Schwerter Betrieb führt 4-Tage-Woche ein „Wir müssen unseren Beruf attraktiver machen“

Betrieb führt 4-Tage-Woche ein: „Wir müssen Beruf attraktiver machen“
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Was Kai Hesse richtig ärgert, ist, dass das Handwerk unter den jetzigen Schülerinnen und Schülern keinen guten Ruf genießt. Bei den Familien heißt es: „Mach Abi und dann studiere, damit du gut verdienst.“ Dabei sei das Handwerk gar nicht zu unterschätzen: Aufstiegschancen, bei guter Ausbildung auch eine ebenfalls gute Bezahlung.

Kai Hesse ist Chef vom gleichnamigen Familienbetrieb in Schwerte, der auf Aufgaben rund um Heizung und Bad spezialisiert ist. Um einen größeren Anreiz zu bieten, bei Hesse in Schwerte einzusteigen, wirbt der Betrieb nun mit einer 4-Tage-Woche.

Versuchsprojekt 4-Tage-Woche

Statt freitags die fünf Stunden noch bis mittags zu arbeiten, werden diese auf Montag bis Donnerstag verteilt und hinten dran gehängt. Grundsätzlich hat eine Vollzeitkraft eine 37-Stunden-Woche. Künftig ist dann um 17.45 Uhr Schluss, plus langes Wochenende.

„Die ersten Gespräche darüber haben vor sieben Wochen begonnen, dann haben wir viel durchdiskutiert und schließlich beschlossen, dass wir das jetzt machen“, sagt Kai Hesse. Nicht alle Mitarbeitenden seien von Anfang an begeistert gewesen: „Was mache ich denn jetzt mit diesem freien Freitag, wenn meine Frau auf der Arbeit ist?“ Kai Hesse ist aber optimistisch, dass sich alle daran gewöhnen werden. Er schmunzelt.

Mitarbeitende von Hesse in Schwerte im Einsatz
Mitarbeitende von Hesse im Einsatz: Sie installieren eine sogenannte Solarthermieanlange. Damit wird die Sonneneinstrahlung für den Gewinn von Wärmeenergie genutzt. © Hesse

Die Vorteile

Nicht die Monteure, sondern eher die Kundinnen und Kunden habe man für diesen Versuchsballon mit besonderem Augenmerk im Blick gehabt: „Wie erklären wir, dass wir freitags nicht da sind? Der Kunde muss es akzeptieren und das ist erst mal die größte Hürde.“

Die Vorteile, die sich das Schwerter Unternehmen von der 4-Tage-Woche verspricht, sprechen aber dafür, es zu ausprobieren. Kai Hesse zählt auf:

  • Der Tag ist zwar länger, aber es gibt auch eine größere Pausenzeit. Zudem erübrigen sich das Fahren im Berufsverkehr und der Stau, wenn man später aufhört.
  • Große Projekte können schneller abgeschlossen werden, statt sie noch in die kommende Woche ziehen zu müssen, dadurch dass die Monteure länger vor Ort sind.
  • Auch die Fahrtwege verringern sich dadurch und Energie wird gespart, wenn man nicht noch einmal zur Baustelle fahren muss.
  • Durch das längere Wochenende gibt es eine längere Phase zum Ausruhen und Möglichkeiten, Dinge am Freitag zu erledigen, für die man sonst nur das Wochenende gehabt hätte.
  • Auch für die Kunden gebe es einen positiven Effekt: Die Monteure sind länger am Tag im Einsatz. Heißt: Viele müssten sich gar keinen halben oder sogar ganzen Tag Urlaub nehmen, um die Handwerker hereinzulassen.

Zwei Monteure von Hesse halten eine Wärmepumpe.
Künftig werden die Monteure von Hesse montags bis donnerstags im Einsatz sein, um Wärmepumpen zu installieren. © Picasa

Im Betrieb von Kai Hesse schrauben zehn Monteure und zwei Azubis hauptberuflich. Im August kommt ein weiterer Lehrling dazu. Um die Nachfrage abzudecken, könnten sogar drei weitere Monteure eingestellt werden. Gerade rund um das Thema des regenerativen Heizens sind die Experten von Hesse gefragt: Sonnenenergie, Wasser, Luft, Erdwärme und Co..

Hesse: „Das Ziel der Regierung ist Klimaneutralität. Da müssen auch die Privathaushalte mit ihren Heizungen angefasst werden. Die Unsicherheit der Leute ist groß, was sie jetzt tun sollten.“

Beruf attraktiver machen

Der Fachkräftemangel sei ein Problem, der Gehaltsspielraum ausgereizt. Deshalb möchte Kai Hesse den Hebel bei der Work-Life-Balance ansetzen und das Handwerk attraktiver machen: mehr Freizeit am Stück. Vorbilder aus der Fachpresse und von der Innungsversammlung zeigen laut Hesse, dass es gut klappen kann.

Auch eine Studie in England zur 4-Tage-Woche hat sich der 52-jährige Schwerter genau angeguckt, bei der vier Tage arbeiten ohne Ausgleichsstunden, bei gleichem Gehalt ausprobiert worden sind: „Das wäre ein gutes Ziel. Wir müssen uns erst ausprobieren, aber ich wäre der Letzte, der was dagegen hätte.“

Eine Photovoltaikanlage wird installiert.
Auf den Dächern der Kundinnen und Kunden sind die Monteure von Hesse unterwegs: Eine Photovoltaikanlage wird installiert. © Picasa

Zahlen darüber, wie viele Unternehmen im Kreis bereits die 4-Tage-Woche umsetzen, hat die Handwerkskammer Dortmund nicht. „Die Unternehmen sind nicht verpflichtet, uns das mitzuteilen“, heißt es von der Pressestelle. Ab April, das steht fest, gibt es einen Betrieb mehr, der es ausprobiert.

Hesse Bad und Heizung GmbH & Co. KG

Robert-Koch-Str. 1

58239 Schwerte

Telefonisch ist der Betrieb unter Tel. (02304) 166 55 zu erreichen oder per E-Mail an info@hesse-bad-heizung.de.

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