Kostüme waren bei uns noch nie einfach. Die karnevalistischen Gene, die meine Mutter aus dem Rheinland mit in die Familie gebracht hat, sind offenbar nicht bei meinen Jungs angekommen. Entsprechend kompliziert waren Ereignisse wie Rosenmontagsfeiern oder Halloween, die ja auch gern an Schulen gefeiert werden. Die Angst, sich zu blamieren, war immer riesig. Ich war froh, als sie endlich aus dem Alter raus waren.
Und dann grätschen uns am Ende des zehnten Schuljahres die Mottotage dazwischen. Nicht ein Kostüm muss ausgesucht werden, auch nicht zwei. Fünf sind es insgesamt, die zum Abschied der Zehnerklassen in der Schule getragen werden. Und ganz plötzlich ist sie da: Die Bereitschaft, sich vor allen anderen zum Affen zu machen. Oder zumindest zum Jedi.

Warum eigentlich nicht Leia?
Denn ein Motto, das unweigerlich immer wieder auftaucht, sind die „Kindheitshelden“. Davon gab es bei uns so einige. Doch wie verkleidet man sich als „Lightning McQueen“ aus dem Pixar-Film Cars? Oder noch komplizierter: Wie könnte ein Kostüm aussehen, das „Thomas“ der Dampflok ähnlich sieht? Tatsächlich gibt es solche Kostüme, doch die sind nicht gerade für Jugendliche geeignet, die fast 1,80 Meter groß sind.
Was noch passen würde, wäre der Stormtrooper-Helm. Doch den Hinweis hätte ich mir sparen können. Sturmtruppler können nix. Sie sehen nicht cool aus, laufen wackelig herum, schießen immer daneben und haben entsprechend kein Heldenpotential. Auch Darth Vader und Kylo Ren scheiden aus, obwohl wir von diesen Herrschaften noch komplette Kostüme besitzen. Eine Option wäre noch Prinzessin Leia, doch dieser Vorschlag von meiner Seite kommt nicht gut an beim Nachwuchs. Schade, das Kostüm wäre praktisch umsetzbar gewesen: ein weißes Kleid und zwei Rosinenschnecken, an einem Haarreif befestigt.

Am Ende ist es der gute alte Obi Wan Kenobi, der uns mit seinem braunen Kapuzenumhang heldenhaft zur Seite springt. Auch der Umhang ist nach zehn Jahren in der Verkleidungskiste viel zu kurz, aber egal. Hauptsache die Kapuze passt. Dazu noch zwei schicke Lichtschwerter, und fertig ist Kostüm Nummer eins.
Beim Thema „Nationalitäten“ wundern wir Eltern uns dann wieder: Als Deutscher will der Junge gehen, und zwar als „typischer Alman“. Entsprechend trägt er Badeschlappen mit hochgezogenen Tennissocken und dazu eine kurze Jogginghose. Als würden mein Mann oder ich jemals so vor die Tür gehen! Was allerdings ein gut gewähltes Oberteil ist: das Fußball-Trikot der deutschen Nationalmannschaft von Anno 2014, das der Junge damals beim WM-Endspiel anhatte. Das kann er zwar inzwischen nur noch bauchfrei tragen, aber es steht ihm gut.
Hinterher fällt uns ein, dass das Trikot auch gut zum Motto „Kindheitshelden“ gepasst hätte. Aber die Mottotage stehen ja spätestens in zwei Jahren beim nächsten Jungen wieder an. Bis dahin feile ich auch noch an der Prinzessin-Leia-Idee.
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