Der heimische Bundestagsabgeordnete Hubert Hüppe (CDU) gilt als Freund klarer Worte. Das spiegeln auch seine Auftritte bei Facebook und Instagram wider, wo ihm jüngst nach den Angriffen auf Einsatzkräfte in der Silvesternacht verbal der Kragen platzte.
„Ich kann es einfach nicht mehr ab, dass die Schuld an den Gewalttaten am Silvesterabend gegen Einsatzkräfte jetzt beim Staat statt bei den Tätern gesucht wird!“, leitete Hüppe sein Statement ein. Weiter schrieb er: „Wer angeblich wegen Verfolgung nach Deutschland kommt, vom Staat mit Steuermitteln finanziert wird und aus Dankbarkeit Sanitäter, Polizisten und Hilfskräfte angreift und Brände legt, hat in Deutschland nichts zu suchen! Wir müssen diese Täter abschieben, statt immer nur zu reden! Ich verstehe aber auch nicht die Justiz, die die Leute sofort wieder freilässt… Wir schützen auch damit die tatsächlichen Flüchtlinge, die sich bemühen, sich hier zu integrieren und zu arbeiten.“
Für diesen Beitrag erntete der 66-jährige CDU-Politiker viele Gefällt-mir-Angaben und Kommentare, darunter viele zustimmende, wie diesen hier von Ralph Kobialka: „Ich finde gut Hubert das Du die Wahrheit ansprichst. Ich habe das Gefühl das sich in Deutschland niemand mehr traut die wirklichen Probleme anzusprechen.“ (Zitat 1:1 übernommen, Anm. d. Red.)
Aber es gibt auch einige kritische Reaktionen – wie die von Urs Dillenhöfer, der fragt: „Den größten Anteil machen ja nach aktuellen Informationen wohl Deutsche aus, wohin sollen die denn abgeschoben werden?“
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Oliver Kaczmarek: Nicht alle über einen Kamm scheren
Zur Herkunft der Täter in Berlin gibt es in der Tat unterschiedliche Angaben und Deutungen. Wie der Berliner Tagesspiegel berichtete, wurde inzwischen die ursprünglich genannte Zahl von 145 Menschen aus 18 verschiedenen Nationen, die nach Angriffen auf Polizei und Feuerwehr festgenommen worden waren, auf 38 deutlich nach unten korrigiert. Die übrigen 107 wurden wegen anderer Delikte festgenommen. Von diesen 38 Festgenommenen waren laut Tagesspiegel zwei Drittel deutsche Staatsbürger, die meisten jünger als 21 Jahre.
Klar ist aber auch, dass zahlreiche Menschen, die Polizei und Feuerwehr attackiert haben, nach übereinstimmenden Schilderungen der Einsatzkräfte und belegt durch Videos einen Migrationshintergrund haben. Was wiederum nicht automatisch gleichzusetzen ist mit Asylbewerbern.
Die beiden anderen Bundestagabgeordneten aus dem Wahlkreis Unna I mahnten im Gespräch mit unserer Redaktion am Mittwoch (11. Januar) zu einem differenzierteren Umgang mit dem Thema. „Ich weiß nicht, wohin Herr Hüppe die Täter alle abschieben will“, sagte Oliver Kaczmarek (SPD) mit Blick auf Menschen, die zwar eine Zuwanderungsgeschichte, aber auch einen deutschen Pass haben. Kaczmarek warnte vor Pauschalurteilen. „Wir dürfen nicht zulassen, dass die Leute, die sich hier anständig einbringen und gut integrieren, mit den Chaoten über einen Kamm geschoren werden. Wir sind ein Einwanderungsland und brauchen diese Menschen, um unseren Wohlstand erhalten zu können“, betonte Kaczmarek.
Er sagte aber auch: „Es ist überhaupt keine Frage, dass Gewalt gegen Einsatzkräfte nicht zu tolerieren ist und mit voller Härte bestraft werden muss, und zwar schnell. Das darf nicht einreißen. Der Staat muss sich wehren. Egal welcher Herkunft die Täter sind.“ Kürzere Gerichtsverfahren seien in diesem Zusammenhang ganz wichtig, aber es gelte die Behörden auch personell entsprechend auszustatten, damit dies überhaupt möglich sein könne.
Ferner gelte es die Ursachen für die Gewalt und den erschreckenden Mangel an Respekt gegenüber Polizisten und Rettungskräften zu bekämpfen. „Das geht nicht, indem ich einen billigen Punkt mache und mir Beifall in den sozialen Netzwerken abhole“, so Kaczmarek. Die Aufgabe sei ungleich schwieriger und eine für die gesamte Gesellschaft. „Wir müssen verhindern, dass diese Leute, insbesondere junge Männer, überhaupt auf diese Schiene geraten. Das geht nur über Bildungs- und Teilhabeangebote und Integration.“ Wer diese Chancen nicht ergreife, müsse dann aber auch die Konsequenzen tragen.

Michael Sacher: Gesamtgesellschaftliches Problem
Der Abgeordnete Michael Sacher (Grüne) sprach in Bezug auf Hüppes Beitrag von einer „sehr verkürzten Wahrnehmung“. Das eigentliche Problem sei der Verlust an Respekt gegenüber Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst. „Wie kann man gegen Helfer sein und die angreifen? Das ist kein Problem von Migration, sondern ein gesamtgesellschaftliches. Da muss man sich nur die Corona-Demos anschauen.“
Auf die Frage nach einer Lösung des Problems sprach Sacher von „langwierigen Prozessen“. Viel hänge auch mit schlechter Kommunikation von Politik in die Gesellschaft zusammen und auch mit der Wahrnehmung, die durch die mediale Berichterstattung entstehe. Sacher nannte als Beispiel: „Wenn 100 Polizei-Einsätze gut laufen, redet keiner darüber, aber wenn einmal etwas schief läuft, zeigen alle mit dem Finger darauf.“
Angesprochen auf die immer wieder erhobene Forderung nach härteren Strafen, sagte Sacher: „Wir leben nicht im Iran, wo Leute einfach im Knast bleiben, weil man der Meinung ist, das ist ein Arschloch. Wir sind ein Rechtsstaat und haben Gesetze, und an die halten sich Justiz und Polizei.“ Es hapere aber an der Überlastung der Justiz. Sacher: „Wenn ich heute eine Straftat begehe und dafür erst in drei Jahren belangt werde, ist das schlecht und muss es sich ändern.“