Die Desinfektionstücher von Nigrin sind Pflegeprodukt für die Oberflächen in einem Auto-Innenraum, kein Produkt gegen Corona-Viren.

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Toom-Baumarkt sorgt mit Desinfektionsmitteln im Angebot für Empörung

rnCoronavirus in Schwerte

Desinfektionstücher als Sonderposten: Mit diesem Angebot sorgte der Toom-Baumarkt für Verärgerung bei einem unserer Leser. Denn Viren lassen sich mit den Tüchern nicht bekämpfen.

Schwerte

, 16.04.2020, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Das Angebot wirkte zunächst verlockend. Als Sonderposten bewarb der Toom-Baumarkt seine Desinfektionstücher der Marke Nigrin. Das genaue Lesen des Etiketts sorgte allerdings für Verärgerung bei einem Leser, der sich daraufhin mit einer E-Mail an unsere Redaktion wandte.

Dem Kleingedruckten war demnach zu entnehmen, dass der Wirkstoff der Desinfektionstücher nur gegen Bakterien und Keime hilft, nicht aber gegen Viren. „Dieses Produkt derzeit so in dieser Form anzubieten, ist meiner Meinung nach verantwortungslos von Seiten der Geschäftsführung“, schreibt der E-Mail-Verfasser.

Viren lassen sich nur mit Alkohol bekämpfen

Tatsächlich unterscheiden sich die Wirkstoffe verschiedener Desinfektionsmittel grundlegend voneinander - je nachdem, an welchen Stellen es angewendet wird und gegen was es wirksam sein soll. So enthalten die von Toom beworbenen Desinfektionstücher Bakterizide, welche die Bakterien so stark schädigen, dass sie den irreversiblen Zelltod der Erreger zur Folge haben. Um Viren wirksam zu bekämpfen, sei hingegen vor allem ein ausreichender Alkoholgehalt entscheidend, wie Marc Hübner, Inhaber der Rosen-Apotheke, erklärt.

„Man muss da wirklich ins Kleingedruckte gehen“, weiß der Apotheker. Dabei rät er, sich an den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu orientieren, die den Apotheken zugleich als Vorgabe für die Herstellung eigener Desinfektionsmittel dienen. So liegt die empfohlene Ethanolgehalt bei Händedesinfektionsmitteln für private Verbraucher bei mindestens 70 Prozent; bei der berufsmäßigen Verwendung müssen es 80 Prozent Alkohol sein. Auch für die Flächenreinigung gilt der Maßstab von 80 Prozent Ethanolgehalt. „Die Konzentration muss stark genug sein, um die Lipidschicht des Virus zu zerstören“, so Hübner.

Blick auf den Namen des Herstellers werfen

Den Verbrauchern empfiehlt er, bei Unsicherheiten zunächst auf den Namen des Herstellers zu schauen. „Ich bekomme in letzter Zeit viele Angebote von Firmen, deren Namen ich noch nie gehört habe und bei denen wir die Lieferung in Vorkasse bezahlen sollten“, so der Apotheker. Deshalb werde die genaue Zusammensetzung bei eingekauften Mitteln in der Apotheke immer genau geprüft.

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Bei Angeboten in anderen Läden könne man ich aber zunächst auf die Angaben auf dem Etikett verlassen. „Wenn da draufsteht, dass das Mittel für die Bekämpfung von Viren geeignet ist, können die Hersteller dafür auch verantwortlich gemacht werden.“

Toom begründet Angebot mit Missverständnis

Der Toom-Baumarkt begründet das Angebot, das bei dem Leser für Empörung sorgte, auf Anfrage dieser Redaktion mit einem Missverständnis. Die Desinfektionstücher seien Teil einer Produkt-Linie der Firma Nigrin, die Pflegemittel für Autos und Motorräder herstelle. Die beworbenen Tücher dienten demnach der Reinigung des Innenraums von Pkws.

Toom-Sprecherin Daria Ezazi betonte, dass Toom nur dem Auftrag folge, die Grundversorgung mit Baumarktprodukten aufrecht zu erhalten: „Das dient dazu, das Angebot von Produkten und Sortimenten rund um sicherheitsrelevante Maßnahmen, notwendige Reparaturen oder auch Brennstoffe und Gas sicherzustellen.“

Desinfektionsmittel

Kleine Mengen wieder lieferbar

In den Apotheken werden Desinfektionsmittel nach wie vor nur in angemessenen Mengen verkauft. Wie Marc Hübner, Inhaber der Rosen-Apotheke, erklärt, seien sowohl die fertigen Zusammensetzungen als auch die Mittel für die Eigenproduktion nur schwer erhältlich. Da auch die Gefäße nur unzureichend vorhanden seien, werde des den Kunden mittlerweile erlaubt, eigene Flaschen zur Abfüllung mitzubringen. „Das wäre früher undenkbar gewesen“, so Hübner. Nichtsdestotrotz lasse sich bei den Firmen allmählich eine verbesserte Liefersituation beobachten - allerdings nur mit kleinen Mengen.