Vierzigtonner malträtieren die geheimnisvolle Platte regelmäßig mit ihren grobstolligen Reifen. Passantinnen und Passanten treten sie unachtsam mit Füßen. Doch das macht dem schweren Gusseisen, das selbst die ringsherum einschlagenden Fliegerbomben des Zweiten Weltkriegs überstanden hat, nichts aus.
Noch immer lässt sich aus den erhaben eingegossenen Buchstaben mühelos die Aufschrift „Kreiswasserwerk Hörde“ entziffern. Sie ziert einen Kanaldeckel-Schatz, der an der Einmündung Beckestraße/Eisenindustriestraße von der Frühzeit der Trinkwasserversorgung in Schwerte erzählt.
Projekt vom Landkreis Hörde
Genau genommen, sind es sogar zwei benachbarte Abdeckungen, die von dem vergeblichen Versuch der einst selbstständigen Stadt Hörde geblieben sind, auf Distanz zum großen Nachbarn Dortmund zu gehen. Von 1886 bis 1929 – so ist in der Internet-Enzyklopädie Wikipedia zu lesen – war sie sogar Sitz eines eigenen Landkreises Hörde, dem damals auch Schwerte angehörte.
Und dessen Lenker bauten zur Abgrenzung nicht nur ein Straßenbahnnetz auf schmaleren Schienen als in Dortmund auf, sondern auch eine eigene Wasserversorgung. 1909 wurde der Bau eines Wasserwerks auf Flächen beschlossen, die man zuvor an der Ruhr in Westhofen aufgekauft hatte. Drei Jahre später ging die Anlage in den Probebetrieb. Doch erst ab dem 1. April 1913 konnten die Menschen im Kreis Hörde ihr eigenes Wasser trinken, da sie bis dahin vertraglich an das Städtische Wasserwerk Dortmund gebunden waren.

„Das Hörder Experiment blieb ein Intermezzo, das den wachsenden Schwierigkeiten der Wasserversorgung in und nach dem Ersten Weltkrieg nicht standhielt“, schreiben die Dortmunder Stadtwerke in einer Chronik zu ihrem 125-jährigen Bestehen. Das Kreiswasserwerk habe große Mühe gehabt, den wachsenden Bedarf seiner Kundinnen und Kunden aus Wirtschaft und Privathaushalten zu decken. Vor allem in trockenen Jahren habe die Wasserqualität spürbar nachgelassen.

Bau des Stauwehrs in Westhofen
Um die Mangelsituation zu beheben, kam das Kreiswasserwerk Hörde auf die Idee, die Ruhr in Westhofen durch das bis heute erhaltene Wehr aufzustauen. Das ermöglichte gleichzeitig den Bau eines Wasserkraftwerks, mit dem sich teure Kohle für die Dampfmaschinen der mächtigen Pumpen einsparen ließ.
„Aber mit dieser Investition hatten sich die Hörder übernommen“, heißt es in der Jubiläumsschrift weiter. Deshalb habe man der Stadt Dortmund angeboten, die bislang konkurrierenden Werke zusammenzuschließen. 1920 entstand als Gemeinschaftsbetrieb die Dortmunder Wasserwerks-Gesellschaft mbH, in der allerdings die Großstadt das Sagen hatte, weil sie einen wesentlich größeren Teil des Kapitals beisteuerte.
Acht Jahre später endete dann auch die Ära des Kreises Hörde, der größtenteils nach Dortmund eingemeindet wurde. Nur die Städte Schwerte und Westhofen wurden dem Kreis Iserlohn zugeschlagen, der ebenfalls schon lange wieder Geschichte ist.

Schacht am Hoesch-Gelände
Was blieb, sind die beiden Kanaldeckel, die bei der jüngsten Sanierung von Fahrbahn und Bürgersteig sogar sorgsam wieder eingepflastert worden sind. „Es wäre zu schade, wenn man sie wegwerfen würde“, sagt der Westhofener Manfred Althaus (86), der sein Berufsleben als zuständiger Meister in den Wasserwerken von Lappenhausen bis Westhofen verbracht hat.
Er kennt nicht nur die beiden uralten Kanaldeckel, sondern auch das gesamte unterirdische Großverteilsystem der Anlagen, die heute zu den Wasserwerken Westfalen gehören. Die dicken Rohre seien alle längst ausgewechselt und saniert worden, weiß er. Unter den historischen Deckeln an der Zufahrt zum Hoesch-Gelände liege keines mehr: „Da ist nur noch ein Schacht vorhanden.“ Aber der führt immer noch herab in ein spannendes Kapitel der Schwerter Stadtgeschichte.
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