
© Reinhard Schmitz
Mit der Leiter zum Taubenfüttern in der Schwerter Fußgängerzone: Ist das Tierliebe?
Verdreckte Innenstadt
Taubenfüttern ist in Schwerte wie in den meisten anderen Städten auch verboten. Aber Nachbarn vom Cavaplatz beobachten, wie es heimlich doch geschieht. Trotz drohendem Bußgeld von 35 Euro.
Sie machen Dreck. Von vielen werden sie auch als Krankheitsüberträger angesehen. Für den sinnbildlichen Frieden sorgen die verwilderten Tauben in der Innenstadt nicht gerade. Damit sie sich nicht noch mehr vermehren, hat die Stadt ein Fütterungsverbot für „Wildtauben und verwilderte Haustauben“ erlassen. Wer sich nicht daran hält, dem droht ein Verwarnungsgeld von 35 Euro, wie Stadtsprecher Alexander Nähle mitteilt. Trotzdem gibt es am Cavaplatz eine Stelle, wo den Vögeln offensichtlich reichlich der Tisch gedeckt wird. Wer genau hinschaut, entdeckt im Gesimse in der Ecke über dem Blumengeschäft Risse zwei große Tröge, die die Tauben magisch anziehen.
Wenn die Geschäfte geschlossen sind, wird eine Leiter angestellt
Nachbarn haben beobachtet, wie die Behälter regelmäßig mit Futter aus einem Sack und Wasser aus einem Kanister gefüllt werden. Zu einer Zeit, wenn die Geschäfte in der Fußgängerzone alle geschlossen sind. Immer wieder sonntags, so berichtet Sigrid Pfeifer aus der Kampstraße, kämen zwei Frauen mit einem PKW angefahren, der Kennzeichen aus dem Märkischen Kreis trage: „Das ist seit Monaten so und uns durch Zufall aufgefallen.“ Auf ihrem Handy kann die Schwerterin sogar Fotos zeigen, wie eine Leiter an dem Geschäftshaus angestellt wird, über die eine Person zu den Trögen hinaufklettert. Auf ihr Treiben angesprochen, seien die angeblichen Tierschützerinnen „richtig frech“ geworden. „Wir diskutieren nicht“, hätten die Nachbarin zur Antwort erhalten. Und dass man eine Sondergenehmigung habe. „Wir haben gesagt, sie sollten das doch mal mitbringen und vorzeigen - das ist bis heute nicht passiert“, sagt die Anwohnerin und glaubt an eine reine Schutzbehauptung.
Nachbarn: Jetzt schon dreimal so viele Tauben
Seit reichlich Nahrung die Tauben anlockt, sind es immer mehr geworden. Zählten die Nachbarn anfangs nur zehn der Vögel, so seien es inzwischen schon 28, die immer wieder zu dem Gesimse fliegen. Sie machen nicht nur Dreck. Einmal - so Sigrid Pfeifer - hätten die Tiere auch einen der Plastiknäpfe heruntergestoßen, der unten einer Passantin auf die Schulter gefallen sei: „Man muss da Angst haben, dass man was auf den Kopf kriegt.“

Die Stadttauben in der Fußgängerzone sind verwilderte Brieftauben oder Mischlinge aus deren Nachwuchs mit Wildtauben. © Reinhard Schmitz
Beim Tierschutzverein Schwerte - der an der Aktion in keinster Weise beteiligt ist - ist die Futterstelle am Cavaplatz bekannt. Wie Catharina Seelig, die Leiterin des Tierheims, hörte, würde sie von einem Privatmann aus Schwerte und einem anderen Tierschutzverein betreut. „Die Offiziellen füttern die Tauben nicht, sondern tauschen nur die Eier gegen Gipseier aus“, sagt sie. Man könne aber nie ausschließen, dass sich auch andere Menschen einklinken und Futter auszulegen.
Das Austauschen der Eier in den Gelegen - so Catharina Seelig - sei der einzige Weg, um die Taubenpopulation in den Städten einzuschränken. Man richte Zufluchtsorte ein und sorge dort aber dafür, dass es keine Nachkommen gebe. Das geschehe in vielen Städten so. In manchen seien zu diesem Zweck sogar große Taubenhäuser aufgestellt worden. Darauf hoffen, dass sich das Taubenproblem dann durch das natürliche Wegsterben ohne Nachwuchs eines Tages von allein löst, kann man aber nicht. „Wir sind keine Insel“, erklärt Catharina Seelig: „Es kommen immer wieder welche dazu.“
Stadttaubendreck ist so schäbig, weil sie Müll fressen
Dass man sich von Tauben mit Krankheiten anstecken könne, gehört für die Tierheimleiterin allerdings mehr ins Reich der Märchen. Die Städte seien vor allem deshalb gegen die verwilderten Vögel, weil sie soviel Dreck machen. Das hänge allerdings auch mit ihrer Ernährung zusammen, die in den Städten meistens aus dem Müll stammt: „Deshalb auch schäbiger Dreck.“ Gut ernährte Tauben dagegen würden einen festen Kot ausscheiden.
Reinhard Schmitz, in Schwerte geboren, schrieb und fotografierte schon während des Studiums für die Ruhr Nachrichten. Seit 1991 ist er als Redakteur in seiner Heimatstadt im Einsatz und begeistert, dass es dort immer noch Neues zu entdecken gibt.
