
© Martina Niehaus
Familienfreundliche Unternehmen in Schwerte: „Wenn es Probleme gibt, finden wir eine Lösung“
Pluspunkt Familie
Das Bündnis für Familie Kreis Unna zeichnet familienfreundliche Unternehmen aus. Unter den Schwerter Kandidaten ist auch das Klara-Röhrscheidt-Haus, eine Pflegeeinrichtung der Diakonie.
Pflegeberufe sind gerade in der Corona-Pandemie eher durch negative Berichterstattung in den Fokus gerückt worden. Schichtdienst, Überstunden, Unterbezahlung, zu wenig Personal. Familienfreundliche Arbeitszeiten? Von wegen. Doch im Schwerter Klara-Röhrscheidt-Haus, das der Diakonie Mark-Ruhr angehört, sitzen gerade zwei junge Mitarbeiterinnen des Pflegedienstes – und schwärmen von ihrem Job.
Es sind Pflegekraft Yvonne Martella und Pflegefachkraft Ramona Reuter, beide 33 Jahre alt. „Es gefällt mir super gut hier“, sagt Ramona Reuter. „Jeden Tag gibt es neue Herausforderungen, die wir in einem tollen Team meistern. Wir unterstützen uns gegenseitig. Das ist fast wie in einer Familie.“
Yvonne Martella, Mutter von zwei Kindern, gibt ihr Recht. Ihre Jungs sind 4 und 9 Jahre alt. „Wenn es da mal Probleme gibt, finden wir immer gemeinsam eine Lösung. Bei den Arbeitszeiten zum Beispiel“, erzählt sie.
So seien die Kolleginnen und Kollegen ihr beiseite gesprungen, als die Kitas wegen Corona in die Notbetreuung gewechselt waren. „Ich konnte den Kleinen erst später bringen als gewöhnlich, aber durch die Hilfe von hier habe ich das gut hingekriegt“, erzählt Yvonne Martella. „Mein Beruf macht jede Menge Spaß. Und er ist sicher“, fügt sie hinzu.
Offene Gespräche sind wichtig
Das hört Pflegedienstleiter Thomas Buschmann gern. Er glaubt, dass es besonders wichtig ist, offen miteinander zu reden. „Nur so können wir etwas über die Grenzen und die Bedürfnisse der Kollegen erfahren.“ Und Stefan Weizmann, der Leiter der Einrichtung, ergänzt: „Wir haben nicht nur einen unternehmerischen, sondern einen gemeinnützigen Auftrag. Die ethischen und moralischen Grundsätze der Diakonie strahlen etwas aus. Auch in der Belegschaft kommt das an.“
Daher sei die Bewerbung beim „Pluspunkt Familie“ auch kein Rennen um einen Titel. „Den Titel haben wir bei unserer Belegschaft, oder wir haben ihn eben nicht“, sagt Weizmann. Doch als Basis eines Arbeitsbereiches, der zurzeit mit Imageproblemen kämpft, möchte er „zeigen, wie es geht“.
Masken, Mehl und Einkaufsservice: „1.001 Kleinigkeiten“
Und wie geht es? Warum fühlen sich Mitarbeiter der Einrichtung so wohl in ihrem Job? Stefan Weizmann zählt einige Dinge auf: Die Digitalisierung ermögliche Bürotage zu Hause, für die Mitarbeiter entsprechend mit Hardware ausgestattet wurden. Für diejenigen, die nicht ins Homeoffice konnten – und die daher unter anderem beim Einkaufen in Zeitnot gerieten – organisierte man über Ehrenamtliche einen Einkaufsservice.
In der Zeit der Hamsterkäufe standen für die Mitarbeitenden größere Mengen an Mehl, Zucker oder sogar Toilettenpapier bereit. Während der Maskenknappheit nähte man innerhalb von vier Wochen 2.000 Masken, die auch an die Familien zu Hause ausgeteilt wurden. „Es waren 1.01 Kleinigkeiten“, erzählt der Chef.
Wer in der Pandemie mit die größte Hilfe für die Fachkräfte war? Es waren die Bewohner. Yvonne Martella erzählt: „Sie haben uns oft wieder runtergeholt. Haben uns erzählt, dass sie früher im Krieg ihre Verwandten monatelang nicht gesehen hatten – und nicht einmal wussten, ob sie noch lebten. Das hat auch uns wieder Kraft gegeben.“
„Wir fühlen uns wertgeschätzt“
Doch nicht erst durch Corona klappt das Miteinander im Klara-Röhrscheidt-Haus. „Jede unserer Einrichtungen hat andere Gegebenheiten, und die Diakonie unterstützt jede Einrichtung darin“, erläutert Iris Daas, Diakonie-Fachbereichsleiterin für den Kreis Unna.
So gebe es ein spezielles Gesundheitsmanagement, Fortbildungen oder auch Auszeiten nach besonders anstrengenden Zeiten. „Das Fitnessmobil mit der Rückenschule ist nur ein Beispiel“, sagt Iris Daas. Andere Beispiele sind gemeinsames Waffelbacken, die Chefs, die zum Grillen in den Garten einladen oder – wie im letzten Jahr – ein großer Weihnachtsbaum mit Krippe, der auf dem Gelände aufgebaut wurde und ausdrücklich auch für Kinder und Familien bestimmt war. „Man fühlt sich hier wertgeschätzt“, sagt Pflegefachkraft Ramona Reuter.
Einrichtungsleiter Stefan Weizmann hat selbst eine kleine Tochter. Er fasst das Arbeitsklima so zusammen: „Wir verbringen hier mitunter mehr Zeit als zu Hause. Also müssen wir unser Umfeld ein Stück weit zu unserer Familie machen.“
DER WETTBEWERB „PLUSPUNKT FAMILIE“
- 26 Unternehmen, Einrichtungen und Verbände sind im Rennen um den „Pluspunkt Familie“ und wollen damit als familienfreundliches Unternehmen Kreis Unna 2021 ausgezeichnet werden. Sie haben sich beim Wettbewerb des Bündnisses für Familie Kreis Unna beworben.
- In diesen Wochen haben Vertreter vom Bündnis für Familie, der Kreisverwaltung Unna, dem Jobcenter Kreis Unna, der Arbeitsagentur und der Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Unna die Firmen besucht und Informationen über das jeweilige familienorientierte Firmenengagement als Grundlage für die Juryentscheidung gesammelt.
- Zwei weitere Schwerter Unternehmen, die sich beworben haben, sind „Diagramm Halbach“ und „Hörakustik Hesselbach“ Wir haben auch diese Bewerber vorgestellt.
Begegnungen mit interessanten Menschen und ganz nah dran sein an spannenden Geschichten: Das macht für mich Lokaljournalismus aus.
