Kein „Syburger Dreiecksrennen“ für Marcel Martens Historische Rennen waren Extremsport anderer Art

Kein Syburger Dreiecksrennen für Marcel Martens: Name war Mogelpackung
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Der Name war eine Mogelpackung. Bei den legendären Hohensyburger Dreiecksrennen quälten sich Motorräder und Rennwagen vor fast 100 Jahren gar nicht den Berg zum Kaiser-Wilhelm-Denkmal herauf. Die Fahrer erspähten nur ganz in der Ferne über sich dessen Silhouette, wenn sie auf einem Kurs Westhofen-Garenfeld-Ergste-Westhofen Gas gaben. Das zeigt Syburg-Experte Jürgen Einhaus auf vielen Dokumenten, die er in seinem Haus an der Reichsmarkstraße zusammengetragen hat.

Viele Schätze aus der Geschichte der Hohensyburg und der legendären Dreiecksrennen hat Jürgen Einhaus (73) gesammelt.
Viele Schätze aus der Geschichte der Hohensyburg und der legendären Dreiecksrennen hat Jürgen Einhaus (73) gesammelt. © Reinhard Schmitz

Serpentinen ab 1929 gebaut

Ein Fotoalbum verweist auch Berichte über Renntage auf den Serpentinen in den 1920er-Jahren ins Reich der Fabel. Denn die kurvenreiche Straße auf den Berg wurde erst ab 1929 gebaut. „Vorher gab es nur einen Fußweg“, berichtet Jürgen Einhaus, während er in seinen Alben nachschlägt. Obwohl schon ein Dampfbagger und eine Lorenbahn zum Einsatz kam, müssen die Arbeiten schwer gewesen sein. Das beweisen Bilder des umgekippten Arbeitsgeräts vom 19. Juli 1929. Auf anderen ist zu sehen, wie im Februar 1930 der gesamte Osthang der Haarnadelkurve abgerutscht ist.

Mit dem Bau der Serpentinen zur Hohensyburg wurde 1929 begonnen. Die alte Postkarte zeigt sie in den Jahren nach ihrer Fertigstellung. Die gemauerte Brücke wurde zum Ende des Zweiten Weltkriegs gesprengt.
Mit dem Bau der Serpentinen zur Hohensyburg wurde 1929 begonnen. Die alte Postkarte zeigt sie in den Jahren nach ihrer Fertigstellung. Die gemauerte Brücke wurde zum Ende des Zweiten Weltkriegs gesprengt. © Sammlung Jürgen Einhaus

Und noch ein Geheimnis kennt der 73-Jährige vom Bau der Hengsteystraße, die damals noch Verbandsstraße hieß: „Die Kurven und das Gefälle sind angelegt für eine Straßenbahn.“ Dort sollte die damalige Hörder Kreisbahn, die auch durch Schwerte ratterte, um eine neue Linie erweitert werden. Ein Podest vor dem Fuß des Hangs sei für die Endhaltestelle angelegt worden. Noch heute gebe es dort - inzwischen total zugewuchert - einen Treppenabgang zur Kurve.

Start und Ziel der Dreiecksrennen war die Tankstelle hinter der Garenfelder Ruhrbrücke. Im Hintergrund sind die Werkshallen des früheren Waggonbaus Brüninghaus in Westhofen zu sehen, die für den Bau des Schaeflein-Logistikzentrums abgerissen wurden.
Start und Ziel der Dreiecksrennen waren die Tankstelle hinter der Garenfelder Ruhrbrücke. Im Hintergrund sind die Werkshallen des früheren Waggonbaus Brüninghaus in Westhofen zu sehen, die für den Bau des Schaeflein-Logistikzentrums abgerissen wurden. © Sammlung Jürgen Einhaus

Start und Ziel der Hohensyburger Dreiecksrennen war, wie Jürgen Einhaus recherchierte, bei der Tankstelle und dem damaligen Gasthof Schürmann (vor einigen Jahren abgebrannt) an der Ruhrbrücke in Garenfeld. Von dort rasten Motorsportler den Berg nach Garenfeld herauf, durch das Dorf hindurch und dann nach einer Linkskurve herab zur heutigen Ruhrtalstraße, über die es zurück nach Westhofen ging. An drei Stellen wurden hölzerne Brücken gezimmert, auf denen die Zuschauer den Kurs sicher überqueren konnten.

Tausende und Abertausende Schaulustige säumten die 5.380 Meter lange Rennstrecke, die als „Westfälischer Nürburgring“ galt. 1934 hatte sie einen früheren 14,8-Kilometer-Kurs abgelöst, der im Süden von Dortmund vom Gut Reichsmark bis nach Herdecke führte. Die Popularität war auch nach dem Umzug ungebrochen, zumal Stars wie Bernd Rosemeyer erwartet wurden. „100.000 an der Hohensyburg“ vermeldete am 24. August 1936 die Schwerter Zeitung: „Schon am frühen Sonntagmorgen zogen die Massen zur Rennstrecke hin.“ Die meisten strömten am Bahnhof Westhofen aus den Zubringerzügen.

Tödlicher Unfall im Jahre 1937

Im Jahr darauf ließ ein tragischer Unfall die Freude über das Sportereignis ersterben. An der Ostkurve zwischen Ergste und Westhofen stießen die Köpfe des Beifahrers eines Seitenwagen-Gespanns und eines 13-jährigen Zuschauers so unglücklich zusammen, dass beide von einem Schädelbruch tödlich verletzt wurden. 1938 wurde dann das Dreiecksrennen vom Veranstalter abgesagt und sollte nie wieder stattfinden.

Marcel Martens will radeln

Es war die populärste, aber wohl nicht die einzige Motorsportveranstaltung jener Zeit in der Region. „Nach 1929 gab es auch Motorrad- und Autorennen auf den Serpentinen“, berichtet Jürgen Einhaus. In der letzten Phase des Zweiten Weltkrieges wurde dann die gemauerte Brücke an der Haarnadelkurve gesprengt. Erst in den 1950er-Jahren - so zeigen Fotos - konnte sie als Betonkonstruktion wieder aufgebaut werden.

Extrem-Radsportler Marcel Martens nimmt sie ins Visier. Exakt 107 Mal will er die Serpentinien im Sattel herauf- und herunterstrampeln, um Spenden für den Brunnenbau in Afrika zu sammeln. Das war für Samstag (31.8.) geplant, muss krankheitsbedingt aber verschoben werden.
10.000 Höhenmeter zu überwinden, ist trotzdem weiterhin sein Ziel. Das wäre auf dem eher flachen Original-Kurs der „Hohensyburger Dreiecksrennen“ nie und nimmer zu erreichen gewesen.