Die Waltons lassen grüßen Wenn die Jungs Übernachtungsgäste haben

Die Waltons lassen grüßen: Wenn die Jungs Übernachtungsgäste haben
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Es ist nicht lange her, da hatte ich darüber geschrieben, dass sich meine Jungs während der Ferien in Vampirwesen verwandeln. Damals waren sie 13 und 15 Jahre alt. Sie schliefen tagsüber und wandelten nachts umher. Man lebte also mehrere Wochen quasi aneinander vorbei. Eine interessante Erfahrung.

Zwei Jahre später hat sich dieses Verhalten geändert. Die Nacht wird weiterhin zum Tag gemacht, doch die Personenanzahl hat sich erweitert. Übernachtungsgäste sind während der Sommerferien 2024 angesagt. An denen kommt man nicht vorbei – und wenn wir Eltern als Hotelinhaber und Küchenchefs gewisse Regeln beachten, ist ein friedliches Zusammenleben garantiert. Wie bei den Waltons!

Ein Fahrrad ist mit Paketband umwickelt und goldfarben angesprüht.
Ein Hoch auf Paketband und goldene Lackfarbe! © Martina Niehaus

Regel Nummer 1: Check-in überprüfen

  • Wie viele Gäste haben für den heutigen Abend eingecheckt, wie sind sie angereist und ist für das Wohlbefinden gesorgt? Das ist schnell überprüft. Komme ich von der Arbeit nach Hause und sehe schrottreife Fahrräder herumliegen, weiß ich: Die Kollegen sind da. Ein Rad wird praktisch nur noch durch Paketband zusammengehalten. Der Zombie-Drahtesel erinnert mich an eine Kurzgeschichte von Stephen King, und der Name ist Programm: „Manchmal kommen sie wieder...“
  • Lagerfeuergeruch ist ein untrügliches Zeichen, dass sich eine Horde Übernachtungsgäste ihr Abendessen im Garten zubereitet. Ich kann dann nur noch mahnen, die Wurst und das rohe Hackfleisch, das sie dafür verwenden, doch bitte, bitte gut durchzubraten. Wobei mein Sohn, der Gourmet, auch gern mit Tiefkühl-Paella auf dem Lagerfeuer experimentiert. Den Mutigen gehört die Welt!
  • Zahnbürsten sind inzwischen kein Indiz mehr für die Anzahl unserer Übernachtungsgäste – da alle Freundinnen und Freunde ihre festen Zahnbürsten dauerhaft in unserem Bad deponiert haben. Mein Mann und ich sind schon froh, wenn wir unsere darin noch finden können.

Über einem Lagerfeuer liegt ein Rost mit einer Pfanne darauf. In der Pfanne ist Paella.
Lecker: Tiefkühl-Paella vom Lagerfeuer. Nur rohes Hackfleisch ist schöner! © Martina Niehaus

Regel Nummer 2: Vorräte bereitstellen

  • Schuhe auf Terrasse und Flur helfen bei der persönlichen Identifikation der Gäste – und bei der Verpflegungsfrage. Handelt es sich um Karnivoren oder Herbivoren? Himmelblaue Samba-Sneaker in Größe 35 bedeuten: Ich muss die Veggie-Snacks auftauen. Adiletten in Größe 47 signalisieren: Mindestens zwei Zehnerpacks Bratwürstchen sind gefragt!
  • Das verdiente Feierabend-Bierchen am Wochenende ist für uns Eltern inzwischen in Gefahr – falls wir nicht für genug Vorräte sorgen. Denn sowohl unsere Jungs als auch deren Besuch sind einem Kaltgetränk ebenfalls nicht abgeneigt. Sobald sich jedoch der Große an meinen Cocktailzutaten vergreift, liegt die Fliegenklatsche bereit.
  • Bei den Getränken entwickelt sich, wie bei Klamotten, ein zunehmendes Markenbewusstsein. Hier zeigt sich allerdings noch mangelnde Erfahrung. „Also letztens hatten wir so Billig-Bier, das war ganz gut. Der Name fing mit H an.“ – „Meinst du Hansa?“ – „Nee. Warte, gleich fällt es mir ein. Genau: Becks Gold!“ Billig und mit H? Finde die Fehler, mein Kind...

Eine Packung Mini-Frühlingsrollen liegt im Tiefkühlfach.
Karnivoren oder Herbivoren? Wenn die Mädels da sind, halte ich immer Veggie-Snacks bereit. © Martina Niehaus

Regel Nummer 3: Schlafplätze herrichten

  • Haben wir genug Kissen und Decken? Liegen Handtücher bereit? Hat jemand eine Katzenhaar-Allergie? Hier sind unsere Gäste sehr pflegeleicht. Kissen und Decken suchen sie sich selbst zusammen, notfalls würden sie auch im Stehen an der Wand schlafen. Sitzt am nächsten Morgen jemand mit verkratzten Unterarmen am Frühstückstisch, hat er bei der Katze gepennt.
  • Schlafklamotten bringt niemand mit. Die Herren nächtigen grundsätzlich „oben ohne“, die Damen werden (zum Glück) von meinen Söhnen immer großzügig mit T-Shirts versorgt.
  • Streit im Bad gibt es nie – vor allem die Mädels benutzen das Drei-Quadratmeter-Gästebad sehr effektiv. Das Gesicht meines Mannes, wenn er klopft und kurz darauf vier Mädels gleichzeitig fröhlich grüßend herauskommen, ist unbezahlbar.
  • Extras wie Wärmekissen, Nasenspray, Wasser am Bett, Eimer neben dem Bett und kleine Snacks für das Nachttischchen werden gern genommen. Schokolade auf dem Kopfkissen finde ich allerdings eher am Folgetag. Frühstückswünsche flüstern mir die Söhne manchmal noch nach Mitternacht zu: „Also wenn es keine Umstände macht, Mama: Die Jule mag Schokocroissants, und der Matteo steht auf Mohnbrötchen.“

Ein Kasten Radler
Das Radler schmeckt fast genauso gut wie dieses Billig-Bier mit H. © Martina Niehaus

Und dann sagen wir uns alle Gute Nacht.

Gute Nacht Ma, gute Nacht Pa.

Gute Nacht, Jason und Ben. Gute Nacht, Erin.

Gute Nacht, Mary-Ellen. Gute Nacht, Jim-Bob.

Gute Nacht, John-Boy. Gute Nacht, Doppelkopp.

Gute Nacht!