer Baustelle an der Von-Steinen-Straße in Fröndenberg-Frömern.

© Marcus Land

Mit Video: Nachbarn verhängen Baustopp für Abwasserkanal eines Neubaus

rnImmobilien in Fröndenberg

Skurriler Nachbarschaftsstreit in Fröndenberg-Frömern: Nachbarn blockieren die Bauarbeiten für den Abwasserkanal eines anderen Grundstücks. Der Anwalt des Unternehmens droht mit Polizei und Klage.

Kreis Unna

, 09.12.2021, 14:54 Uhr / Lesedauer: 2 min

Nachbarn haben seit Donnerstag (9. Dezember) praktisch einen Baustopp über Baggerarbeiten im Fröndenberger Ortsteil Frömern verhängt, die über ihr Grundstück führen, aber einem Abwasserkanal für einen Neubau neben ihrem Haus dienen. Wer hat Recht?

»Mir läuft die Zeit davon.«
Bauleiter Wolfgang Jann

Die Meinungen darüber gehen völlig auseinander. Das wurde bei einem an der Haustür sehr deutlich geführten Gespräch des Rechtsanwalts des Bauunternehmens mit der sich widersetzenden Hausherrin ziemlich deutlich – der Dialog endete mit einem Streit.

Was war geschehen? Wolfgang Jann, Bauleiter der Firma Mamys Straßen- und Tiefbau aus Unna, hatte seit Montag dieser Woche mit zwei Mitarbeitern mit Ausschachtungen für einen Abwasserkanal begonnen.

Pkw blockiert Arbeiten am Abwasserkanal

Mit der Rohrleitung soll ein neu errichtetes Einfamilienhaus in Frömern an das öffentliche Kanalnetz unter der Von-Steinen-Straße angeschlossen werden. Die Bauarbeiten auf der Landesstraße verliefen zwei Tage lang problemlos.

Bereits am Mittwoch machte die Nachbarin, unter deren Grundstück der Abwasserkanal verlegt werden müsste, klar, dass ihr Eigentum zu diesem Zweck nicht betreten und von Baustellenfahrzeugen nicht befahren werden dürfe.

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Nichts geht mehr auf der Von-Steinen-Straße in Frömern: Zwar war die Sperrung wegen einer Baustelle regulär für eine Woche bis zum 10. Dezember genehmigt worden. Weil Nachbarn nun den Weiterbau verhindern, ist der Fortgang der Dinge mehr als ungewiss.

Nichts geht mehr auf der Von-Steinen-Straße in Frömern: Zwar war die Sperrung wegen einer Baustelle regulär für eine Woche bis zum 10. Dezember genehmigt worden. Weil Nachbarn nun den Weiterbau verhindern, ist der Fortgang der Dinge mehr als ungewiss. © Marcus Land

Seit Donnerstagmorgen mussten die Bauarbeiten tatsächlich ruhen: Die Frau hatte ihren Pkw auf ihrem Grundstück derart geparkt, dass für den Baggerführer ein Rangieren am Bauloch praktisch nicht mehr möglich war.

Es sei denn, er riskiere, dass das Auto beschädigt werde, schüttelte Bauleiter Wolfgang Jann den Kopf. Eigentlich müssten ab der Von-Steinen-Straße noch rund 20 Meter bis zum Neubau, der in zweiter Reihe steht, ausgegraben werden, um den Kanal dort verlegen zu können.

Ein Wegerecht der Häuslebauer, um über das Nachbargrundstück zu ihrem eigenen Grundstück zu gelangen, gebe es wohl. Das allerdings reiche nicht so weit, um die von ihnen beauftragten Bauarbeiten ausführen zu können.

Nachbarin verweist auf ihr Eigentumsrecht

„Mir läuft die Zeit davon“, so Jann. Er hat die Landesstraße, die mitten durch das Dorf führt, eine Woche lang für den Durchgangsverkehr absperren lassen. Die Genehmigung der Straßenverkehrsbehörde läuft aber am Freitag aus.

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Der von der Firma am Donnerstag eilig zum Ort des Geschehens gerufene Rechtsanwalt Harald Draub aus Unna versuchte zunächst im Gespräch mit der Nachbarin, einen Fortgang der Bauarbeiten möglich zu machen.

Die stellte sich hingegen auf den Standpunkt, ihren Nachbarn eine genau umschriebene Baulast gewährt zu haben – nicht mehr und nicht weniger. Mit dem rechtlich eingeräumten Platz müssten die Bauarbeiter schlicht auskommen.

Darüber, dass eine größere Fläche notwendig sei, habe man sie vorher überhaupt nicht informiert.

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»Die Frau irrt.«
Rechtsanwalt Harald Draub

„Die Frau irrt“, meint dagegen Harald Draub. Ein Wegerecht oder eine Baulast spiele bei Erschließungsarbeiten für einen Neubau gar nicht die entscheidende Rolle.

Vielmehr greife in diesem Fall das Hammerschlags- und Leiterrecht. Der Anspruch von Nachbarn wird landläufig auf diese einprägsame Formel gebracht und findet sich sogar im Nachbarrechtsgesetz von Nordrhein-Westfalen wieder.

Hammerschlags- und Leiterrecht bei Bauarbeiten

Demnach dürfen Nachbargrundstücke vorübergehend betreten und benutzt werden, wenn – sinngemäß – notwendige Bauarbeiten auf andere Weise nur mit sehr hohem Aufwand erfolgen könnten oder die Duldung des Betretens keine erheblichen Nachteile oder Belästigungen für den Nachbarn mit sich bringen.

Ob diese Vorschriften im Fröndenberger Fall tatsächlich ziehen, steht in Streit und muss womöglich ein Gericht entscheiden. Rechtsanwalt Draub kündigte jedenfalls an, die Sache rechtlich zu prüfen und womöglich eine Einstweilige Verfügung zu beantragen – und sogar eine Strafanzeige wegen Nötigung zu erstatten.

Das Ganze wird für eine der beiden Seiten wohl auch ziemlich teuer: Die drei Mitarbeiter der Baufirma harrten nämlich am Donnerstag tatenlos der Dinge.

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