Neuer Mieter belebt Leerstand in der City Früher gingen dort die Hochzeitspaare ein und aus

Ein City-Leerstand weniger: Steuerring zieht in früheres Fotostudio
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Direkt vor den Schaufenstern fährt so gut wie jeder Linienbus vorbei, der die Innenstadt verlässt. An der Haltestelle ist eigentlich immer Betrieb. Trotzdem blieb monatelang so gut wie unbemerkt, dass dieser Leerstand in prominenter City-Lage wiederbelebt ist. Erst seitdem jetzt die alten Foto-Dunke-Schriftzüge von den Scheiben verschwunden sind, ist unübersehbar, dass das frühere Porträtstudio zu einer Beratungsstelle des Lohn- und Einkommensteuer Hilfe-Rings Deutschland geworden ist.

Steuererklärungen für Arbeitnehmer, Rentner und Pensionäre erstellt Jesus Garcia Dominguez im Schwerter Büro des Lohn-und Einkommensteuer Hilfe-Rings Deutschland.
Steuererklärungen für Arbeitnehmer, Rentner und Pensionäre erstellt Jesus Garcia Dominguez im Schwerter Büro des Lohn-und Einkommensteuer Hilfe-Rings Deutschland. © Reinhard Schmitz

Anmietung schnell erledigt

„Die Eröffnung war zum 1. Januar“, berichtet Jesus Garcia Dominguez, der als selbstständiger Berater den Stützpunkt des Vereins in der Ruhrstadt leitet. Doch es habe lange gebraucht, die Genehmigung für die Außenwerbung zu erlangen, weil Vorschriften zu beachten waren. Eine Sache von nur einer Woche war es dagegen gewesen, das Mietobjekt zu bekommen.

Der Technopark hatte die Anfrage zu Michaela Zorn-Koritzius beim Stadtmarketing weitergeleitet, die wiederum den Kontakt zur Vermieterin Friederike Kleiner herstellte: „Besser hätte es nicht laufen können“, sagt der Beratungsstellenleiter und bekennt: „Ich fühle mich hier pudelwohl.“ Vor einem Monat ist der gebürtige Gelsenkirchener sogar in die Ruhrstadt umgezogen.

Nach seiner Ausbildung als Steuerfachangestellter hatte Jesus Garcia Dominguez sieben Jahre lang Erfahrungen als Mitarbeiter eines Steuerberaters gesammelt und in dieser Zeit auch viele Hilfsanträge infolge der Corona-Pandemie bearbeitet. Bilanzen beispielsweise seien auch etwas Interessantes, sagt er. Doch immer mehr habe er für sich bemerkt: „Es gibt nichts Schöneres als Einkommensteuer-Erklärungen und den persönlichen Kontakt zu den Mitgliedern.“ Wenn man dann sagen könnte: „Das geht noch. Oder: Das könnten wir noch.“

Vorgängerin ging in Rente

Deshalb reifte in dem Steuerfachmann die Entscheidung, sich umzuorientieren. Das Vorhaben wurde in die Tat umgesetzt, als er erfuhr, dass eine Schwerterin ihre Steuerring-Beratungsstelle am Leopold-Arens-Weg nach 30 Jahren aus Altersgründen aufgab: „Bevor die Mitglieder nach Dortmund oder in andere Städte in der Umgebung fahren müssen, habe ich den Entschluss gefasst, diesen Stützpunkt zu übernehmen.“

Er sollte aber künftig im Herzen der Stadt zu finden sein. Die rund 80 Quadratmeter großen Räumlichkeiten am Westwall 9 wurden dazu mit neuer Elektrik und Internetleitungen verkabelt, da aus Gründen der Cybersicherheit auf WLAN-Verbindungen verzichtet wird.

Über die Neuvermietung der ehemaligen Räumlichkeiten des Fotostudios Dunke am Westwall freuten sich bei einem Ortstermin (v.l.) Immobilieneigentümerin Friederike Kleine, Stadtmarketing-Leiterin Michaela Zorn-Koritzius, Bürgermeister Dimitrios Axourgos, steuerfachlicher Mitarbeiter Jesus Garcia Dominguez , Steuerring-Vorstand Rainer Fassnacht und Stadt-Mitarbeiter Dr. Reiner Sprungmann.
Über die Neuvermietung der ehemaligen Räumlichkeiten des Fotostudios Dunke am Westwall freuten sich bei einem Ortstermin (v.l.): Immobilieneigentümerin Friederike Kleine, Stadtmarketing-Leiterin Michaela Zorn-Koritzius, Bürgermeister Dimitrios Axourgos, steuerfachlicher Mitarbeiter Jesus Garcia Dominguez , Steuerring-Vorstand Rainer Fassnacht und Stadt-Mitarbeiter Dr. Reiner Sprungmann. © Stadt Schwerte/Ingo Rous

„Wir erstellen Steuererklärungen für Arbeitnehmer, Rentner und Pensionäre“, berichtet Jesus Garcia Dominguez. Dazu könnten gegebenenfalls noch Einkünfte aus Kapitalerträgen und Vermietung kommen, die eine Summe von 18.000 Euro für Ledige und 36.000 Euro für Verheiratete nicht übersteigen dürften.

Voraussetzung ist eine Steuerring-Mitgliedschaft, deren Betrag nach dem Brutto-Jahreseinkommen gestaffelt sei von mindestens 60 Euro bis maximal 450 Euro (ab Einkommen von 200.000 Euro). Mit diesem Betrag sei alles abgedeckt von der Beratung und Erstellung bis hin zur Prüfung der Steuererklärung: „Notfalls ziehen wir auch mit dem Finanzamt in den Krieg.“

Separates Beratungszimmer

„Sie haben hier ein Büro in außerordentlich guter Lage bezogen“, sagte Bürgermeister Dimitrios Axourgos, als er sich vor Ort ein Bild machte. Im hinteren Bereich gibt es ein separat abgetrenntes Beratungszimmer. Am Empfang hilft die Mutter von Jesus Garcia Dominguez zwei- bis dreimal in der Woche bei den Büroarbeiten. „Ich hoffe, irgendwann vorne jemanden in Teilzeit oder Vollzeit einstellen zu können, damit ich mich nur noch auf die Beratung konzertieren kann“, sind die weiteren Pläne.

Geöffnet ist montags bis donnerstags jeweils von 9 bis 17 Uhr. Termine können unter Tel. (02304) 9966303 auch außerhalb dieser Zeiten vereinbart werden.

Fotostudio ab Ende der 90er

Ursprünglich hatte an dem Standort Hans Peter Dunke im Jahr 1998 sein modernes Foto-Studio eröffnet, das seinerzeit als das größte der Stadt galt. Zu besten Zeiten beschäftigte der Fotografenmeister dort neun Mitarbeiter und betrieb ein eigenes Express-Labor für die Entwicklung der Filme und Bilder, auf die besonders Hochzeitspaare aufgeregt warteten.

Doch die Digitalisierung mit ihren schnelllebigen Handyfotos entzog diesem Geschäft mehr und mehr seine Grundlage. Zuletzt waren an wenigen Öffnungstagen vor dem Wochenende hauptsächlich nur noch Pass- und Bewerbungsfotos gefragt. Dafür war das Ladenlokal viel zu groß. Seit 2017 hatte Hans Peter Dunke deshalb versucht, es zu verkaufen.

Mit dem Catering-Geschäft schuf er sich ein zweites wirtschaftliches Standbein. Schon 2019 sagte der Profi-Fotograf: „Ich bin Foodtrucker.“ Die Einnahmen aus seinem „Extrawurst“-Stand hatten den Umsatz aus der Fotografie damals schon überholt.

Mit seinem „Extrawurst“-Stand hatte sich der Profi-Fotograf Hans Peter Dunke ein zweites wirtschaftliches Standbein geschaffen.
Mit seinem „Extrawurst“-Stand hatte sich der Profi-Fotograf Hans Peter Dunke ein zweites wirtschaftliches Standbein geschaffen. © Reinhard Schmitz (A)