
© Reinhard Schmitz
Kneipe, Tankstelle, Puff: Für das Hotel Drei Linden schlägt die letzte Stunde
Ausbau B236
Es gab noch keine Autobahn, als das Drei Linden an der Hörder Straße als Treffpunkt der Nachbarn eröffnet wurde. Jetzt weicht es dem Ausbau der B236. Das Hotel hat eine bewegte Geschichte.
Der Puff im quietschgelben Nebengebäude war die schillerndste Ära des Hotels Drei Linden an der Hörder Straße. Jetzt aber muss das markante, aber in jahrelangem Leerstand immer mehr heruntergekommene Gebäude Platz machen für den Ausbau der B236 in diesem Bereich.
Nachbarn scharten sich einst im Saal um den Schwarzweiß-Fernseher
Die Verkleidungen der Fassaden waren schon am Anfang der Woche verschwunden, zwischen den Dachpfannen klafften größere Lücken. Geblieben war nur ein Schriftzug über der Eingangstür: Die Buchstaben „HJ Doering“ erinnerten an den Namen jenes Betreibers, unter dem das Lokal seine letzte große Blüte erlebte.
Mit Biergarten, Saal und Kegelbahn hatte es – so erinnert sich Nachbar Manfred Rommel – einst zu den gern besuchten Gaststätten auf der Schwerterheide gezählt: „Mit dem Aufkommen des Schwarz-Weiß-Fernsehens füllten auch viele Nachbarn einen Nebenraum, um ja nicht ,Peter Frankenfeld´ zu verpassen.“ Eine Flimmerkiste im Wohnzimmer konnte sich noch nicht jeder leisten.

Mit dem Opel vorfahren: So sah das Hotel Drei Linden an der Hörder Straße 92 zu seiner Blütezeit aus. © Franz Schwieder/Stadtarchiv
Ursprünglich konnte man bei Drei Linden nicht nur Bier tanken, sondern auch Benzin. „Der Kneipe angeschlossen war – neben dem landwirtschaftlichen Kotten – eine Aral-Tankstelle, eine sogenannte Bürgersteigpumpe“, weiß Manfred Rommel. Mit einem Handhebel wurde der Sprit nach oben in einen gläsernen Fünf-Liter-Zylinder gepumpt, von wo aus er dann in den Autotank lief. Mit dieser Nostalgie war es vorbei, als Aral eine moderne Großtankstelle südlich vom Talweg baute.
Ländereien des Kottens wurden zum Bau der Autobahn A1 abgegeben
„Betrieben wurde der Gesamtbereich von der Familie Schäfer, in den 40er-Jahren zuletzt von Heinrich und Lenchen Schäfer“, erzählt Manfred Rommel weiter. Seine eigene Familie durfte dort Toiletten und Waschbecken benutzen, nachdem englische Soldaten 1948 ihr Haus besetzt und die Eigentümer in drei primitive Mansardenzimmer gezwängt hatten.
In erster Linie war die Kneipe aber ein Treffpunkt für den regionalen Stammtisch. Sie wurde mehrfach erweitert und umgebaut, bis sich die Schäfers in den 1950er-Jahren vom Tresen zurückzogen. Viele ihrer angrenzenden Ländereien mussten sie damals für den Bau der Autobahn A1 abgeben.

Über der Eingangstür des ehemaligen Drei Linden steht noch der Name des früheren Besitzers. © Reinhard Schmitz
Der Nachbar kann die Namen der nachfolgenden Wirte noch alle aufzählen: Erst übernahm Willi Wagner, dem später „Eken“ Klüh folgte und die Gaststätte zum Treffpunkt der Schwerter Vespa-Clubs machte. Nachdem der letzte Besitzer Doering den Betrieb aufgab, weil auch die später ausgebauten Hotelzimmer an der lauten B236 kein besonderer Erfolg waren, begann der Verfall des Objektes. Sein Nachfolger gab die Beherbergung auf. Ab 2004 stand das Gebäude dann mehr oder weniger leer.
Ordnungsamt schloss den „Hausfrauen-Puff“ im Nebengebäude
Bei einer Zwangsversteigerung erwarb im August 2008 ein Schwerter Immobilienmakler das 1440 Quadratmeter große Gelände, um darauf eine Auspuff-Werkstatt oder ähnliches zu errichten. Stattdessen verpachtete er aber das Drei Linden an einen Frankfurter Gastronomen, der es in ein preiswertes Hotel für Monteure umbauen wollte. Erst 20, später 30 Zimmer waren geplant. Doch außer einigen Aufräumarbeiten passierte nicht viel.

Der Anbau des ehemaligen Hotels Drei Linden wurde kurzzeitig als „Hausfrauenpuff“ genutzt. © Reinhard Schmitz
Zwischenzeitlich genutzt wurde nur das Nebengebäude, das 2012 für einen „Hausfrauen-Club“ sogar renoviert wurde. Der nicht genehmigte Bordellbetrieb Hörder Straße 92a wurde aber ausgerechnet unter den Argusaugen des damaligen Bürgermeisters Heinrich Böckelühr gebaut.
Auf seinem täglichen Arbeitsweg von der Schwerterheide zum Rathaus blieben ihm die Handwerker-Aktivitäten nicht unbemerkt. Als dann auch noch eine hölzerne „Schamwand“ neugierige Blicke auf Parkplatz und Eingang abschirmte, schickte er sein Ordnungsamt vorbei. Die Kontrolleure trafen drei Damen aus Dortmund und deren Kunden an. Der weitere Betrieb des Etablissements wurde verboten. Eine Genehmigung war nicht möglich, weil für das Grundstück im Vorgriff auf den Ausbau der 236 schon eine Veränderungssperre galt.
Reinhard Schmitz, in Schwerte geboren, schrieb und fotografierte schon während des Studiums für die Ruhr Nachrichten. Seit 1991 ist er als Redakteur in seiner Heimatstadt im Einsatz und begeistert, dass es dort immer noch Neues zu entdecken gibt.
