Stabile Bauzäune blockieren den Zugang zu dem sonst so quirligen Treffpunkt der Sprayer-Szene. „Lebensgefahr“ warnt ein Schild vor der alten Güterhalle am Ende der Margot-Röttger-Rath-Straße, aus deren leeren Fensterhöhlen Modergeruch ins Freie dringt. Das Dach sei einsturzgefährdet, weiß Streetworker Peter Blaschke, der das Projekt aus seiner Tätigkeit beim Verein für soziale Integrationshilfen (VSI) bestens kennt: „Teile sind heruntergekommen.“ Die Stadt als Eigentümer sei mit der Absperrung ihrer Sorgfaltspflicht nachgekommen, um die Menschen zu schützen: „Das ist folgerichtig.“

Seit 2018 war Sprühen erlaubt
Gleichwohl bedauert Peter Blaschke den Verlust des „Hotspots“, den er immer gern als „die größte und meistgesehene Kunstausstellung in Schwerte“ bezeichnete. Im Frühjahr 2018 hatte die Stadt die Fassaden ihrer „Salzhalle“, in der der Bauhof jahrelang bergeweise Streumaterial für den Winterdienst lagerte, zum legalen Besprühen freigegeben.
Das Innere des Gebäudes war immer tabu. Doch draußen entstanden an den Wänden und Schiebetoren höchst flüchtige Werke, die kurz nach ihrer Vollendung schon wieder vom nächsten Graffitikünstler übersprüht wurden. Zu einer gleichzeitig angesetzten Vernissage und Finissage konnte deshalb der damals frisch amtierende Bürgermeister Dimitrios Axourgos Ende Mai 2018 eingeladen werden. Was bei seinem Besuch schon nicht mehr an den Wänden im Original zu bewundern war, wurde ihm auf großformatigen Fotoleinwänden präsentiert.

In der Ära des früheren Stadtplaners Adrian Mork waren - gemeinsam mit weiteren Akteuren wie beispielsweise Rohrmeisterei und Ruhrakademie - sogar kurzzeitig Träume von einem Jugendkulturtreff gesponnen worden waren. Älteren Schwertern ist die Umladehalle aus der Zeit davor besser als „Fruchtbörse Limberg“ bekannt, die dort bis zu ihrem Umzug an die Beckestraße (heute ist dort der Jawoll-Markt) im Herbst 1989 preiswertes Obst und Gemüse sowie andere Lebensmittel verkaufte. Teilweise wurden die Kisten direkt aus Güterwaggons geladen, die eine Lok auf das Gleis vor der rückseitigen Rampe geschoben hatte.

Inzwischen haben Birken Rampenteile und das Dach des Gebäudes erobert, dessen letztes Kapitel anzubrechen scheint.
Wie es mit der alten Salzhalle am Bahnhof weitergehen soll, hat unsere Redaktion bei der Stadt Schwerte angefragt, die zum jetzigen Zeitpunkt keine Auskunft dazu gibt. Aber aus gewöhnlich gut unterrichteten Quellen ist zu hören, dass die Ruine zum Thema im Rathaus geworden sei. Ein Ausschuss des Stadtrats habe sich bereits in seinem nichtöffentlichen Sitzungs-Teil damit befasst. Dieses Vorgehen hinter verschlossenen Türen ist normalerweise üblich, wenn Grundstücks-Angelegenheiten auf der Tagesordnung stehen.

Den Graffiti-Künstlern bleibt für legales Sprühen in der Ruhrstadt noch eine Wand auf dem Spielplatz an der Friedrich-Hegel-Straße in Holzen, weiß Peter Blaschke. Diese Möglichkeit solle auch bei der Umgestaltung des Geländes erhalten bleiben. Anders als auf dem „Polizei-Spieler“ an der Ruhrstraße, wo eine weitere Wand bei der jüngsten Überarbeitung auf einmal verschwunden war. Es gebe aber Pläne, sie noch durch eine neue zu ersetzen.

Tabu für die Graffiti-Szene ist längst wieder die Autobahnbrücke über die Ruhr in Wandhofen. Für deren Pfeiler habe der Landesbetrieb Straßen NRW vor Jahren eine Genehmigung für nur einen einzigen Sommer gegeben. In dieser kurzen Frist kann der Farbauftrag auf dem Beton dann wohl längst nicht so groß geworden sein wie an der maroden „Salzhalle“ an der Margot-Röttger-Rath-Straße. Dort seien die Lackschichten teilweise zentimeterdick, sagt Peter Blaschke. Das habe er auf Fotos gesehen.