
© Reinhard Schmitz
Händler standen sich die Beine in den Bauch – aber kaum ein Kunde kam
Late-Night-Shopping
Es war eine schöne Idee der Werbegemeinschaft. Weil Corona Einkaufssonntage verhinderte, lud sie zum Late-Night-Shopping beim Welttheater ein. Nicht nur das Wetter ließ das zum Flop werden.
Der Frust stand Annette Neuert noch frisch ins Gesicht geschrieben, als sie am Samstagmittag (28.8.) vor ihrem Laden mit Kollegen und Kunden diskutierte. Auch am Montag war er noch nicht restlos verflogen. Wie viel Mühe hatte sie – genauso wie andere Händler auch – in die Vorbereitung des Events der Werbegemeinschaft gesteckt, das den Besuchern des Welttheaters der Straße ein doppeltes Erlebnis bieten sollte.
Doch das aufwendig geplante Late-Night-Shopping wurde zum Flop. Die Innenstadt schien wie leergefegt. Viele Geschäfte – so beobachtete die Inhaberin von Nette’s Lädchen – kapitulierten schon lange vor dem vorgesehenen Ende um 22 Uhr.
Nicht nur das schlechte Wetter war für den Flop verantwortlich
Und dafür machte Annette Neuert nicht nur das schlechte Wetter am Freitagabend verantwortlich, sondern auch die wegen Corona veränderte Form des Straßentheaterfestivals, das an festen Schauplätzen mit vorab online zu buchenden Sitzplätzen stattfand: „Warum sollen die Leute in die Stadt gehen, wenn ich nichts sehen kann kann ohne Buchung?“
Als am Samstag zuvor Gaukler und Musiker in der Fußgängerzone für das Welttheater Reklame gemacht hätten, sei wesentlich mehr losgewesen als an diesem Abend.

Zuletzt hatte die Werbegemeinschaft vor elf Jahren ein Late-Night-Shopping an einem Samstag veranstaltet. Als Lockvogel lud Vorsitzender Peter Rienhöfer (v.l.) damals den Künstler Jan van Nahuijs (M.) ein, der Nachtwächter Uwe Fuhrmann (r.) als Eisskulptur „Wächter für eine Nacht“ gestaltete. © Bernd Paulitschke (A)
„Die Idee ist ja eigentlich nicht schlecht“, sagte die Einzelhändlerin. Anders als viele Skeptiker habe sie sich auf die Veranstaltung gefreut und ihre Kunden aktiv darauf aufmerksam gemacht. Selbst habe sie deshalb auch noch bis 21.30 Uhr Besucher im Laden gehabt: „Aber die sagten: Warum haben die anderen alle schon zu?“
Anschließend schloss dann auch Annette Neuert ihre Tür. Dass sie so lange durchhielt, lag auch an ihrer Überzeugung: „Es könnte ja sein, dass noch welche von außerhalb kommen.“ Und die sollten nicht enttäuscht werden.
Werbegemeinschaft hofft jetzt auf den Weihnachtsmarkt
„Das sind Dinge, die mich furchtbar ärgern“, erklärte Werbegemeinschafts-Vorsitzender Peter Rienhöfer, als er im Urlaub von vorzeitig geschlossenen Läden hörte. Ein Stückweit verstehen könne er die Kollegen zwar, aber man könne auch anders reagieren: „Beispielsweise das Personal herunterfahren und dann selber bis zum Ende bleiben.“
Schwerte kenne kein-Late-Night Shopping. Deshalb brauche es halt seine Zeit, bis es funktioniert: „So ein Veranstaltungscharakter, der muss wachsen.“ Andererseits sei man verwöhnt von der Besucherfrequenz an verkaufsoffenen Sonntagen.
Ein Late-Night-Shopping gab es nach Rienhöfers Angaben zuletzt einmal vor elf Jahren, als der Künstler Jan van Nahuijs aus einem Eisblock eine Skulptur gestaltete. Verkaufsoffene Sonntage fielen zuletzt der Corona-Krise zum Opfer.
Jetzt setzt die Werbegemeinschaft ihre Hoffnung darauf, dass der Weihnachtsmarkt „Bürger für Bürger“ stattfinden kann, um ihn mit einem Einkaufssonntag zu begleiten.
Reinhard Schmitz, in Schwerte geboren, schrieb und fotografierte schon während des Studiums für die Ruhr Nachrichten. Seit 1991 ist er als Redakteur in seiner Heimatstadt im Einsatz und begeistert, dass es dort immer noch Neues zu entdecken gibt.
