Kaiser Franz: „Streamingkonzerte sind der nächste Sargnagel für die Kultur“

© Carsten Nachlik Photography

Kaiser Franz: „Streamingkonzerte sind der nächste Sargnagel für die Kultur“

rnSänger mit neuer Single

Die Corona-Pandemie hat Kaiser Franz genutzt, um eine neue Single zu produzieren. Mit „Hurra, Hurra“ hält er der Gesellschaft den Spiegel vor– scharfzüngiger als je zuvor.

Schwerte

, 28.12.2020, 11:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

An seine Auftritte in Schwerte denkt Kaiser Franz noch immer gern zurück. 2015 gewann er ihm Rahmen des Pannekaukenfestes den Wettbewerb „Schwerte sucht den Superstar“, vier Jahre später trat er dort erneut auf, als alle Vorjahressieger noch einmal eingeladen wurden.

Mit seinem „Royalen Alternative Rock“, wie es der Sänger selbst beschreibt, begeisterte er damals das Publikum in der Ruhrstadt. Doch die Erinnerungen des Sängers, der aus Recklinghausen stammt und dort weiterhin lebt, gehen noch viel weiter zurück: „In Schwerte habe ich damals meine ersten Konzerte gespielt. Wir haben vorher drei Plakate aufgehängt und die Bude war trotzdem voll“, berichtet er.

Während der Corona-Pandemie entstanden neue Songs

Wie für alle anderen Künstler auch geht für Franz Ahl – so sein bürgerlicher Name – ein nicht ganz einfaches Jahr zu Ende. Wegen der Corona-Pandemie waren Auftritte so gut wie gar nicht möglich. Doch der Sänger nutzte die Ruhe, um sich ein bisschen zurückzuziehen und neue Songs zu schreiben und – sofern es die Bedingungen zuließen – mit seiner Band ins Studio zu gehen.

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Pünktlich zum Jahreswechsel erscheint nun seine neue Single „Hurra, Hurra“, die der Sänger als Statement zur gegenwärtigen Lage der Nation verstanden wissen will: „Überall wird nun beklagt, dass man keine Konzerte, Theater und Kneipen mehr besuchen kann – und das vielerorts von Menschen, die auch vor der Pandemie schon kein Geld für Kultur oder Gastronomie ausgegeben haben“, erklärt der 33-Jährige.

„Überangebot an Kultur“ in der Ruhrgebietsregion

Was er damit sagen will: Natürlich sei die aktuelle Situation für Künstler besonders schwierig, da die Einnahmen fehlen und teils große Existenznöte entstehen. Doch der Sänger beklagt, dass der öffentliche Ruf nach Kultur in dieser Zeit zwar besonders laut sei, ihr in normalen Zeiten jedoch auch zu wenig Wertschätzung entgegengebracht würde.

„Besonders in der Ruhrgebietsregion haben es kleine Künstler schwer, da es ein Überangebot an Kultur gibt“, erklärt er. Dabei müsse man sich die Frage stellen, welche Art von Kultur überhaupt wünschenswert sei: „Will man wirklich Riesenkonzerte mit tausenden Leuten? Unsereins tourt durch die Lande und spielt kleine Konzerte. Wenn man dafür aber neun Euro Eintritt nimmt, ist das vielen schon zu viel.“

„Ich will mich auf keinen Fall noch mal vor eine Kamera stellen“

Den digitalen Alternativen zu Live-Konzerten, die im Zuge der Corona-Pandemie auf verschiedenste Weisen ausprobiert wurden, kann der Sänger nicht viel abgewinnen: „Ich will mich auf keinen Fall noch mal vor eine Kamera stellen und ein Online-Konzert geben. Diese Streaming-Konzerte sind für mich ein weiterer Sargnagel für die Kultur“, findet er markige Worte.

Denn während die Leute auf der Bühne so zwar ein bisschen Aufmerksamkeit bekämen, gerate der Rest in den Hintergrund: „Zu einem Konzert gehören so viele andere Leute dazu. Das fängt bei dem Techniker an und geht bis zum Kellner, zur Kassiererin oder zum Platzanweiser.“ Menschen, die ohnehin nie im Rampenlicht stehen würden, aber abhängig sind vom Erfolg der Künstler.

„Kaiser Franz“ wird zur Kunstfigur

In seiner neuen Single hält er der Gesellschaft daher bewusst den Spiegel vor. Kaiser Franz wird daher erstmals nicht zum einfachen Pseudonym des Sängers, sondern zur reinen Kunstfigur – großspurig-markant im Auftreten und mit scharfzüngigen, zynischen, vielleicht auch ironischen Texten. Unterstützt wird er von der kaiserlichen Hofkapelle, bestehend aus Mauro Ballerini (Gitarre), Marco Ballarini (Bass) und Tom Birlenbach (Drums). Weitere Projekte sind bereits in Planung, unter anderem hat der Sänger bereits ein neues Album in der Pipeline.

Wann er damit wieder live auftreten wird? Das steht erstmal noch in den Sternen. Genaue Planungen seien derzeit einfach nicht möglich, so Kaiser Franz: „Erstmal haben wir vor, sobald es wieder möglich ist, wieder ins Studio zu gehen. Alles Weitere sehen wir dann.“