Für eine knappe Stunde im Jahr lag Schwerte irgendwie am Rhein – gefühlt nur natürlich. Heerscharen von bunten Bleistift-Männchen, Marsbewohnern, Prinzessinnen oder Schneemännern wieselten am Rosenmontag beim Karnevalsumzug der Schwerter Grundschulen durch die Fußgängerzone. Vorneweg als Taktgeber oft die Unterrichtstrommeln, die flugs auf Bollerwagen geschraubt worden waren. All das ist nach der Corona-Pandemie nur noch schöne Erinnerung, an der wir Sie, liebe Leserinnen und Leser, mit einem kleinen Fotorückblick aus dem Redaktionsarchiv teilhaben lassen möchten.
„Ein Gewinn für das Stadtbild“
„Das war ein Gewinn für das Stadtbild“, schwärmt noch immer die langjährige Rektorin der Friedrich-Kayser-Schule, Renate Goeke. Im „stillen Kämmerlein“ hatte sie zusammen mit der damaligen Leiterin der Offenen Ganztagsschule, Ingrid Scholz, überlegt, wie man einen Karnevalsumzug auf die Beine stellen könnte. „In Eigenverantwortung hat Frau Scholz dann in vielen Stunden mit den Kindern die Kostüme hergestellt, Kinder und Eltern motiviert“, berichtet Renate Goeke. Das Projekt sei mit der Schule verzahnt worden, sodass beispielsweise die Kunstlehrerin zu Rate gezogen werden konnte, um der Verkleidung den letzten Schliff zu geben: „Das ist Schulleben in meinen Augen, weil alle mitgemacht haben.“

Mit welcher Begeisterung und Fantasie in den OGS-Räumen gewerkelt worden war, konnten die Schwerter bei der Premiere im Jahre 2005 öffentlich bewundern. Vom Treffpunkt an der Friedrich-Kayser-Schule (FKS) bewegte sich die junge Narrenschar johlend durch die Eintrachtstraße und die Fußgängerzone hinunter bis zum Marktplatz. Bei der Rückkehr auf dem FKS-Schulhof wurden die Kostümierten nicht nur von Berliner Ballen und Getränken überrascht, sondern auch von Kuchen, den Eltern zur Feier des Tages gebacken hatten.

„Der Funke ist dann übergesprungen“, erzählt Renate Goeke. In den Folgejahren schlossen sich immer mehr Grundschulen und auch Kindergärten dem Rosenmontagszug an, der auf bis zu 450 Teilnehmer anwuchs. Etliche Kaufleute in der City freuten sich genauso auf das närrische Ereignis und bereiten Kamelle vor. Besonders belagert war stets die Adler-Apotheke, deren damaligen Inhaberin Sigrid Bohr die Nachwuchs-Jecken ausgiebig mit Süßigkeiten versorgte – auch wenn sie noch so jung waren, dass sie von den begleitenden Müttern im Fahrradkorb mitgeschoben wurden.

Was keiner sah, war die Arbeit, die hinter dem Faschingstreiben steckte. Vom Basteln der Kostüme bis zur Logistik, um die Kinder der anderen Schulen in die Innenstadt zu karren. „Das war eine Herkulesaufgabe“, erklärt Renate Goeke, die Anfang 2015 in den Ruhestand ging: „Ich bin immer noch total begeistert, dass uns das gelungen ist.“ Doch 2019 erstickte die Tradition unter Sicherheitsauflagen, nachdem die Polizei keine Festzüge mehr begleiten wollte. Die geplante Neukonzeption für das nächste Jahr stoppte dann die Corona-Pandemie. Seitdem ist Schwerte wieder eine narrenfreie Zone an der Ruhr.
