Im Zuge der Gasumstellung haben die Schwerter Stadtwerke Mängelkärtchen ausgestellt, wenn laut Dienstleister bei der Umstellung auf H-Gas Schäden an den Heizanlagen festgestellt wurden. Kunde Jürgen Klin hatte sich daraufhin an unsere Redaktion gewandt (wir berichteten) und teilte nun im Nachgang mit, dass sich das Problem an seiner Anlage mittlerweile erledigt habe.
Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang aber stellt: Liegt es überhaupt im Verantwortungsbereich der Stadtwerke, solche Karten auszustellen und zu fordern, den Schaden binnen zwei Wochen zu beheben?
„Dienstleister und auch Mitarbeiter der Stadtwerke sind angehalten, Kunden darauf hinzuweisen, wenn Mängel an der Heizungsanlage bestehen, (...) um die Besitzer auf Gefahren aufmerksam zu machen“, teilt Stadtwerke-Sprecher Heiko Mühlbauer mit. Und was sagen die, die Wartung und Kontrolle im Normalfall übernehmen?
Ein Schwerter Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sowie Andreas Quentmeier, stellvertretender Obermeister und Pressesprecher der Schornsteinfegerinnung für den Regierungsbezirk Arnsberg, beantworten die Fragen zum Thema.
Gab es nach der Gasumstellung in Schwerte vermehrt Anfragen bei Schwerter Heizungsunternehmen?
Ja. Das bestätigen einzelne Handwerksfirmen auf Anfrage, auch wenn die meisten sich eher wortkarg geben. Einzelne Zuschriften nach unserer Berichterstattung über die Mängelkarten lassen vermuten, dass es in Einzelfällen zu Problemen bei der Umstellung kam, die Sanitärbetriebe das gegenüber ihren Kundinnen und Kunden auch deutlicher kommunizieren als gegenüber unserer Redaktion.
Ein Schwerter Heizungsbauer, der namentlich nicht genannt werden möchte, teilt mit, dass es bei ihm vereinzelt Anfragen gegeben habe, Geräte zu wechseln. Insgesamt, so die Stadtwerke, seien 367 Anlagen in Schwerte nicht anpassbar gewesen; sie konnten nicht auf das neue H-Gas umgestellt werden.
Laut dem Heizungsbauer hätte es ebenfalls Fälle gegeben, bei denen Mieterinnen und Mieter den Dienstleister der Stadtwerke nicht hereingelassen hätten. So konnte dieser die notwendigen Arbeiten an der Heizung nicht durchführen. Solche Fälle hätten eine Gassperre zur Folge gehabt. „Das ist dann die Verschuldung der Mieter oder Eigentümer. Die melden sich aber meistens erst, wenn es kalt wird.“
In einzelnen Zuschriften geben Leser dem externen Dienstleister der Stadtwerke die Schuld, etwa dann, wenn die Heizung nach Austausch der Düsen eine Fehlermeldung anzeigte. In diesen Fällen müsse nun die Beweisführung erbracht werden, dass der Fehler aufseiten des Dienstleisters lag, sofern die Kunden selbst der Meinung sind, dass vorangegangene Wartungen den Heizungsanlagen einen einwandfreien Zustand bescheinigt haben.
Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass Anlagen trotz Wartung auch schon vorher fehlerhaft waren und der Dienstleister bei der Gasumstellung zurecht darauf hingewiesen hat.
Im Großen und Ganzen, das vermeldeten die Stadtwerke bereits im Oktober, sei man zufrieden mit dem Verlauf der Aktion – auch im Vergleich mit den 50 anderen Kommunen in Westdeutschland.

Ist das Vorgehen der Stadtwerke, Mängelkärtchen auszustellen, denn grundsätzlich richtig? Oder liegt das ausschließlich im Verantwortungsbereich von Schornsteinfeger und Heizungsbauer?
„Die Stadtwerke bzw. Dienstleister der Stadtwerke waren zuletzt an der Anlage“, heißt es vonseiten des Anlagenmechanikers. „Sie müssen darauf hinweisen, bevor etwas passiert. Von einer Explosion bis zur Vergiftung ist alles möglich, wenn etwas mit einer Gasheizung nicht stimmt. Deswegen ist der Weg schon richtig.“
„Prinzipiell weist man lieber auf einen Mangel zu viel als zu wenig hin“, sagt Andreas Quentmeier von der Schornsteinfegerinnung Arnsberg, in deren Einzugsbereich Schwerte liegt.
Grundsätzlich passiere diese Gasumstellung ja nicht aus Jux und Tollerei, das sei eine große logistische Herausforderung. Damit es nicht zu Unfällen kommt, könne auch er durchaus nachvollziehen, dass die Stadtwerke potenzielle Mängel nicht einfach ignorieren.

Tauchen solche gebäudescharfen Daten, wie die Stadtwerke sie nun haben, auch in Statistiken der Schornsteinfegerinnung auf?
Nein, sagt Quentmeier. Solche adressscharfen Daten gebe es bei der Innung nicht. Am Ende eines jeden Jahres würden Statistiken erstellt, die generelle Daten enthielten und sich nicht auf einzelne Privathaushalte beziehen. „Was hat der Schornsteinfeger in welchem Bezirk für Mängel festgestellt? Das wird aus Datenschutzgründen ganz allgemein dokumentiert, ohne Straßen und ohne Adressnamen.“
Diese Statistiken gingen vom Landes- zum Bundesverband und dann ins Wirtschaftsministerium, um einen Eindruck zu bekommen, wie es um den Zustand der Heizanlagen in Deutschland bestellt sei.
Mängel darüber hinaus zu melden – etwa einem kommunalen Unternehmen wie den Stadtwerken –, dazu ist der Schornsteinfeger aktuell nicht verpflichtet.
Welche Daten haben die Stadtwerke bei dieser groß angelegten Aktion denn eigentlich gesammelt?
Gesammelt wurden laut Stadtwerke-Pressesprecher Heiko Mühlbauer alle Daten, die für die Anpassung der Geräte nötig waren – insbesondere Typenschild, Abgaswerte und Ähnliches. Mängel seien erfasst worden, soweit sie anpassungsrelevant gewesen seien.

Gab es diese Daten schon vorher?
„Wir hatten bislang nur Daten, die uns Kunden zur Verfügung gestellt haben. Die jetzt gewonnen Erkenntnisse werden selbstverständlich streng nach Datenschutzrecht behandelt“, sagt Mühlbauer
Könnten sie letztlich hilfreich sein, mit Blick auf das Gesetz zur Wärmeplanung? Schließlich hat man nun einen ersten Aufschlag, wie gut die Heizanlagen in Schwerte in Schuss sind.
„Je mehr Daten wir haben, desto besser können wir das Energiesystem auf die Bedarfe zuschneiden“, erklärt Heiko Mühlbauer, ohne weiter ins Detail zu gehen.
Fest steht: Der Deutsche Bundestag hat das Wärmeplanungsgesetz verabschiedet. Damit will die Bundesregierung die rechtlichen Grundlagen für die verbindliche Einführung einer flächendeckenden Wärmeplanung schaffen. Das Gesetz soll am 1. Januar 2024 in Kraft treten.
In einem ersten Schritt sollen Kommunen eine Bedarfsanalyse für die Versorgung mit Wärme erstellen. Dafür wird der aktuelle Wärmeverbrauch „gebäudescharf“ ermittelt, die Art der Heizungsanlage, ihre Leistung, das Jahr ihrer Inbetriebnahme sowie Daten zu Zustand und energetischer Sanierung des Gebäudes.
Zumindest, was die Gasheizungen angeht, hat die Umstellungsaktion den Stadtwerken in diesem Zusammenhang wohl deutlich genützt.
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