Multimodale Schmerztherapie im Marienkrankenhaus Was dahinter steckt und wie sie abläuft

Multimodale Schmerztherapie: Was dahinter steckt und wie sie abläuft
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Rund 50 Prozent der Deutschen haben gelegentlich Rückenschmerzen, etwa jeder zehnte leidet sogar dauerhaft daran.

„Unser Lebensstil hat sich verändert“, sagt Dr. Matthias Heintz, Leiter des Zentrums für multimodale Schmerztherapie im Schwerter Marienkrankenhaus. „Die oftmals sitzende Berufstätigkeit, mangelnde Bewegung und ungesunde Ernährung tragen zu dieser Situation bei.“

Chronische Schmerzen, oftmals verbunden mit einer Einschränkung der Lebensqualität, sind daher keine Seltenheit. Etwa acht Millionen Menschen in Deutschland kämpfen dagegen an. Unterstützung finden sie beispielsweise im Marienkrankenhaus in Schwerte.

Dr. Matthias Heintz, leitender Arzt des Zentrums für multimodale Schmerztherapie im Schwerter Marienkrankenhaus, sitzt an seinem Schreibtisch und blickt auf den Computerbildschirm.
Dr. Matthias Heintz ist der leitende Arzt im Zentrum für multimodale Schmerztherapie im Schwerter Marienkrankenhaus. © Hilmar Schmitt

Zehnjähriges Jubiläum

„Vor zehn Jahren, ich war damals leitender Oberarzt in der ‚Akuten Schmerztherapie‘, wurden die beiden Krankenhäuser in Schwerte zusammengelegt“, erklärt Dr. Matthias Heintz den Ursprung des heutigen Zentrums. „Ich wusste um den Behandlungsbedarf der chronischen Schmerzpatienten – es wurden damals Betten im Krankenhaus frei und wir haben in enger Abstimmung mit der Geschäftsleitung des Krankenhauses den Weg zur Behandlung chronisch kranker Schmerzpatienten gewagt.“

Inzwischen (Stand Frühjahr 2025) gibt es zehn Betten für die stationäre und sechs Plätze für die teilstationäre Therapiebehandlung – mit guter Auslastung: „Etwa 160 stationäre und 100 teilstationäre Kassen- und Privatpatienten kommen im Jahr für die dreiwöchige Therapiehandlung per Einweisung durch den Haus- oder Facharzt zu uns nach Schwerte – die Abrechnung unserer Leistungen erfolgt über die Krankenkassen“, erklärt der Arzt.

Teilstationär bedeutet hierbei: Behandlung im Krankenhaus, Übernachtung zu Hause – wenn die Mobilität vorhanden ist und das Krankheitsbild es zulässt. Stationäre Patienten werden dagegen aus sozialtherapeutischen Gründen stets in Zweibettzimmern untergebracht.

Schmerz – unser komplexes Signalsystem

Definitionsgemäß handelt es sich bei einem chronischen Schmerz im Übrigen um einen Schmerz, der länger als drei Monate anhält oder immer wiederkehrend auftritt. Im Gegensatz dazu steht der akute, temporäre Schmerz, der nach kurzer Zeit oder nach einer entsprechenden Behandlung wieder vergeht, sich aber auch zu einem chronischen Schmerz entwickeln kann.

Zudem wird unterschieden zwischen körperlichem Schmerz (etwa Gelenk- oder Nervenschmerzen) und emotionalem Schmerz (psychischer Schmerz). Grundsätzlich sei Schmerz unser Signal- und Schadenfrühwarnsystem, das allerdings bei chronischem Schmerz nicht mehr funktionsgerecht arbeite, so Heintz.

„Alles hängt zusammen“, erklärt der Schwerter Arzt. „Die biologische Ebene (der Körper), die psychologische Ebene (Denken, Fühlen, Verhalten) und die soziale Ebene (das Leben mit anderen), ein komplexes, im Gehirn koordiniertes, biopsychosoziales System der Schmerzentstehung und der Schmerzverarbeitung. Dieses eng verzahnte Miteinander ist auch der Ansatz zur multimodalen Schmerztherapie für Patienten, die mit chronischen Schmerzen zu uns kommen.“

Der Hauptunterschied zwischen der multimodalen und der klassischen Schmerztherapie besteht demnach darin, dass der multimodale Ansatz verschiedene Fachgebiete einbezieht, während die klassische Schmerztherapie den Fokus auf die Schmerzlinderung legt.

Vorgespräche und Patientenaufklärung

Doch wie läuft die Behandlung im Marienkrankenhaus nun letztlich ab? Vor dem Krankenhausaufenthalt werde dem Patienten oder der Patientin die multimodale Schmerztherapie erklärt, so Heintz. In einzelnen Gesprächen mit den Therapeuten würden die möglichen, aber auch die nicht möglichen Therapieerwartungen besprochen sowie ermittelt, ob und wie das Therapie-Konzept zu dem Patienten passe.

Auch mögliche Ziele der Therapie würden besprochen: die Reduzierung der Schmerzen (mit der Erkenntnis, dass eine vollständige Schmerzfreiheit nicht möglich sein wird), die Verbesserung der Lebensqualität durch den aktiven Umgang mit den Schmerzen, die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit oder auch eine eventuelle Operations-Vermeidung.

Das Team der multimodalen Schmerztherapie in Schwerte besteht aus rund 15 Personen verschiedener Fachrichtungen: Ärzte, Physiotherapeuten, Psychologen, Psychotherapeuten, Ergotherapeuten und Pflegekräfte – alle mit einer schmerzmedizinischen Zusatzausbildung. Auch mit dabei: Pino, der Therapiehund.

Für jeden der Schmerzpatienten werde ein individuelles Therapie- und Trainingskonzept zusammengestellt, das bei dem dreiwöchigen Aufenthalt täglich unter fachärztlicher und psychologischer Betreuung angepasst werde, so Heintz.

Gut gefüllter Tagesablauf

Begonnen werde ein Therapietag in der Regel mit der ärztlichen Visite und dem Gang mit den Nordic-Walking-Stöcken auf verschiedenen Streckenlängen – vorzugsweise im Bereich der Ruhrwiesen. Danach gehe es mit den individuell zusammengestellten Therapiebausteinen weiter: in Einzel- oder Gruppenformaten, beispielsweise physio- und ergotherapeutische Angebote, Kraft- und Ausdauertraining, Verhaltenstherapien zur Schmerzbewältigung sowie Entspannungs- und Geschicklichkeitsübungen.

In Fachvorträgen gebe es zudem Informationen und Tipps, etwa zum Verständnis des Schmerzthemas, zu den möglichen Verhaltensmaßnahmen nach Abschluss der Therapiewochen oder zur Ernährung.

Therapiehund Pino aus dem Marienkrankenhaus in Schwerte blickt in die Kamera. Im Hintergrund ist ein Wartezimmer zu sehen.
Therapiehund Pino begleitet verschiedene Schmerzpatienten. © Hilmar Schmitt

„Die Erfolgsquote zur Schmerzlinderung liegt im hohen Bereich“, sagt Dr. Matthias Heintz über die multimodale Schmerztherapie. „Es gibt gute Langzeitergebnisse im Umgang mit den Schmerzen, bessere Beweglichkeit und bessere Lebensqualität sowie die Erkenntnis, dass das eigene Leben nicht nur aus Schmerzen besteht.“ Diese positive Einstellung müssten sich die Patienten allerdings selbst erarbeiten.

Zum Thema

Schmerztherapie in Schwerte

  • Zentrum für multimodale Schmerztherapie im Marienkrankenhaus in Schwerte, Schützenstraße 9; Tel. (02304) 20 22 50, E-Mail: MMST@marien-kh.de
  • Schmerzzentrum Schwerte Dr. Thorsten Winter, Große Marktstraße 5; Tel. (02304) 91 08 85, E-Mail: info@sz-schwerte.de
  • Vereinzelt bieten auch Physiotherapiepraxen schmerztherapeutische Behandlungen an.