Grundsteuer-Reform sorgt in Schwerte für Frust Wahl „zwischen Pest und Cholera“

Grundsteuer-Reform sorgt für Frust: „Wahl zwischen Pest und Cholera“
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Die Ratsmitglieder der Stadt Schwerte haben sich die notwendige Entscheidung im Rahmen der Grundsteuer-Reform wahrlich nicht leicht gemacht. Nach der rund einstündigen Diskussion im Ratssaal am Dienstagabend (10.12.) stand schließlich fest: Ab dem 1. Januar 2025 gelten in der Ruhrstadt im Rahmen der Grundsteuer B differenzierte Hebesätze für Wohn- und Nichtwohngrundstücke.

Beide zur Wahl stehenden Möglichkeiten, differenzierte oder einheitliche Hebesätze, seien allerdings nicht zufriedenstellend und von Bund und Land einfach an die Kommunen weitergegeben worden – so der allgemeine Tenor. Von einer Wahl „zwischen Pest und Cholera“ war unter anderem die Rede.

Das vom Rat mehrheitlich beschlossene Splitting entlastet künftig tendenziell Hausbesitzer und damit indirekt auch Mieter im Vergleich zu einem Einheitshebesatz, der ebenfalls zur Debatte stand. Das Land NRW hatte den Kommunen die Entscheidung überlassen, auf einheitliche oder differenzierte Hebesätze zu setzen. Wichtig war nur: Beide Optionen sollten aufkommensneutral sein, also in Summe der Kommune in etwa die gleiche Summe durch die Grundsteuereinnahmen bringen.

Kämmerer Niklas Luhmann aus Schwerte sitzt am Schreibtisch
Kämmerer Niklas Luhmann warb für einen einheitlichen Hebesatz. Die differenzierten Hebesätze seien rechtlich umstritten. © Archiv

Kämmerer empfiehlt Einheitsmodell

Das Dilemma: Zwar soll eine künftige Differenzierung der Hebesätze im Vergleich zu einem Einheitshebesatz tendenziell Wohngrundstücke entlasten, jedoch gibt es beim Differenzierungs-Modell noch rechtliche Bedenken. Ein Einheitshebesatz, der rechtlich sicherere Weg, hätte jedoch einen deutlich höheren Hebesatz für Wohngrundstücke bedeutet und damit das Wohnen teils erheblich teurer gemacht.

Aufgrund der rechtlichen Unsicherheit warb Schwertes Kämmerer Niklas Luhmann für einen einheitlichen Hebesatz. „Als Bürger und Steuerzahler kann ich die differenzierten Hebesätze verstehen“, erklärte er. „Gegen eine Differenzierung sprechen allerdings die rechtlichen Bedenken. Ich empfehle daher, wie die Mehrheit der Kommunen, für einen einheitlichen, rechtssicheren Hebesatz zu stimmen.“ Aktuell liegen zwei Rechtsgutachten mit gegenteiligen Einschätzungen vor. Eines warnt unter anderem vor den Folgen einer Klagewelle.

Die FDP-Fraktion folgte der Empfehlung des Kämmerers. In ihrer Durchsetzung stünden die differenzierten Hebesätze auf „rechtlich äußerst wackeligen Beinen“, heißt es in einem Statement. Renate Goeke fragte in die Runde: „Wie wäre es, wenn wir als Kommunalpolitiker nicht eine Hybris von Fach- und Sachverstand in diesen Dimensionen zur Schau tragen und so tun, als wenn wir diese Problematik in unserer Runde kompetenter beantworten könnten, als die Fachleute zum Beispiel im Städte- und Gemeindetag?“ Der Städtetag NRW lehnt eine Differenzierung ebenfalls ab.

„Zwei unzumutbare Optionen“

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Marco Kordt wählte indes deutliche Worte: „Wir sind empört darüber, was sowohl Bund als auch Land uns hier vor Ort vor die Füße kippen“, sagte er. Es komme eine „unausgegorene Grundsteuer-Reform“, bei der die kommunalen Vertreterinnen und Vertreter „zwischen Pest und Cholera“ entscheiden könnten. „Zähneknirschend“ stimmte die CDU für die Differenzierung, um eine erhebliche Steigerung im Wohnbereich zu verhindern.

Ähnliches war von der SPD zu hören. Marc Seelbach sprach von „zwei unzumutbaren Optionen“. Ein einheitlicher Hebesatz hätte zur Folge, „dass das Wohnen für die Menschen noch teurer wird“. Ein möglicher Anstieg der Kosten für das Wohnen solle daher mit differenzierten Hebesätzen gedämpft werden.

Um zu verhindern, „dass die Kosten einseitig zulasten von Wohngrundstücken verschoben werden“, stimmte auch die Grünen-Fraktion für differenzierte Hebesätze. Ein einheitlicher Satz sei „nicht mit unserem Ziel der Wohnraumförderung vereinbar“, erklärte Michael Rotthowe.

„Reform ist eine Katastrophe“

„Die Reform ist eine Katastrophe“, erklärt Andreas Czichowski, Fraktionsvorsitzender der WfS, die ebenfalls für eine Differenzierung votierte. Die finanziellen Interessen der Bürger sollten in den Mittelpunkt gestellt und die Hebesätze fair gestaltet werden. „Die Bürger dürfen nicht zu den Verlierern dieser Reform werden“, betonte Czichowski.

Ratsmitglied Peter Weyers (Die Linke) erklärte, dass „jede Verschlechterung der Wohnsituation vermieden“ werden müsse. Er schlug eine Alternative zu den beiden genannten Optionen vor und stellte einen Antrag auf Erhöhung der Gewerbesteuer. Mit diesen Mehreinnahmen solle der allgemeine Hebesatz der Grundsteuer B so weit gesenkt werden, dass das künftige Steueraufkommen aus Grundsteuer B und Gewerbesteuer gleich bleibe und die Stadt Schwerte keine Steuerverluste habe. Dieser Vorschlag wurde aber deutlich abgelehnt. Eine Vermischung der Steuern sei nicht zielführend und die Gewerbesteuer sei viel zu unbeständig, hieß es.

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